Frankreichs Luftangriffe in Syrien

Deutliche Botschaft nach innen und außen

Drei französische Rafale-Kampfflugzeuge
Drei französische Rafale-Kampfflugzeuge © AFP / Khaled Desouki
Von Ursula Welter |
Die Bestätigung von Staatspräsident Francois Hollande, Frankreich fliege Luftangriffe auf Syrien, sei keine wirkliche Überraschung, kommentiert Ursula Welter aus Paris. Hollande positioniere sich damit im diplomatischen Ringen um die Zukunft Syriens.
Nun also auch Luftschläge Frankreichs in Syrien. Der Staatspräsident hatte es angekündigt, eine Überraschung ist es nicht, dass französische Kampfflugzeuge IS-Stellungen angegriffen haben. Auch der Zeitpunkt, zu dem der Elysée-Palast diese Angriffe publik machte, ist weder Zufall noch eine Überraschung. Er ist die Begleitmusik zum diplomatischen Ringen in New York, das mit der UN-Vollversammlung begonnen hat und das in eine entscheidende Phase geht.
Die militärischen Möglichkeiten Frankreichs in Syrien sind begrenzt, niemand in Paris macht sich Illusionen, dass vereinzelte Luftschläge die Lage entscheidend ändern könnten , und dass allein diese Luftschläge die Wende brächten - nach fünf Jahren Bürgerkrieg und 250.000 Toten. Die zu allererst auf das Konto des Diktators Baschar al-Assad gehen.
Frankreich hat diese Luftschläge gegen IS-Stellungen aus zwei Gründen unternommen: Erstens möchte die Regierung der eigenen Bevölkerung zeigen, dass sie eine Antwort auf Attentatsversuche und Attentate hätte. Attentate, die Frankreich treffen und die von Syrien aus gesteuert werden. Die Regierung möchte signalisieren, dass sie sich verteidigen, zurückschlagen könnte. Ein Signal der Handlungsfähigkeit, das das Gefühl der Ohnmacht ablösen soll. Eine nach innen gerichtete Botschaft.
Zweitens, und das wiegt schwerer, flankiert Paris mit den Luftschlägen das diplomatische Ringen um die Zukunft Syriens. Ein Ringen, in dem Frankreich mit Blick auf den Iran, auf Russland, auf die Staaten in der Region und als Teil der westlichen Welt eine zentrale Rolle spielt.
Keine Lösung ohne Russland
Seit Anfang des Jahres zeigte sich in der Wortwahl der französischen Diplomatie, dass Paris von der anfänglich starren Position, Assad müsse gestürzt sein, bevor an einer Übergangslösung für Syrien gearbeitet werden könne, abrückte. Zwar spricht die französische Regierung auch heute nicht explizit von Gesprächen der Unterhändler mit dem Terrorregime des Baschar al-Assad. Anders als die Bundesregierung. Aber: Die Unterschiede in den Positionen reduzieren sich auf Nuancen.
Paris will eine Zukunft für den Diktator in Syrien ausschließen, Assad dürfe nicht auf Dauer legitime Macht im Land sein, sagt Außenminister Fabius und er sagt das seit Jahresbeginn. Auf Dauer also nicht mit Assad, aber: Was auf dem Weg hin zu diesem Ziel am Verhandlungstisch geschieht, steht auf einem anderen Blatt. Der Westen kann eine Lösung für Syrien nicht ohne Russland zustande bringen, und Moskau spricht mit dem Diktator.
Die direkte Bedrohung Frankreichs durch den gemeinsamen Feind, den IS-Terror, verstärkt diese Entwicklung hin zu einer Position, die Gespräche mit Assad wahrscheinlich macht – der Zerfall Syriens und die zunehmenden Geländegewinne der Terroristen, die von ihren Ausbildungscamps aus Attentäter nach Frankreich schicken, haben die vormals strikte, französische Position gegenüber Assad aufgeweicht.
Der Hauptgegner für Paris heißt angesichts der Terrorgefahr im Inland derzeit ISIS. Und so kommt es, dass nun im Luftraum über Syrien französische Rafale mit der Trikolore am Heck, amerikanische Kampfflugzeuge und die Einheiten des syrischen Diktators dieselben Ziele bombardieren. Eine unglückliche Allianz, angesichts des Bluts, das Assad an den Händen klebt. Damit regiert die Realpolitik und der werteorientierten Welt steht eine schwere Zeit bevor.
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