Frau mit Auftrag
Rika Yokomori ist eine der populärsten Autorinnen Japans. Ihre vorwiegend weibliche Leserschaft schätzt vor allem die praktischen Ratschläge und moralische Unterstützung im zähen Kampf mit der Männerwelt.
Yoko: "”I always think about her my daughter. I want her to escape from this country.”"
Rika Yokomori - populäre Autorin und Fachfrau für japanische Frauenfragen weiß, was sie will: Ihre einzige Tochter, die noch eine Grundschule besucht, soll ins Ausland fliehen.
Yoko: "”Deswegen geht sie auf eine internationale Schule und wenn sie auf die Highschool oder eine Universität wechselt, werde ich sie in ein anderes Land schicken.""
Dem Mädchen soll ein - so die Mutter - "japanisches Schicksal" erspart bleiben.
Yoko: "”Viele arbeitende Frauen sind depressiv und erschöpft. Es ist sehr schwer eine glückliche gesunde und berufstätige Frau zu sein. Vor allem wenn man älter wird und die Dreißiger und Vierziger erreicht.""
In Mickey-Maus-T-Shirt und Trainingshose sitzt Yokomiri, Jahrgang 1963 und somit selbst mitten in den Vierzigern, auf ihrem schicken Sofa in ihrem sehr schicken Apartment-Büro in Tokios Innenstadt. Zehn Stunden täglich - von neun Uhr morgens bis sieben Uhr abends – verbringt Yokomori hier vor allem schreibend, unterbrochen höchstens von etwas Yoga oder Tai-Chi – Energiearbeit, wie sie sagt.
Yoko: "”Zuhause bin ich zu beschäftigt. Ich muss mich um meine Tochter kümmern und auch um meinen Mann. Japanische Männer können nicht kochen und sind für die Hausarbeit einfach nicht zu gebrauchen.""
Deswegen sorgt nach Schulschluss ein Kindermädchen für die Tochter. Yokomori - eher klein, vor allem aber energisch - hat Yogi-Tee gekocht und versucht zu entspannen, was ihr aber nicht so ganz gelingen will.
Yoko: "”Es ist hart. Mein Mann kommt und sagt: ‚Oh, du brauchst gar nicht mehr arbeiten. Ich kümmere mich schon um uns.’ Er ist ein netter Typ. Er sagt es zwar nicht, aber im Grunde meint er: ‚Ruh dich aus, du brauchst dich nur ums Kind kümmern und jeden Tag kochen.’”"
Aus der in ihrer Hand schwankenden Tasse schwappt Tee auf die Hose. Yokomori greift sich in die glatten, schulterlangen Haare, verdreht die Augen - nicht wegen des Tees, sondern immer noch wegen ihres Mannes, einem in Japan recht bekannten Fotografen.
Yoko: "”Meine Güte! Diese Haltung heutzutage frustriert mich echt. Er ist konservativ. Und umso älter er wird, umso konservativer wird er. Dabei bin ich zwei Jahre älter als er. Als er noch jung war, war er hübsch und flexibel. Oh mein Gott – was ist nur mit ihm passiert.”"
Sie hält inne. Der Tee ist jetzt nicht mehr ganz so heiß. Sie nimmt erst einen kleinen Schluck, dann noch ein paar große. Ihr Vater war Kunstmaler, die Mutter Lehrerin. Als sie - die Tochter - wegen eines Lungenproblems für lange Zeit nicht den Kindergarten besuchen konnte, lehrte die Mutter sie Schreiben und trug ihr auf, kleine Geschichten zu verfassen.
Ab der dritten Grundschulklasse sollte sie dann ein Tagebuch führen, das die Mutter ein Jahr lang jeden Abend korrigierte. Es ging dabei um Rechtschreibung aber auch den anfangs unzureichenden Ausdruck der eigenen Gefühle und fehlende Spannung im Aufbau der Geschichten.
