Freilassung Susanne Osthoff

Von Sabine Adler |
Freude über die Freilassung von Susanne Osthoff allerorten in Deutschland und anderswo auf der Welt. Freude, dass menschenverachtende Schlächter nicht zugeschlagen haben, nicht zuschlagen konnten. Erleichterung. Doch ist das unser Erfolg?
Es ist das Verdienst aller, die unmittelbar beteiligt waren. Bundesregierung samt Krisenstab, die sich zur Besonnenheit zwangen, sich nicht hinreißen ließen, kleine Schritte zum Erfolg, etwa die gelungene Kontaktaufnahme, vorzeitig zu verkünden und damit zu gefährden.

Es ist der Erfolg derer, die mit ihrem Wissen darum, wer am besten einzuschalten ist, weiterhelfen konnten. Und höchstwahrscheinlich ist es Susanne Osthoff selbst zu verdanken, dass sie sich klug und geschickt verhalten hat, nicht panisch wurde, sondern in Kenntnis von Land und Leuten so reagierte, dass sie nicht provozierte, sondern ein Einlenken ermöglichte.

Doch warum haben wir, die weiter Entfernten so wenig unternommen?
Jetzt, da die Geiselnahme ein gutes Ende gefunden hat, ist es nicht nur erlaubt, sondern geboten, die Frage zu stellen: Wie hätten wir uns gefühlt, wenn es anders ausgegangen wäre? Hätten wir dann immer noch so unbeteiligt tun dürfen?

Sollten wir uns nicht vielmehr fragen, warum wir es drei Wochen lang nicht geschafft haben, machtvolle Massendemonstrationen auf die Beine zu stellen, um zu zeigen, dass wir mit Susanne Osthoff fühlen, uns um sie sorgen, es uns keineswegs gleichgütig lässt, was mit ihr geschieht, dass wir verabscheuen, was skrupellose Kidnapper tun? Wir haben uns nicht aufraffen können. Sicher, so mancher hat vielleicht im Stillen gebangt, aber deshalb gleich auf die Straße gehen?

Was muss eigentlich noch passieren, damit wir uns bewegen? Die erfolgreiche Befreiung von Susanne Osthoff macht es uns jetzt bequem, Ende gut, alles gut.

Weit gefehlt! So wenig Solidarität mit einer derart engagierten Frau, die das beste Beispiel dafür ist, wie man unerschrocken Widerstände überwindet und auch dann noch hilft, wenn es unmöglich erscheint und kreuzgefährlich werden kann, so wenig Solidarität ist eine Schande.

Wie viele haben ihre eigene Bequemlichkeit, ihr schlechtes Gewissen damit beruhigt, dass diese Frau doch womöglich selbst Schuld ist an der Lage, in die sie da hineingeraten ist. Wo ist das Heer der sonst so lauten Verteidiger der westlichen Werte, auf deren Einhaltung sie sonst so pochen?

Diese Werte, offenbar muss man sie mal ins Gedächtnis rufen, bestehen auch aus Nächstenliebe und Hilfe für die Schwachen. Können wir uns daran nur theoretisch erinnern? Werfen wir sie über Bord, wenn das Wetter für Straßendemos zu schlecht ist?

Unser schofliges Verhalten wird nur ausgeglichen dadurch, dass es immer noch Menschen unter uns gibt, die gegen den Strom schwimmen, die nicht den Sog von Massen brauchen, um mitzumachen. Die als kleines Häuflein Lichter in den Wind stellten oder, wie einige Prominente, ihre Bekanntheit nutzten, Videoappelle in die arabische Welt zu entsenden.

Ihnen sei dank fühlen wir uns heute nicht ganz so mies, wie wir es eigentlich sollten.