Frevel oder nötige Sanierung?
1969 wurde in Dresden der Kulturpalast am Altmarkt eröffnet wurde. Er ist das kulturelle Zentrum der Stadt. Auf Beschluss des Stadtrates soll der Kulturpalast am 31. Dezember geschlossen werden, weil das Gebäude reif für eine Sanierung ist. Der Multifunktionssaal soll dann in einen Konzertsaal umgebaut werden. Der Architekt des Kulturpalastes hat die Stadt deshalb verklagt.
Wolfgang Hänsch, der Architekt des Kulturpalastes sieht seine Urheberrechte verletzt. Er hat den Umbau des funktionstüchtigen Saales als Frevel bezeichnet:
" ... weil ich der Meinung bin, dass dieser Mehrzwecksaal eine enorm kulturelle Bedeutung für die Stadt Dresden hatte und immer noch hat und dass man ihn nicht ohne weiteres beseitigen kann. Ich bin der Auffassung wie viele meiner anderen Kollegen auch, dass die Stadt Dresden es nötig hätte, ein reines Konzerthaus zu bauen."
Dagegen hätten auch viele klassikverliebte Dresdener nichts. Die Akustik - vor allem für klassische Musik - ist in dem Mehrzwecksaal schon lange ein Problem, das aber längst hätte gelöst sein können.
"Die Alternative zum Umbau habe ich mit einer Machbarkeitsstudie 2005 schon einmal unter Beweis gestellt. Man kann die Raumakustik im jetzigen Mehrzwecksaal entscheidend verbessert, wenn man bestimmte Dinge reguliert."
Der Intendant der Philharmonie, Anselm Rose, dagegen bezeichnet den Umbau als einmalige Chance für das Spitzenorchester, denn die derzeitigen Bedingungen seien suboptimal:
"Das Geschehen auf der Bühne ist im Zuschauerraum wirklich nur schlecht wahrzunehmen und auf der Bühne sowieso nicht, weil die Gestaltung der Bühne mit reflektierenden Flächen, was wichtig ist fürs gegenseitige Hören ist quasi gleich null. Also da ist sozusagen die tägliche Arbeit der Musiker aber auch das was das Publikum hören kann, stark eingeschränkt. Das ist ein Mehrzwecksaal, der nicht gebaut wurde, um akustisch gute oder gar sehr gute Bedingungen zu haben."
Dafür hat der Saal andere Vorteile, die Toningenieur Hartmut Lissner in 32 Jahren zu schätzen gelernt hat:
"Es ist hier ein Kippparkett vorhanden, was um eine Mittelachse kippt, so dass praktisch eine ebene Fläche vom Stufenparkett bis zur Bühnenhinterkante dargestellt werden kann, so dass hier Tanzveranstaltungen, Parteitage und so was stattfinden können. Bälle wurden durchgeführt. Dazu gehört ein dreiteiliges Bühnenpodium als Vorbühne, was als Orchestergraben gefahren werden kann."
Mal Konzertsaal, mal Theaterbühne. Außerdem ist der Kulturpalast bisher die Konzertstätte für die leichte Muse und Popkonzerte. Veranstalter loben die Größe mit 2400 Plätzen als sehr gut zu bewirtschaften. Seit 2009 steht das Gebäude unter Denkmalschutz, der nach Ansicht von Architekt Wolfgang Hänsch auch das Innere des Gebäudes einschließt. Denkmalgeschützt bleibt dem quaderförmigen Bau ein Schicksal wie das des Palastes der Republik in Berlin erspart. Als dessen asbestfreier Vorläufer ist er ein Stück Zeitgeschichte. Auch deshalb, weil sich seinerzeit diese Variante gegen die damals üblichen klassizistisch angehauchten Turm-Kulturbauten durchgesetzt hatte. Das bewertet auch Architekt Peter Kulka so.
"Es war ein Inhalt, ein Kulturpalast fürs Volk - natürlich unter den politischen Gegebenheiten, muss man sehen - eine ungeheure Anstrengung, hat sogar einen gewissen Einmaligkeitswert, wenn man den Wiederaufbau der deutschen Groß- und Mittelstädte betrachtet."
