Frankfurter Paulskirche

Friedenspreis an Sebastião Salgado verliehen

04:58 Minuten
Sebastião Salgado umarmt seinen Laudator Wim Wenders. Daneben stehen Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann und Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde Sebastião Salgado in der Frankfurter Paulskirche überreicht. © imago images / epd/ Heike Lyding
Ludger Fittkau im Gespräch mit Birgit Kolkmann · 20.10.2019
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Als erster Fotograf erhielt der Brasilianer Sebastião Salgado am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Laudatio verteidigte Wim Wenders Salgado gegen die Kritik, dessen Bilder ästhetisierten das Leid.
Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado ist am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden.
In seiner Dankesrede habe der durch seine sozialdokumentarischen Bilder von Armut bekannt gewordene Salgado gesagt, er wolle den Preis mit allen Menschen teilen, die vor Elend und Klimawandel auf der Flucht seien, so unser Korrespondent Ludger Fittkau.

Eine Verbeugung vor den Armen der Welt

Salgado sagte wörtlich: "Diese Männer, Frauen und Kinder gehören zu den Ärmsten der Menschheit. Sie bilden eine riesige Armee von Migranten und Verbannten, von ausgebeuteten Arbeiterinnen und Arbeitern, von Opfern von Krieg und Genozid. Es sind die Betroffenen von Hungersnöten, Dürrezeiten, Klimawandel und Abholzung. Es sind die, die durch die Gier mächtiger, habsüchtiger Männer von ihrem Land vertrieben wurden."
Heinrich Riethmüller (l-r), Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Sebastião Salgado, Fotograf, und Peter Feldmann (SPD), Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, stehen nach der Preisverleihung in der Paulskirche zusammen.
Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019 verleiht der Börsenverein an den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado. © dpa/ Andreas Arnold
Besonders hervorgehoben habe der Fotograf nordafrikanische Migranten, die Arbeiter aus Marokko, die nach Europa gehen müssten, sagte Fittkau.
"Das war auch ein klares Plädoyer, sich der Migrationsfrage als Europäer auch weiterhin zu stellen und auch mit Empathie zu stellen."

Wenders: Kritik an Salgado "absurd und unsinnig"

Die Laudatio hielt der Regisseur Wim Wenders, der Sebastiao Salgado 2014 mit "Das Salz der Erde" eine große Filmdokumentation gewidmet hatte. In seiner Rede verteidigte Wenders den 75-jährigen Salgado gegen die Kritik, er würde das Leiden mit seinen Bildern ästhetisieren und mit seinen Schwarz-Weiß-Bildern teilweise einen kolonialistischen Blick auf die Menschen entwickeln.
"Uns an der Schönheit und der Erhabenheit der Erde so teilhaben zu lassen, das kann nur einer, der vorher in ihre Abgründe geschaut hat. Der die Hölle und das Fegefeuer durchquert und der dem Horror selbst ins Auge geschaut hat, zu dem Menschen fähig sind", betonte Wenders.
"Nur einer, der so mit anderen gelitten hat, der zu den Machtlosen, den Unterdrückten, Hungernden und Fliehenden gegangen ist, sie begleitet hat, mitgegangen ist, ihnen Zeit geschenkt hat, ihnen zugehört und ihnen so eine Stimme gegeben hat als ihr Botschafter, der sie auch mitunter überhöht hat – nicht, damit ihr Leid schöner aussieht, wie manchmal der absurde und unsinnige Vorwurf lautet, sondern um ihnen gerade im Leid Achtung zu zeigen."

Die Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist mit 25.000 Euro dotiert und wird seit 1950 vergeben. Mit ihm wird eine Person aus Literatur, Wissenschaft und Kunst geehrt, die in hervorragendem Maß "zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat". Es ist das erste Mal in der Geschichte des Preises, dass ein Fotograf ausgezeichnet wird.

(uko)
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