Frauenpower auf der Bühne

Von Susanne Burkhardt · 16.11.2013
Mit dem Theaterpreis "Der Faust" sind in Berlin unter anderem die Schauspielerin Constanze Becker, der Opernsänger Christian Gerhaher und der Regisseur Luk Perceval ausgezeichnet worden. In zehn Kategorien wurden die Faust-Theaterpreise im Schillertheater vergeben.
Es ist ein bisschen wie beim Oscar: Erst nach Öffnen des Umschlags geben die Laudatoren bekannt, wer die Preisträger des Abends sind. Ansonsten ist einiges anders bei der "Faust"-Preisverleihung. Die besten Theatermacher des Jahres werden nämlich jedes Jahr in einem anderen Bundesland gefeiert - an diesem Abend zum Beispiel in Berlin - in der Staatsoper - im Ausweichquartier des vor 20 Jahren geschlossenen Schillertheaters.
Geld gibt es auch keins - dafür aber Ehre und Aufmerksamkeit für die Regisseure, Schauspieler, Bühnenbildner oder Tänzer, die am Samstagabend - ausgewählt vom Deutschen Bühnenverein, der Akademie der Darstellenden Künste und dem jeweiligen Bundesland - in Anwesenheit des Bundespräsidenten Joachim Gauck und des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit ausgezeichnet wurden. Schauspieler Peter Jordan führte charmant und witzig durch die Gala, die begleitet wurde von Schauspielstudenten der Ernst-Busch-Hochschule, der Big Band der Deutschen Oper Berlin, dem wunderbaren Kinder- und Jugendchor der Staatsoper Unter den Linden und - dramaturgisch etwas verrutscht nach einem fröhlichen "Theres no business like showbusiness" der jungen Sänger - mit einer Schubert-Sonate, gespielt von Daniel Barenboim, endete.
Viele erfolgreiche Frauen
Anders als in der Filmbranche scheint es im Theater viele erfolgreiche Frauen zu geben - diesen Schluss jedenfalls legt die Riege der Preisträgerinnen nahe, die den "Faust" 2013 entgegennehmen konnten: In fast allen Kategorien, in denen Frauen nominiert waren, holten sich diese den metallenen Preis-Riegel - der auf Silbertabletts präsentiert wurde. Constanze Becker wurde für ihre "Medea" im Schauspiel Frankfurt als beste Schauspielerin geehrt. Bridget Breiner erhielt die Auszeichnung für ihre Aschenputtel-Inszenierung "Ruß" am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen als beste Choreografin, beste Tänzerin wurde Anna Süheyla Harms vom Theaterhaus Stuttgart.
Für ihre Inszenierung "Über Jungs" am Gripstheater Berlin konnte die junge Regisseurin Mina Salehpour den Preis in der Kategorie "Regie Kinder- und Jugendtheater" entgegennehmen. Annette Kurz vom Thalia-Theater in Hamburg wurde "Beste Bühnen- und Kostümbildnerin" für einen gigantischen 3D-Stadtplan, den sie für die Fallada-Adaption "Jeder stirbt für sich allein" entwickelte - aus privaten Habseligkeiten so zusammengefügt, dass die Wand wirkt, als befände man sich auf dem Landeanflug auf eine Stadt und schaue aus dem Fenster. Erst bei genauerer Betrachtung entdeckt man darin Bücher, Kisten, Schlittschuhe oder Bügeleisen, die die Straßen und Häuser bilden.
Über einen Preis für diese Inszenierung konnte sich auch Luc Perceval freuen - er wurde für die beste Regiearbeit Schauspiel ausgezeichnet. Doppelte Freude auch bei der Oper Frankfurt: Claus Guth wurde zum besten Opernregisseur gewählt - der Pelléas seiner Inszenierung "Pelléas et Mélisande" - Bariton Christian Gerhaher als bester Sänger ausgezeichnet. Anders als viele Preisträger des Abends, die sich kurz und brav bedankten, zeigte er sich in klaren Worten dankbar für eine weltweit einzigartige Theaterlandschaft.
Preis für das Lebenswerk an Inge Keller
Klagen über fehlende Gelder, Kulturabbau - oder Theaterschließungen - im vergangenen Jahr noch durch Preisträger Edgar Selge vehement vorgetragen - blieben in diesem Jahr aus. Während sich das inzwischen aufgelöste "alte" Team des Staatsschauspiel Stuttgarts unter Leitung von Hasko Weber über einen Ehrenpreis des Präsidenten des Bühnenvereins Klaus Zehelein freuen konnte, verliehen für dessen Entdeckermut und Improvisationskraft in drei Jahren unzumutbaren Umbaus ihrer Spielstätten - und damit endlich auch einmal die Techniker, Inspizienten, Garerobieren gewürdigt wurden - ohne die das Theater nun mal nicht denkbar ist, ging der Preis für das Lebenswerk an Inge Keller - die Grande Dame des Deutschen Theaters Berlin - wo sie von 1950 - 2001 engagiert war.
Ihre Tochter Barbara Schnitzler nahm den Preis für die erkrankte Schauspielerin entgegen, die der inzwischen verstorbene Thomas Langhoff einmal als "einzigen Vamp der DDR" bezeichnet hatte. Im Schillertheater schienen nicht alle die großartige DT-Legende zu kennen - der Applaus wirkte verhalten.