Frauenanteil im Bundestag

Eine Kanzlerin allein ist noch keine Gleichstellung

Bundeskanzlerin Merkel am Rednerpult, sie hat sich umgedreht und schaut auf das Banner "Starke Frauen. Starkes Deutschland" hinter sich.
Nur ein Drittel der Abgeordneten im neuen Bundestag sind Frauen © dpa picture alliance/ Peter Steffen
Elisabeth Niejahr im Gespräch mit Anke Schaefer  · 24.10.2017
Die nachwachsende Generation von Frauen lasse sich nicht mehr an den Rand drängen, hofft die Wirtschaftsjournalistin Elisabeth Niejahr. Ihre Themen würden nicht nur im Bundestag ausgefochten, in dem die Zahl der Frauen gesunken sei.
Im neuen Bundestag sind von den 709 Abgeordneten nur noch ein Drittel Frauen, deutlich weniger als beim letzten Mal. Verantwortlich für den hohen Männeranteil sind vor allem CDU/CSU, FDP und AfD. Liberale und Union haben einen Frauenanteil von etwa 20 Prozent, die AfD sogar von nur 11 Prozent. Selbst die Parteien, die wenig weibliche Abgeordnete hätten, könnten diese auf wichtige Posten setzen, sagte die Wirtschaftsjournalistin Elisabeth Niejahr im Deutschlandfunk Kultur. Stattdessen habe die FDP von neun Ämter gerade mal eines mit einer Frau, der Abgeordneten Katja Suding, besetzt. "Das könnte man ja anders machen, wenn man das für ein wichtiges Thema hält", sagte Niejahr. "Die ganze Debatte findet natürlich nicht nur im Parlament statt."

Feminismus ist chic und cool

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte am Dienstag in Berlin eine neue Studie vorgestellt, die unter anderem kritisiert, dass Deutschland unter den großen Industriestaaten das stärkste Rentengefälle zwischen Männern und Frauen aufweise. Solche Initiativen der OECD zeigten, dass das Thema Gleichstellung in alle Bereiche der Gesellschaft wieder vordringe, sagte die Chefreporterin der "Wirtschaftswoche". Auch die Unternehmensberatungsfirma McKinsey & Company habe eine Studie verfasst, bei der sie darauf hinweise, dass sich Gleichstellung lohne. "Man sieht ja auch, dass so ein Thema wie Feminismus irgendwie chic und cool ist, dass junge Frauen sich feministische Slogans auf T-Shirts drucken lassen oder T-Shirts kaufen, wo das drauf steht."

Fehlende Gleichstellung

Niehaus sprach andererseits von einer optischen Täuschung. "Viele denken, wenn man eine Kanzlerin an der Spitze hat, hat man doch ziemlich viel geschafft und in Wahrheit sei doch ganz viel weiblich dominiert." Dabei zeige die #Metoo-Debatte über sexuelle Belästigung, dass es immer wieder Rückschritte gebe und es in vielen gesellschaftlichen Bereichen an Gleichstellung fehle.

Wenig Fortschritte zu erwarten

In der neuen Regierung werde es bei vielen Gleichstellungsthemen keine Bewegung geben, glaubt die Journalistin. So werde die FDP bei Quoten für Dax-Vorständen nicht mitmachen. "Das einzige Thema, wo es vielleicht wirklich so einen Schritt nach vorne gibt, der auch mit Gleichstellung viel zu tun hat, ist das Thema Pflege." Es gebe einen gemeinsamen Nenner, da alle mehr Geld in die Pflege investieren und Pflegekräfte besser bezahlen wollten.

Elisabeth Niejahr, geboren 1965, ist seit September Chefreporterin der "Wirtschaftswoche". Zuvor war sie Hauptstadtkorrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit". Niejahr studierte Volkswirtschaft in Köln und Washington, parallel dazu verlief ihre Ausbildung an der Kölner Schule für Wirtschaftsjournalisten. Sie schreibt vor allem über Demografie, Arbeit, Gender und Fragen der politischen Kultur.

Die ganze Sendung mit der Wirtschaftsjournalistin Elisabeth Niehaus hören Sie hier: Audio Player

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