Franz Schubert und das Echo“

Moderation: Joachim Kaiser |
Die Deutschen und ihre Leidenschaft für Wälder und Wandern, für Natur und Naturempfinden werden oft in einem Atemzug genannt. Von dem französischen Dichter Paul Claudel ist der Satz überliefert, in jedem Deutschen stecke ein Bergmann und ein Förster. In der Musik steht Franz Schubert mit den Liederzyklen die "Schöne Müllerin" und die "Winterreise" für die deutsche Seele der Wanderer. Doch nicht nur im Lied ist das "Wandern" die zentrale Kategorie Schubertscher Kunst.
Die "Große C-dur" Symphonie lässt miterleben, wie sich der Wandernde in einer riesigen klingenden Landschaft bewegt. Der Musikkritiker Joachim Kaiser zeigt in dieser Sendung, wie Schubert Echo-Effekte hervorruft, Nachhall über Klüfte und General-Pausen hin hörbar macht und Gestalten wachsen und verschwinden lässt.

Warum wird Franz Schuberts "Große C-dur"-Symphonie von vielen Musikfreunden so abgöttisch geliebt? - fragt Joachim Kaiser und bekennt, selbst ein glühender Bewunderer der Symphonie zu sein. Wie kein anderer verbinde Schubert den hohen symphonischen Anspruch orchestraler Fülle mit einem privaten herzlichen Ton. Die Symphonie wende sich nicht bloß an eine Elite von Kennern, sondern gleichsam an die Menschheit, an alle Menschen. Sie werde einzigartig dadurch, dass sie den hohen Stil, die gewaltige rhythmisch-straffe Kraft mit personaler Herzlichkeit, mit Sehnsucht und unangefochtenem Glücksversprechen verbinde. Und zwischen objektivierter Größe und individueller Subjektivität vermittelt Schubert das Moment des Wanderns.

Joachim Kaiser wandert in Schubert-Aufnahmen von Bruno Walter, Leonard Bernstein, Wilhelm Furtwängler, Michael Gielen und anderen. Er zeigt, welche Höhen und Ausblicke die jeweiligen Dirigenten den Hörern mit wechselnden Schrittlängen, vitalem Ausschreiten und gemächliches Schlendern vermitteln. Melodiöse Umwege und Steigungen sind zu erklimmen, Seitenthemen lohnen einen Abstecher und die wechselnden Lichtverhältnisse ermöglichen neues Hören vertrauter Motive.