Nach über 40 Jahren ist die Frage legitim, ob ein Gebäude überhaupt noch mit den gesellschaftlichen Veränderungen übereinstimmt. Kulka sieht zum Umbau keine vernünftige Alternative und in diesem zentralen Ort der Stadt für einen Konzertsaal den genau richtigen. Zugleich fragt er:
"Wie sorgsam wie sanft - ist das überhaupt mit einer sanften oder so Sanierung zu machen? Oder muss man eigentlich inhaltlich ganz neu denken. Und ich glaube, es ist inzwischen so viel geschehen, dass man tatsächlich darüber nachdenken muss, wie dieses Gebäude gut weiterexistieren kann."
Und genau das ist die große Frage, nachdem in der vergangenen Woche Brüssel den Antrag auf 35 Millionen Euro EU-Fördermittel abgelehnt hat. Damit fehlt der Stadt die Hälfte des Geldes für die Sanierung. Da das Land seine Unterstützung fest zugesagt hat, sucht man jetzt gemeinsam nach weiteren Optionen. Aber auch beim zuständigen Innenministerium zuckt man nach der Absage aus Brüssel erst einmal mit den Schultern.
"Wir prüfen derzeit alternativ, für Projekte der Stadt Dresden dort finanzielle Hilfe zu geben, damit dann wiederum auch Gelder frei werden möglicherweise für den Kulturpalast. Aber das ist dann eine Entscheidung der Stadt."
Im Dresdner Rathaus setzt man große Hoffnungen in die Gespräche mit dem Land. Sprecher Kai Schulze räumt aber auch ein:
"Und die Stadt Dresden muss natürlich selber überlegen, inwiefern sie dieses Projekt gegebenenfalls noch stemmen kann."
Das einzige, was bislang feststeht, ist die Abwicklung der seit Eröffnung des Palastes bestehenden Konzert- und Kongressgesellschaft. Kurz vor Weihnachten wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, dass am 30. September Feierabend ist. Eine schwierige Situation, sagt Leiter Ulrich Finger.
"Wir versuchen für Mitarbeiter auch Alternativen zu schaffen. Es ist aber nicht zu verschweigen, dass mit Sicherheit einige Leute erstmal beim Arbeitsamt landen."
Das wird auch Hartmut Lissner treffen. Bei der bisherigen und jetzt wieder angefachten Diskussion findet er:
" ... dass es weniger Hysterie in der Betrachtung der Probleme, weniger lobbyistische Einflüsse und viel mehr Sachlichkeit angebracht wäre. Und dann sollte man auch eine Lösung, die allen Beteiligten entgegenkommt, finden."
" ... weil ich der Meinung bin, dass dieser Mehrzwecksaal eine enorm kulturelle Bedeutung für die Stadt Dresden hatte und immer noch hat und dass man ihn nicht ohne weiteres beseitigen kann. Ich bin der Auffassung wie viele meiner anderen Kollegen auch, dass die Stadt Dresden es nötig hätte, ein reines Konzerthaus zu bauen."
Dagegen hätten auch viele klassikverliebte Dresdener nichts. Die Akustik - vor allem für klassische Musik - ist in dem Mehrzwecksaal schon lange ein Problem, das aber längst hätte gelöst sein können.
"Die Alternative zum Umbau habe ich mit einer Machbarkeitsstudie 2005 schon einmal unter Beweis gestellt. Man kann die Raumakustik im jetzigen Mehrzwecksaal entscheidend verbessert, wenn man bestimmte Dinge reguliert."
Der Intendant der Philharmonie, Anselm Rose, dagegen bezeichnet den Umbau als einmalige Chance für das Spitzenorchester, denn die derzeitigen Bedingungen seien suboptimal:
"Das Geschehen auf der Bühne ist im Zuschauerraum wirklich nur schlecht wahrzunehmen und auf der Bühne sowieso nicht, weil die Gestaltung der Bühne mit reflektierenden Flächen, was wichtig ist fürs gegenseitige Hören ist quasi gleich null. Also da ist sozusagen die tägliche Arbeit der Musiker aber auch das was das Publikum hören kann, stark eingeschränkt. Das ist ein Mehrzwecksaal, der nicht gebaut wurde, um akustisch gute oder gar sehr gute Bedingungen zu haben."
