Frauenklinik in Uganda

Ein Ort zum Gebären, ein Ort der Hoffnung

Junge Mütter vor einer Klinik in Uganda
Junge Mütter vor einer Klinik in Uganda © Deutschlandradio Kultur / Leonie March
Von Leonie March · 03.12.2015
Uganda ist ein tiefreligiöses Land, niemand klärt junge Mädchen über Verhütung oder Geschlechtskrankheiten auf. Jeden Tag kommen HIV-positive Frauen in Josephine Nakakandas Frauenklinik. Für viele ist die Diagnose ein Schock - doch Nakakanda gibt ihnen mehr als nur Medikamente.
Was für ein Schock. Rebecca reißt noch immer die Augen auf, wenn sie daran denkt.
"Ich bin hier in die Klinik gekommen, weil ich schwanger war. Ich wollte wissen, ob es dem Baby gut geht. Sie haben mir Blut abgenommen und dann gesagt: Du bist HIV-positiv. Das hat mir eine Heidenangst eingejagt. Ich habe sogar daran gedacht, mir das Leben zu nehmen."
Das war vor über anderthalb Jahren. Heute sitzt die 18-Jährige fröhlich zwischen zwei Dutzend anderen jungen Frauen und Mädchen, die ihr Schicksal teilen. Es sind so viele, dass die Klinik im Norden von Ugandas Hauptstadt Kampala für sie extra eine sogenannte Jugendecke eingerichtet hat, in der sie sich austauschen können. Einige stillen dabei ihre Babys, andere holen sich ihre Medikamente ab oder suchen das Gespräch mit der Krankenschwester.
Die ugandische Ärztin Josephine Nakakanda, Leiterin einer Frauenklinik
Die ugandische Ärztin Josephine Nakakanda, Leiterin einer Frauenklinik © Deutschlandradio Kultur / Leonie March
"Ich habe hier viel gelernt, sowohl über die Krankheit, als auch über die richtige Versorgung meines Babys und Verhütung. Ich hatte vorher zwar schon von Kondomen gehört, aber ich habe das nie so ernst genommen. Außerdem waren meine Partner immer dagegen. Auch der Mann, der mich angesteckt hat. Ich war sechzehn. Er war LKW-Fahrer. Er hat mir Komplimente und Geschenke gemacht und mir auch manchmal Geld gegeben. Das hat mir geschmeichelt. Ich dachte, es wäre Liebe. Doch dann kam er nicht mehr wieder. Heute weiß ich, dass er gestorben ist."
"Die meisten sind bitterarm"
Rebeccas Geschichte ist leider kein Einzelfall, sagt Klinikleiterin Josephine Nakakanda. Mit jungen Mädchen in Uganda spricht niemand über Verhütung und Geschlechtskrankheiten, viele werden verheiratet, bevor sie erwachsen sind. Die mütterliche Frau sitzt eine Tür weiter in ihrem winzigen Büro. Eingequetscht zwischen Regalen, auf denen sich Arzneien, Verbandszeug und Patientenakten stapeln.
"Unter den schwangeren Frauen, die sich hier untersuchen lassen, sind jeden Tag etwa vier HIV-positiv. Viele haben auch Geschlechtskrankheiten wie Syphilis. Wir wissen, dass die meisten bitterarm sind und deshalb ihren Körper verkaufen. Auch Vergewaltigungen von Mädchen und sexuelle Gewalt sind leider verbreitet. Sie bekommen von uns sofort Medikamente."
Die Klinikleiterin steht auf, streicht ihren weißen Kittel glatt und geht nach draußen, quer über den staubigen Hof, vorbei an einem Minibustaxi. Damit kommen die Frauen selbst in Notfällen hierher. Einen Krankenwagen gibt es nicht. Die Aufschrift auf der verbeulten Karosserie "Mit Gottes Gnade" wirkt vor diesem Hintergrund zynisch.
Frauenklinik in Uganda
Frauenklinik in Uganda© Deutschlandradio Kultur / Leonie March
Uganda ist ein streng gläubiges Land, erklärt Josephine Nakakanda und fügt dann kopfschüttelnd hinzu: Eine Herausforderung für jeden, der sich für Familienplanung einsetzt. Mit den Konsequenzen fühlt sie sich allein. Jeden Monat entbinden 160 Frauen in ihrer kleinen Klinik. In einem engen flurartigen Zimmer, unter – gelinde gesagt – einfachsten Verhältnissen.
"Wir hätten gern mehr Platz, so dass wir besser arbeiten können. So wie jetzt ist es einfach frustrierend. Wir haben nicht einmal fließendes Wasser, sondern sind auf das aus unseren Regentonnen angewiesen. Dabei sind wir bei der Laborarbeit, bei der Behandlung unserer Patientinnen und natürlich für die Geburten dringend auf Wasser angewiesen."
Überarbeitung gehört für die Hebammen zum Alltag
Die drei Hebammen der Klinik müssen das Wasser extra abkochen. Mangel und Überarbeitung gehören für sie zum Alltag. Und das bei einer der höchsten Geburtenraten des Kontinents. Sechs Kinder bringt eine Uganderin durchschnittlich zur Welt. Viele Mütter sterben bei der Geburt oder bei Hinterhof-Abtreibungen. Auch deshalb ist es so wichtig, die Mädchen so früh wie möglich aufzuklären, betont die Klinikleiterin, als sie an der Jugendecke vorbei zurück in ihr Büro geht.
Für heute ist die Sprechstunde für die jungen Frauen vorbei. Dankbar verstaut Rebecca ihre Monatsration Medikamente in ihrer Handtasche.
"Ohne diese Unterstützung in dieser Klinik wäre ich vielleicht gar nicht mehr da. Ich habe Medikamente bekommen, einen gesunden Jungen geboren und sogar Freundinnen gefunden. Das gibt mir die Kraft, weiterzuleben."
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