Frankreich

Erfahrungen mit dem Burka-Verbot

Eine vollverschleierte Frau auf einer Straße in Frankreich
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das französische Vermummungsverbot für rechtens erklärt. © picture alliance / dpa / Jean Francois Frey
Von Martin Zagatta · 04.12.2015
Seit fast fünf Jahren gilt das Burka-Verbot in Frankreich. Etwa 2000 Frauen verstoßen dagegen und die Kontrollen führen häufig zu Spannungen. Während Betroffene den Verlust der Freiheit beklagen, fordern der Front National und die rechts-bürgerliche Opposition eine Verschärfung des Gesetzes.
Sie schreit und beschimpft die Beamten. Doch die Polizisten in einem Vorort von Nizza geben nicht nach. Sie zerren die Frau in ihren Wagen, weil sie sich geweigert haben soll, ihren Gesichtsschleier abzulegen.
Meist geht es ohne solche Handgreiflichkeiten ab. Doch manche Musliminnen wie die 26-jährige Kenza, die zu ihrem schwarzen Gewand einen Niqab trägt, einen Schleier mit Augenschlitz, weigert sich grundsätzlich, dem französischen Vermummungsverbot nachzukommen.
Sie kleide sich so in der Öffentlichkeit wie in ihrem Privatleben, so wie ihr das passe, sagt die junge Frau, der schon mehrfach ein Bußgeld von 150 Euro auferlegt wurde. Die Strafe, wenn man gegen das Gesetz verstößt, das es untersagt, im öffentlichen Raum sein Gesicht zu vermummen. Fast fünf Jahre gilt dieses Burka-Verbot, wie es im Volksmund genannt wird, nun schon, gegen das – so wird geschätzt, aber etwa 2000 Frauen in Frankreich mehr oder minder verstoßen. Meist bleibt es bei Verwarnungen oder Geldstrafen, auch Vorladungen zu einem Kurs in Staatsbürgerkunde sind möglich, doch die Kontrollen führen auch zu Spannungen.
Schwere Ausschreitungen bei Kontrollen
Drei verletzte Polizisten, einem wurde in die Hand gebissen, als sie in Marseille eine vollverschleierte Frau kontrollieren wollten, melden die Radionachrichten. Auch im Pariser Vorort Trappes ist es bei einer solchen Kontrolle zu schweren Ausschreitungen gekommen. Und seit den Anschlägen von Paris werden wieder verstärkt Klagen laut, der Staat greife nicht richtig durch. Das Burka-Gesetz werde doch in manchen Vororten gar nicht angewandt.
"Wenn die Polizei dort kontrolliert, dann riskiert sie, dass sich 40 Typen auf sie stürzen, dann gibt es Krawall. Dieses Gesetz muss verschärft werden."
Voll verschleierte Frauen künftig härter bestrafen will nicht nur der rechtsextreme Front National, sondern auch die rechts-bürgerliche Opposition. Die ist zwar erleichtert, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das französische Vermummungsverbot für rechtens erklärt hat, sie will nun aber gegen einen wohlhabenden, aus Algerien stammenden Geschäftsmann vorgehen, der die Bußgelder für die verschleierten Frauen übernimmt.
Erhöhungen der Bußgelder gefordert
"Das ist der Anfang vom Ende der Freiheit, wenn man friedfertigen Musliminnen ihren Schleier verbietet", klagt Rachid Nekkaz, der aus seinem Privatvermögen schon rund 1000 der sogenannten Burka-Knöllchen bezahlt haben soll. Forderungen, deshalb das Bußgeld deutlich anzuheben und Wiederholungstäter, beziehungsweise -täterinnen bis zu drei Jahre ins Gefängnis zu stecken, weist Frankreichs sozialistischer Premierminister aber zurück.
Man solle auch mit Blick auf die muslimischen Mitbürger dieses Thema nicht dazu nutzen, so Manuel Valls, die französische Gesellschaft zu spalten. Außerdem: das Verschleierungsverbot zeige doch Wirkung.
Das jedenfalls bekam eine Touristin aus den Golfstaaten zu spüren, die die Pariser Oper mitten in der Vorstellung verlassen musste. Die Sänger, die die voll verschleierte Frau im Publikum entdeckt hatten, waren erst wieder bereit weiter zu singen, nachdem die Burka-Trägerin aus dem Saal gebracht wurde.
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