Frühstücksei in der Kulturgeschichte

"Ein Verlierer der Postmoderne"

Ein wachsweich gekochtes Hühnerei mit brauner Schale in einem Eierbecher.
Übersteht weder das Frühstück noch die Postmoderne: ein Ei. © dpa / picture alliance / Wolfgang Moucha
Gunther Hirschfelder im Gespräch mit Timo Grampes · 04.07.2016
Durch den Bachmann-Preis für Sharon Dodua Otoo ist plötzlich das von ihr beschriebene Frühstücksei in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Doch für seine Bedeutung sieht Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder eine Gefahr: den Eiweißdrink.
Im Gewinnertext des Bachmann-Preises kam dieses Jahr ein widerständiges Frühstücksei vor, was plötzlich seine Perspektive der Dinge präsentierte - für uns Grund genug, das Ei genauer unter die Lupe zu nehmen. "Warum ist denn nicht früher jemand darauf gekommen, dass Ei so stark sprechen zu lassen?" fragte der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Uni Regensburg im Deutschlandradio Kultur. Die Vergabe des Bachmann-Preises an Sharon Dodua Otoo sei auch aus kulturwissenschaftlicher Sicht eine "außerordentlich weise Entscheidung", betonte er.

Das Ei ist auch "Sehnsuchtsprojektionsfläche"

Das Ei taugt laut Hirschfelder im Grunde zu allem: Es sei ein Symbol und Metapher "für die gequälte Kreatur", die zerstörte Natur und Massentierhaltung, zugleich aber auch eine "Sehnsuchtsprojektionsfläche", was möglicherweise mit Schimanski zu tun hat.
"Das Ei ist sozusagen in aller Munde", betone Hirschfelder. "Das Ei eignet sich von daher besonders gut, weil es wie ein Brennglas wirkt." In ihm spiegele sich die moderne Zivilisationskritik.
Eine These aus der Redaktion von Deutschlandradio Kultur aufgreifend sagte der Wissenschaftler, das Ei sei auch "sicherlich ein Verlierer der Postmoderne". Der Gewinner ist laut Hirschfelder der Eiweißdrink.
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