Frederik Köster: "Tension / Release"

Die Vielseitigkeit des Trompeters

Der Trompeter Frederik Köster am 1.7.2014 in Niendorf, Schleswig-Holstein.
Der Trompeter Frederik Köster. © picture alliance / ZB / Lutz Knauth
Von Jan Tegeler · 21.09.2015
Große Kunstfertigkeit, Spielfreude und musikalische Eigenständigkeit: Das zeichnet den Jazztrompeter Frederik Köster seit Jahren aus. Mit seiner Gruppe "Die Verwandlung" legt er jetzt sein zweites Album vor. Auf dem zeigt sich seine Vorliebe für Wayne Shorter.
"Dann hatte ich Lust mit Elektronik zu arbeiten, Gedichte, die ich vertont habe, Freiheit, weniger durchstrukturiert zu sein, deswegen ist die Verwandlung die perfekte Ergänzung zum Quartett."
Es gibt nicht viele deutsche Jazzmusiker, die gleich zwei Quartettbesetzungen unterhalten, d.h. regelmäßig mit ihnen spielen und CDs veröffentlichen. Bei dem Trompeter Frederik Köster kommen verschiedene Eigenschaften zusammen, die seinen Erfolg begründen. Zum einen ist es seine spieltechnische Finesse, zum anderen ist es der "eigene" Sound, der gerade im Jazz von immanenter Bedeutung ist. Und nicht zuletzt gilt es, einen langen Atem zu haben.
"Was ganz wichtig ist, ist Nachhaltigkeit, Bands kommen und gehen, hängen sich rein, spielen ein Jahr und dann sind sie weg. Man muss bei jeder Platte wieder neu anfangen, Klinken putzen, auch wenn es einfacher wird. Es geht immer wieder von vorne los, die eigene Platte zu promoten. Es ist leicht, sich engagieren zu lassen für einen Job, aber da hat man Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat. Man spielt vielleicht Musik, die man nicht mag. Daher lohnt es sich in eigene Projekte zu investieren."
Zusammenarbeit mit bekannten Größen aus der Kölner Szene
Die zweite CD der Formation "Die Verwandlung" ist wieder mit bekannten Größen aus der Kölner Szene entstanden, mit Sebastian Sternal, Keyboards, Joscha Oetz, Bass sowie Jonas Burgwinkel, Schlagzeug. Die Strukturen seien offen, Materialvorgaben in Form von aufgeschriebenen Noten seien übersichtlich, die Improvisation stehe im Vordergrund. Als Vorbilder für diese Art des Musizierens nennt Köster u.a. die Jazzrockzeit von Miles Davis in den frühen 70er-Jahren sowie die Band um den immer noch aktiven Saxofonisten Wayne Shorter:
"Die Idee ist vom Shorter Quartett übernommen worden, die ja auch sehr frei mit ihrem Material umgehen, das sie ja durchaus haben. Das hat mich begeistert. Das fand ich immer schon spannend."
"Tension/Release, Spannung/Entspannung" – so nennt sich die neue CD von Frederik Kösters Band "Die Verwandlung". Der Name ist Programm:
"Es gibt ein Stück das so heißt so, das hat so eine Pianofigur, die immer weiter läuft, wie ein Motor, darüber die Improvisation mit langen Tönen von der Trompete – die 'Tension' ist im Klavier, die 'Release' ist in der Trompete, die die kantilenenmässigen Töne spielt.Dann ist mir aufgefallen, dass tension and release mehr ist als nur eine Sache im Jazz, Harmonielehre, das ist eigentlich wie Ying Yyang, dass keine Entspannung ohne Spannung funktioniert, dass es auf ganz viele andere Stücke auch passt, die auch konkurrierende Parameter haben."
Frederik Köster, der Trompeter höchstselbt, singt
Eigentlich, erklärt Frederik Köster, entfalte sich die ganze Klangfülle seiner Formation "Die Verwandlung" erst in der Live-Situation. Dann übrigens lässt es sich der Trompeter auch nicht nehmen, selbst zu singen, als Zugabe. Bei der Studioaufnahme hat er dafür Tobias Christl engagiert, der ein Gedicht von James Joyce zum Besten gibt. "Alone" nennt es sich und worum geht es:
"Es geht um, gute Frage, es geht um Natur, um Gefühl, es heißt alone ... sleepy lake ... name her name, es geht um eine Liebe, es geht um einen Namen ... ich habe die Worte nie hinterfragt, ich habe sie mir angesehen und habe gedacht, die sind schön, ich kann sie mir gesungen vorstellen, ich versteh die Worte, aber ich wollte gar nicht genau checken, worum geht es da, sondern den Klang der Worte in Musik fassen."
Worte, deren Bedeutung im Ungefähren bleibt, in Musik fassen – das hört sich nach einer schwierigen Aufgabe an. Aber Frederik Kösters Klangsprache ist so beschaffen, dass es funktioniert. Man muss sich zwar darauf einlassen, aber dann kann man in seiner neuen CD "Tension/Release" große Kunstfertigkeit, Spielfreude und musikalische Eigenständigkeit entdecken.
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