Dafür hat der Saal andere Vorteile, die Toningenieur Hartmut Lissner in 32 Jahren zu schätzen gelernt hat:
"Es ist hier ein Kippparkett vorhanden, was um eine Mittelachse kippt, so dass praktisch eine ebene Fläche vom Stufenparkett bis zur Bühnenhinterkante dargestellt werden kann, so dass hier Tanzveranstaltungen, Parteitage und so was stattfinden können. Bälle wurden durchgeführt. Dazu gehört ein dreiteiliges Bühnenpodium als Vorbühne, was als Orchestergraben gefahren werden kann."
Mal Konzertsaal, mal Theaterbühne. Außerdem ist der Kulturpalast bisher die Konzertstätte für die leichte Muse und Popkonzerte. Veranstalter loben die Größe mit 2400 Plätzen als sehr gut zu bewirtschaften. Seit 2009 steht das Gebäude unter Denkmalschutz, der nach Ansicht von Architekt Wolfgang Hänsch auch das Innere des Gebäudes einschließt. Denkmalgeschützt bleibt dem quaderförmigen Bau ein Schicksal wie das des Palastes der Republik in Berlin erspart. Als dessen asbestfreier Vorläufer ist er ein Stück Zeitgeschichte. Auch deshalb, weil sich seinerzeit diese Variante gegen die damals üblichen klassizistisch angehauchten Turm-Kulturbauten durchgesetzt hatte. Das bewertet auch Architekt Peter Kulka so.
"Es war ein Inhalt, ein Kulturpalast fürs Volk - natürlich unter den politischen Gegebenheiten, muss man sehen - eine ungeheure Anstrengung, hat sogar einen gewissen Einmaligkeitswert, wenn man den Wiederaufbau der deutschen Groß- und Mittelstädte betrachtet."
Nach über 40 Jahren ist die Frage legitim, ob ein Gebäude überhaupt noch mit den gesellschaftlichen Veränderungen übereinstimmt. Kulka sieht zum Umbau keine vernünftige Alternative und in diesem zentralen Ort der Stadt für einen Konzertsaal den genau richtigen. Zugleich fragt er:
"Wie sorgsam wie sanft - ist das überhaupt mit einer sanften oder so Sanierung zu machen? Oder muss man eigentlich inhaltlich ganz neu denken. Und ich glaube, es ist inzwischen so viel geschehen, dass man tatsächlich darüber nachdenken muss, wie dieses Gebäude gut weiterexistieren kann."
Und genau das ist die große Frage, nachdem in der vergangenen Woche Brüssel den Antrag auf 35 Millionen Euro EU-Fördermittel abgelehnt hat. Damit fehlt der Stadt die Hälfte des Geldes für die Sanierung. Da das Land seine Unterstützung fest zugesagt hat, sucht man jetzt gemeinsam nach weiteren Optionen. Aber auch beim zuständigen Innenministerium zuckt man nach der Absage aus Brüssel erst einmal mit den Schultern.
"Wir prüfen derzeit alternativ, für Projekte der Stadt Dresden dort finanzielle Hilfe zu geben, damit dann wiederum auch Gelder frei werden möglicherweise für den Kulturpalast. Aber das ist dann eine Entscheidung der Stadt."
Im Dresdner Rathaus setzt man große Hoffnungen in die Gespräche mit dem Land. Sprecher Kai Schulze räumt aber auch ein:
"Und die Stadt Dresden muss natürlich selber überlegen, inwiefern sie dieses Projekt gegebenenfalls noch stemmen kann."
Das einzige, was bislang feststeht, ist die Abwicklung der seit Eröffnung des Palastes bestehenden Konzert- und Kongressgesellschaft. Kurz vor Weihnachten wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, dass am 30. September Feierabend ist. Eine schwierige Situation, sagt Leiter Ulrich Finger.
"Wir versuchen für Mitarbeiter auch Alternativen zu schaffen. Es ist aber nicht zu verschweigen, dass mit Sicherheit einige Leute erstmal beim Arbeitsamt landen."
Das wird auch Hartmut Lissner treffen. Bei der bisherigen und jetzt wieder angefachten Diskussion findet er:
" ... dass es weniger Hysterie in der Betrachtung der Probleme, weniger lobbyistische Einflüsse und viel mehr Sachlichkeit angebracht wäre. Und dann sollte man auch eine Lösung, die allen Beteiligten entgegenkommt, finden."