Frankreich

"Habe mir nichts vorzuwerfen"

Eine Frau beobachtet ein Fernsehinterview mit dem ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert sieht.
Eine Frau beobachtet ein Fernsehinterview mit dem ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert sieht. © AFP/ Denis Charlet
Von Ursula Welter · 03.07.2014
Nicolas Sarkozy geht zum Gegenangriff über. Nach den Bestechungsvorwürfen wies der französische Ex-Präsident am Mittwochabend in einem Fernsehinterview alle Anschuldigungen zurück. Er sei von seiner Unschuld überzeugt, sagte er. Gleichzeitig hält er eine Rückkehr in die Politik für nicht ausgeschlossen.
Als sich Nicolas Sarkozy am Abend der verlorenen Präsidentschaftswahl 2012 innerlich darauf vorbereitete, wieder "ein Franzose unter den Franzosen“ zu werden, da flossen Tränen auf Seiten seiner Fans.
Dass sie den so Umjubelten gut zwei Jahre später in Polizeigewahrsam und Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts der Korruption und der illegalen Einflussnahme erleben würden, hätte kaum einer im Saal gedacht. An die Treuesten der Treuen dachte der Ex-Präsident vielleicht auch, als er gestern Abend zum ersten Mal seit seiner Niederlage ein großes Fernsehinterview gab, das auch im Radio ausgestrahlt wurde.
Sarkozy wollte die Franzosen einerseits an seiner Wut angesichts der Anschuldigungen gegen ihn teilhaben lassen und wollte andererseits deutlich machen , dass sein politischer Überlebenskampf gerade erst begonnen hat.
Nicolas Sarkozy: "Wenn man sich nichts vorzuwerfen hat, wenn man von seiner Unschuld überzeugt ist, dann hat man keine Angst , sich zu äußern."
Parteifreunde wollen Klarheit
Hohe Einschaltquoten waren dem Radio- und dem Fernsehsender sicher, die das Gespräch gemeinsam aufgezeichnet hatten.
Denn nicht zuletzt die Parteifreunde, die engen und die weniger engen, wüssten gerne, woran sie sind.
Seine konservative Partei UMP, die 2002 als Parteienbündnis aus der Taufe gehoben wurde, nicht zuletzt als Reaktion auf das Erstarken der Rechtsextremen, seine Partei verdankt dem talentierten, aber nicht zuletzt wegen seiner Charakterschwächen abgewählten Sarkozy, Höhen, aber eben auch Tiefen.
Vor wenigen Wochen musste sein Kampagnenchef von 2012 unter Tränen eingestehen, dass viel mehr Geld ausgegeben wurde, als erlaubt, und dass dies auch noch mit falschen Rechnungen kaschiert wurde. Der Mann nahm es auf seine Kappe, aber der Skandal wirkt nach und kostete auch den Kopf des Parteichefs, Jean-Francois Copé .
Ein Jahr zuvor hatte, auch da ging es um das überzogene Wahlkampfbudget, der Staatsrat der UMP die Wahlkampfkostenerstattung vorenthalten, die Partei geriet an den Rand des Ruins, nur eine Spendenaktion konnte das Schlimmste verhindern.
Sarkozy trat öffentlich bis zum gestrigen Abend nicht auf, jedenfalls nicht in Parteifragen, aber im Hintergrund zog er die Fäden. Auch, als im Herbst 2012 die Urwahl für den Parteivorsitz zur öffentlichen Schlammschlacht über Wochen verkam:
Als der eine Bewerber, Francois FIllon, dem anderen mafiose Methoden und Wahlfälschung vorwarf, und der andere, Jean-Francois Copé , zurück wetterte, er wisse nicht mehr, was in Fillons Kopf vorgehe.
Inzwischen musste Copé wegen der undurchsichtigen Kontenführung abtreten, Fillon wiederum, der frühere Premierminister, ist ins Dreierteam zur vorübergehenden Führung der Partei berufen, an der Seite der Parteigrößen Juppé und Raffarin. Das Trio leitet die Partei, bis im Herbst ein neuer Chef gefunden ist, und an der Außenlinie maulte das Sarkozy-Team, denn der Wunschkandidat des Ex-Präsidenten für die Interimsphase hatte das Nachsehen.
Präsidentschaftswahlen 2017
Bei all dem geht es um das Jahr 2017, die nächsten Präsidentschaftswahlen. Die Freunde von Nicolas Sarkozy auf dem rechten Parteiflügel wünschen ihn zurück, glauben, nur er könne die UMP wieder aufrichten und den Rechtsextremen die Stirn bieten. Aber in der Partei machen sich andere bereit, Kandidaten gingen bereits ins Rennen für den Vorsitz, aber auch die – wie der Abgeordnete Bruno Le Maire – bekundeten, selbst nach der Aufnahme der Korruptionsermittlungen, ihre Freundschaft zu Sarkozy - sicher ist sicher.
Während die konservative UMP weder personell noch inhaltlich sortiert ist, warten auf den Ex-Präsidenten, neben den nun laufenden Ermittlungen, Vorwürfe in zahlreichen anderen Affären. Die Sarkozy-Fans an der UMP-Basis stehen gleichwohl an der Seite ihres Idols:
Der eine wittert einen Komplott, eingefädelt von Sozialisten und extremer Rechten. Der andere meint, das Ziel sei, Sarkozys Ansehen vor dem Parteikongress im Herbst zu beschädigen - an einen Zufall des Kalenders will dieser UMP-Wähler jedenfalls nicht glauben.
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