Yoko: "”Das war für mich eine professionelle Schreibausbildung. Und an meinem Geburtstag schenkte sie mir dann ein abschließbares Tagebuch. Da konnte ich die wichtigen Dinge, die ich niemanden erzählen konnte, aufschreiben. Deswegen liebe ich das Schreiben so sehr. Es heilte mich und jetzt heilt es meine Leser. Darum schreibe ich.”"
Yokomoris Leser sind in erster Linie Leserinnen, die vor allem die praktischen Ratschläge für das zähe Ringen mit der Männerwelt schätzen. Die werden entweder über zahlreichen Kolumnen und Essays in renommierten Zeitschriften oder aber mit einem mittlerweile guten Dutzend Bücher aus der Rubrik "Lebenshilfe" an die Frau gebracht. Das, sagt Yokomori, ist ihr Standbein. Das Spielbein aber sind ihre Romane. Mit "Tokio-Girl" ist jetzt der erste auch auf Deutsch erschienen.
Es geht um die lange traurige Beziehung einer jungen Studentin, die ihren exzessiven Lebenswandel mit der Arbeit in einem Nachtklub finanziert, zu einem älteren Börsenhändler, der sie schließlich in den Abgrund zieht. Eine Geschichte wie sie Yokomori wohl selbst erlebt hat, raunten die Kritiker. Das Gerücht hat dem Erfolg in Japan nicht geschadet. Wohl auch deswegen antwortet die Autorin auf entsprechende Fragen eher sybillinisch.
Yoko: "”Es geht um die Ehefrauen oder Freundinnen, die im Grunde Trophäen ihrer Männer sind. Und wenn die Typen hässlich sind, stört das nicht, weil sie ja Geld haben.""
Sie holt tief Luft, wird etwas ruhiger. Der Yogi-Tee scheint zu wirken.
Manchmal ist sie es müde - ihre Arbeit, alles. Dann aber kommt es hoch, das "Japanische" in ihr. Sie reißt die Augen auf.
Yoko: "Ich denke: ein reicherer Typ! Ich sollte einen Typen mit mehr Geld heiraten! Dann wäre alles leichter. Das ist so dumm - vielleicht hängt das an meiner DNA, an dieser blöden japanischen DNA."
Rika Yokomori - populäre Autorin und Fachfrau für japanische Frauenfragen weiß, was sie will: Ihre einzige Tochter, die noch eine Grundschule besucht, soll ins Ausland fliehen.
Yoko: "”Deswegen geht sie auf eine internationale Schule und wenn sie auf die Highschool oder eine Universität wechselt, werde ich sie in ein anderes Land schicken.""
Dem Mädchen soll ein - so die Mutter - "japanisches Schicksal" erspart bleiben.
Yoko: "”Viele arbeitende Frauen sind depressiv und erschöpft. Es ist sehr schwer eine glückliche gesunde und berufstätige Frau zu sein. Vor allem wenn man älter wird und die Dreißiger und Vierziger erreicht.""
In Mickey-Maus-T-Shirt und Trainingshose sitzt Yokomiri, Jahrgang 1963 und somit selbst mitten in den Vierzigern, auf ihrem schicken Sofa in ihrem sehr schicken Apartment-Büro in Tokios Innenstadt. Zehn Stunden täglich - von neun Uhr morgens bis sieben Uhr abends – verbringt Yokomori hier vor allem schreibend, unterbrochen höchstens von etwas Yoga oder Tai-Chi – Energiearbeit, wie sie sagt.
Yoko: "”Zuhause bin ich zu beschäftigt. Ich muss mich um meine Tochter kümmern und auch um meinen Mann. Japanische Männer können nicht kochen und sind für die Hausarbeit einfach nicht zu gebrauchen.""
Deswegen sorgt nach Schulschluss ein Kindermädchen für die Tochter. Yokomori - eher klein, vor allem aber energisch - hat Yogi-Tee gekocht und versucht zu entspannen, was ihr aber nicht so ganz gelingen will.
