Fruchtiges Frühstück

    Von Christian Hermanns |
    Für viele gehört neben Kaffee und frischen Brötchen auch die Marmelade zum Frühstück. Erdbeer- oder Kirsch-Konfitüre zählen zu den Klassikern. Doch anders als in Omas Küche werden beim Marmeladen-Hersteller Zentis in Aachen gleich lastwagenweise frische Früchte verarbeitet.
    Wer Konfitüre herstellen möchte, braucht zuerst einmal einen Hammer. Im Labor der Konfitüren-Fabrik Zentis in Aachen steht ein Mitarbeiter in weißem Kittel und mit Kopfhaube. Mit einem Gummihammer zertrümmert er einen Block aus gefrorenen Aprikosen. Mit jedem Schlag verteilen sich die kleinen, gelben Würfelchen weiter in der verchromten Wanne. Eine Lieferung aus dem Hafen Antwerpen. Innerhalb weniger Minuten kontrollieren die Mitarbeiter, ob die Ware in Ordnung ist und verarbeitet werden kann, prüfen eine Reihe von Merkmalen.

    Ralf Flatten: "Fremdkörper sind sehr, sehr wichtig, weil es da um gesundheitliche Risiken geht, es werden auch Trockenmassen geprüft, Säuren, Farben, Geschmack selbstverständlich, und wenn alles dies geprüft und freigegeben ist dann erst wird die Ware genommen, dann wird auch erst der Lkw wieder nach Hause geschickt."

    Ralf Flatten ist bei Zentis zuständig für den Ablauf der Produktion. Er überwacht die Annahme der Ware. Mit großen Schritten geht er durch die Hallen, weiß gekachelte Wände, auf dem Boden: rote Fliesen. Es ist laut, es rauscht und zischt. An manchen Stellen riecht es wie in einem Obstgeschäft, in dem frische Früchte verkauft werden. Dazwischen mischt sich immer wieder der scharfe Geruch von Reinigungsmittel. Über eine Gitterbrücke geht Ralf Flatten in einer der Hallen nach oben zu einer schweren Stahltür.
    Dahinter: ein Hochregallager mit etwa 14 Stockwerken. Die Leitungen sind vom Frost ummantelt, es ist eiskalt.

    " Minus 20 bis minus 22 Grad und wenn Sie sich hier umschauen, stehen hier Paletten, die tiefgefrorene Früchte enthalten und die eben auch in diesem Zustand gelagert werden müssen."

    Wie überdimensionale Kinderwagen aus Blech sehen die Wannen auf Rädern aus, die Aprikosen und Erdbeeren aus dem Lager zur Verarbeitung bringen.

    "Wir sind hier in unserem Bahnhof. Wir nehmen hier die befüllten Wagen ab, darin befindet sich unser wertvollstes Gut, die Frucht. Fertig zubereitet zur Produktion. Abgedeckt auf der linken Seite, dort werden sie entnommen, dann den Produktionswegen zugeführt, und auf der rechten Seite sehen Sie, dass die leeren Wagen dann der Waschstraße zugeführt werden. Dort werden Sie gereinigt um dann mit neuer Frucht befüllt wieder hier auftauchen zu können."

    Etwa 300 Kilogramm Früchte, Heidelbeeren, Pfirsiche, Kiwi, liegen in jedem Wagen, das ergibt rund 500 Gläser Konfitüre. Oder aber einige Fässer Fruchtzubereitung für Joghurts oder Quarks. Denn auch diese bunten und süßen Massen werden hier in Aachen produziert. Der Produktionsweg für Konfitüren und Fruchtzubereitungen ist anfangs der gleiche. Später, nach dem Erhitzen des Obstes, teilt er sich auf. Sobald die Früchte in einem der zwei Stockwerke hohen Edelstahlkessel verschwunden sind, sieht man sie nicht mehr, bis sie am Ende der Produktionsstraße, eine Etage tiefer, als Konfitüre wieder herauskommen.

    Marmeladenköche in weißen Kitteln bewegen sich zwischen den großen Kesseln, mischen Zucker zu den Früchten, Säurungsmittel sowie Pektin, das der Konfitüre ihre typische, feste Konsistenz verleiht. Sich vor der Frühstückspause einfach eine kleine Portion der Lieblingskonfitüre aus dem Kessel zu löffeln und aufs Brot zu streichen, das ist den Mitarbeitern bei Zentis natürlich verboten. Zwischendurch aus einem Ventil probieren, müssen die Konfitüren-Köche aber trotzdem, erklärt Ralf Flatten.

    "Die Kollegen, die oben auf der Erhitzungsetage stehen, nehmen regelmäßig Proben. Sie prüfen, ob die vorgeschriebene Trockenmasse, sprich der Zuckergehalt, eingehalten wird. Dies wird geregelt in Deutschland durch die Konfitürenverordnung. Es wird selbstverständlich eine Geschmacksprobe genommen, die Kollegen nehmen auch eine sogenannte Pfännchen-Probe, das ist ein interner Begriff, der benutzt wird, um die Gelierfähigkeit der Konfitüre schon vor der Abfüllung festzustellen."

    Eine Etage tiefer drängeln sich auf einem Band die leeren Konfitüren-Gläser. Ordentlich hintereinander aufgereiht, flitzen sie durch die Abfüllanlage. Gerade noch leer, ist im nächsten Moment schon die Konfitüre hineingeflutscht. Zu einer guten Konfitüre gehört aber nicht nur ein schönes Glas, sondern auch ein passender Deckel.

    In einer separaten Maschine werden die Deckel für die Konfitüren-Gläser so gedreht, dass sie sofort richtig auf das Glas geschraubt werden können. In der Probierküche, ein Gebäude weiter stehen Ingenieure nebeneinander an mehreren Theken. Auf der Suche nach neuen Konfitüre-Varianten zerschneiden sie kleine Früchte und zerkleinern sie im Mixer.

    Nicole Goldi, Produktentwicklerin in der Versuchsküche ist überzeugt, dass sich aber auch heute immer noch eine neue Konfitüre erfinden lässt.

    "Man kann schon noch neue Sachen entwickeln, vielleicht neue Fruchtsorten, die auf den Markt kommen, Mischungen aus Früchten, mehr Fruchtanteil."