Friedrich Hecker: Ikone der deutschen Revolution von 1848

Von Ruth Jung · 28.09.2011
"Der systematischen Verknechtung einer herrlichen Nation entgegenzutreten", dazu fühlte sich der Anwalt früh berufen. Friedrich Hecker vertrat die Rechtsansprüche armer Bauern gegen adlige Grundbesitzer und saß als Abgeordneter der Opposition im badischen Landtag. Enttäuscht von den lauen Debatten im Frankfurter Vorparlament, rief er 1848 zur Revolution auf. Nach deren Scheitern emigrierte er mit seiner Familie nach Amerika.
"Ich bin von jeher ein Feind von Personalhuldigungen gewesen, das Volk soll sich nicht an Namen hängen, es soll sich begeistern, erglühen für die Tat der Befreiung, es soll handeln, handeln."
Den Kult um seine Person mochte Friedrich Hecker nicht. Am 28. September 1811 wurde er in Eichtersheim als Sohn eines Beamten im Dienste des Großherzogs von Baden geboren. 1830 nahm er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg auf. Dort lehrten aufgeklärte, liberale Wissenschaftler, die ihn in seiner Ablehnung der politischen Zustände in Deutschland bestärkten. Seit dem Wiener Kongress 1815 dominierte die "Heilige Allianz" unter Führung des Habsburgischen Kaisers die politischen Verhältnisse in Europa. Hecker hasste Untertanengeist und Bevormundung und ließ sich auch durch den von Fürst Metternich nach den Karlsbader Beschlüssen 1819 installierten Polizei- und Überwachungsapparat zur Unterdrückung "republikanischer Umtriebe" nicht einschüchtern.

"Der Anwalt ist in Deutschland dazu berufen, der systematischen Verknechtung einer herrlichen Nation entgegenzutreten, als rechtskundiger Bürger seine Mitbürger zu belehren, zu verteidigen, aus der Stumpfheit aufzuwecken, ein Anwalt hat der Rechtsfreund des Volkes zu sein."
Getreu seiner Maxime verteidigte Hecker als freier Anwalt in Mannheim die Rechtsansprüche armer Bauern gegen adlige Grundbesitzer. Seit 1842 Abgeordneter der Opposition des badischen Landtags, verfasste er im Krisen- und Hungerjahr 1847 für die radikale "Offenburger Versammlung" in 13 Artikeln die "Forderungen des Volkes".

"Wenn die Leute fragen, lebt der Hecker noch, / dann könnt ihr ihnen sagen, ja, er lebet noch, / Er hängt an keinem Baume und er hängt an keinem Strick, / er hängt an seinem Traume von der freien Republik."

Das "Heckerlied", eigentlich ein Spottlied, wurde zum Kampflied der Demokraten. Auf Druck der Revolutionäre trat Metternich im März 1848 zurück. Überall in Europa gärte es. Voller Optimismus reiste Friedrich Hecker Ende März 1848 nach Frankfurt, wo sich die Abgeordneten des Vorparlaments in der Paulskirche versammelt hatten. Hecker forderte sie auf, die Revolution voranzutreiben und die Monarchie abzuschaffen. Enttäuscht von den lauen Debatten reiste er ab:

"Natürlich wurde nicht ein einziger Mann von republikanischer Tatkraft und Entschlossenheit gewählt; der Grundsatz der Volkssouveränität wurde diskutiert, bei dem panischen Schrecken vieler Mitglieder aber sogleich abgebrüht ausgelegt und anständig frikassiert, sodass selbst die Monarchie sich dabei beruhigen konnte."
Die Paulskirche war seine Bühne nicht. Überzeugt, dass sich einer "republikanischen Schilderhebung" die Massen anschließen würden, rief Hecker zur Revolution auf. Doch nur etwa 3000 Freiwillige fanden sich ein, um gegen die badische Hauptstadt Karlsruhe zu ziehen. Hecker selbst, in blauer Bluse, Stulpenstiefeln und dem berühmten breitkrempigen Hut sah aus wie ein Räuberhauptmann. Der Übermacht der Truppen des Deutschen Bundes waren die Freischärler nicht gewachsen: Am 20. April 1848 wurden sie bei Kandern in die Flucht geschlagen. Hecker emigrierte mit seiner Familie im September 1848 nach Amerika und kaufte in Illinois eine Farm. 1849 wollte er zurückkehren, um die Revolution doch noch zum Sieg zu führen, aber die war längst erstickt. Im amerikanischen Bürgerkrieg kämpfte Hecker gegen die Sklaverei. 1873 besuchte er noch einmal Deutschland, die Nation war vereint, aber die Macht hatte der Kaiser. Zurück in Amerika, schrieb er im Oktober 1873:

"Da bin ich wieder, wo es keine Bändel, keine Trinkgelder, kein Hutabnehmen, keine Fürsten gibt, wo jeder ein Saumaul haben und (…) jeder Esel Präsident werden kann."

Der Mann, der von sich sagte: "Zum Maulkorb ist meine Schnauze zu ungestaltet", starb am 24. März 1881. Über 2 000 Menschen kamen zur Beerdigung des großen Deutsch-Amerikaners, der seinen Traum nie aufgegeben hat.

"Er hängt an keinem Baume und er hängt an keinem Strick, / er hängt an seinem Traume von der freien Republik."