Freiburger Barock Consort

Von Julia Kaiser |
Am Abend hat das Freiburger Barock-Consort im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie sein Programm "Zeitsprünge" vorgestellt. Damit öffnet sich die selbst ernannte "Extra-Ausgabe" des Freiburger Barockorchesters einem ganz ungewohnten Kompositionsmaterial: Das Barock-Consort spielt darin eine Folge von barocker und zeitgenössischer Musik auf historischen Instrumenten.
Das Freiburger Barock-Consort ist gewissermaßen eine Nahaufnahme des Freiburger Barockorchesters. Kammermusikalisches Spiel ist ein wichtiger Bestandteil der Pflege der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Dieser Aufgabe hat sich das Barock-Consort angenommen, international erfolgreich. Das neunköpfige Ensemble erweckt seine Musik aber nicht nur durch virtuoses Spiel zum Leben. Es setzt sie auch immer wieder in neue Spannungsverhältnisse. So wie mit dem Programm "Zeitsprünge", in dem alte und neue Musik mit einander konfrontiert werden soll, erklärt der Konzertdramaturg des Barock-Consorts, Rüdiger Nolte:

"Wir haben eine Mischung aus Musik des 17., 18. Jahrhunderts mit zeitgenössischen Werken. Wir haben als Solisten eingeladen Christian Dierstein, der als Percussionist mit dem Ensemble Recherche spielt und wir haben den Komponisten Brice Pauset gebeten, für unsere Besetzung, die wir heute Abend haben, ein Werk zu schreiben. Es nennt sich Concerto II und ist ein Konzert für zwei Consorts, Hammerklavier und Schlagzeug. "

Brice Pauset ist Musikwissenschaftler und Cembalist und widmet sich seit Jahren der Klangästhetik des 17. Jahrhunderts. In seinen Kompositionen zitiert er diese aber nicht, sondern er überträgt sie in eine aktuelle Situation. Der Percussionist Christian Dierstein rückt in den Mittelpunkt von Pausets kompositorischer Ausdrucksform "Concerto II".

"Er findet tatsächlich ein neues Klangresultat, aber mit gewissen Mitteln der Barockmusik. Da ist der Einsatz des Schlagzeugs ganz wichtig. Drumrum sind lauter Barockinstrumente, zwei Violen d’amore, Hammerklavier... Zwei Barockviolinen, Traversflöte, Theorbe. Aber das zeitgenössische Schlagzeug, Schlagwerk, es ist ja nicht laut, bündelt auf zeitgenössische Weise die Klänge dieser Barockinstrumente. Und ich finde, er setzt hochgradig geschickt die Klangmöglichkeiten dieser alten Instrumente ein. "

Und dann findet das Freiburger Barock-Consort einen gemeinsamen Reibungspunkt neuer und alter Musik: Das Klangideal des 19. Jahrhunderts, dem unsere heutige Ästhetik verhaftet ist.

"Da gibt es einen Begriff von "schönem Klang". Und alles, was dem nicht entspricht, ist nicht mehr schön. Dagegen setzt ja die neue Musik eine Gleichwertigkeit von allem Klang, vom Kratzen bis zum "schönen Klang". Und das ist übrigens in der alten Musik, in der historischen Aufführungspraxis auch so. Heute spielen wir ein Lamento von Schmelzer, da werden derart klapperige und kratzige Töne gespielt, es ist unglaublich, wie perkussiv unsere Streicher ihre Instrumente einsetzen. Und da treffen sich die Instrumente des 17./18. Jahrhunderts mit den ästhetischen Wünschen von heute. "

Johann Heinrich Schmelzers Sonata a tre für zwei Violinen, Viola und Basso continuo aus der Mitte des 17. Jahrhunderts ist tatsächlich ein Beispiel, das die Theorie des Barock-Consorts plausibel erscheinen lässt. Sieht man schließlich doch von der Spannung ab, die beständig zwischen neuen und alten Kompositionen entstehen soll, so bleibt die hohe Stimmigkeit, in der die Musiker mit einander arbeiten. Schon allein diese ist es wert, den "Zeitsprüngen" zu lauschen.