Yoko: "”Es ist hart. Mein Mann kommt und sagt: ‚Oh, du brauchst gar nicht mehr arbeiten. Ich kümmere mich schon um uns.’ Er ist ein netter Typ. Er sagt es zwar nicht, aber im Grunde meint er: ‚Ruh dich aus, du brauchst dich nur ums Kind kümmern und jeden Tag kochen.’”"
Aus der in ihrer Hand schwankenden Tasse schwappt Tee auf die Hose. Yokomori greift sich in die glatten, schulterlangen Haare, verdreht die Augen - nicht wegen des Tees, sondern immer noch wegen ihres Mannes, einem in Japan recht bekannten Fotografen.
Yoko: "”Meine Güte! Diese Haltung heutzutage frustriert mich echt. Er ist konservativ. Und umso älter er wird, umso konservativer wird er. Dabei bin ich zwei Jahre älter als er. Als er noch jung war, war er hübsch und flexibel. Oh mein Gott – was ist nur mit ihm passiert.”"
Sie hält inne. Der Tee ist jetzt nicht mehr ganz so heiß. Sie nimmt erst einen kleinen Schluck, dann noch ein paar große. Ihr Vater war Kunstmaler, die Mutter Lehrerin. Als sie - die Tochter - wegen eines Lungenproblems für lange Zeit nicht den Kindergarten besuchen konnte, lehrte die Mutter sie Schreiben und trug ihr auf, kleine Geschichten zu verfassen.
Ab der dritten Grundschulklasse sollte sie dann ein Tagebuch führen, das die Mutter ein Jahr lang jeden Abend korrigierte. Es ging dabei um Rechtschreibung aber auch den anfangs unzureichenden Ausdruck der eigenen Gefühle und fehlende Spannung im Aufbau der Geschichten.
Yoko: "”Das war für mich eine professionelle Schreibausbildung. Und an meinem Geburtstag schenkte sie mir dann ein abschließbares Tagebuch. Da konnte ich die wichtigen Dinge, die ich niemanden erzählen konnte, aufschreiben. Deswegen liebe ich das Schreiben so sehr. Es heilte mich und jetzt heilt es meine Leser. Darum schreibe ich.”"
Yokomoris Leser sind in erster Linie Leserinnen, die vor allem die praktischen Ratschläge für das zähe Ringen mit der Männerwelt schätzen. Die werden entweder über zahlreichen Kolumnen und Essays in renommierten Zeitschriften oder aber mit einem mittlerweile guten Dutzend Bücher aus der Rubrik "Lebenshilfe" an die Frau gebracht. Das, sagt Yokomori, ist ihr Standbein. Das Spielbein aber sind ihre Romane. Mit "Tokio-Girl" ist jetzt der erste auch auf Deutsch erschienen.
Es geht um die lange traurige Beziehung einer jungen Studentin, die ihren exzessiven Lebenswandel mit der Arbeit in einem Nachtklub finanziert, zu einem älteren Börsenhändler, der sie schließlich in den Abgrund zieht. Eine Geschichte wie sie Yokomori wohl selbst erlebt hat, raunten die Kritiker. Das Gerücht hat dem Erfolg in Japan nicht geschadet. Wohl auch deswegen antwortet die Autorin auf entsprechende Fragen eher sybillinisch.
Yoko: "”Es geht um die Ehefrauen oder Freundinnen, die im Grunde Trophäen ihrer Männer sind. Und wenn die Typen hässlich sind, stört das nicht, weil sie ja Geld haben.""
Sie holt tief Luft, wird etwas ruhiger. Der Yogi-Tee scheint zu wirken.
Manchmal ist sie es müde - ihre Arbeit, alles. Dann aber kommt es hoch, das "Japanische" in ihr. Sie reißt die Augen auf.
Yoko: "Ich denke: ein reicherer Typ! Ich sollte einen Typen mit mehr Geld heiraten! Dann wäre alles leichter. Das ist so dumm - vielleicht hängt das an meiner DNA, an dieser blöden japanischen DNA."