Jüdisches Museum feiert Richtfest
Am nördlichen Mainufer entsteht derzeit der Neubau des Frankfurter Jüdischen Museums. Im kommenden Jahr soll die erste Wechselausstellung eröffnet werden. Beim Richtfest wurde die Zukunft eines glanzvollen Kulturorts beschworen.
Der Zimmermann steht auf der Plattform des Krans, an dem der Richtkranz mit den blau-weißen Bändern hängt. Von dort aus kann er mit kräftiger Stimme die gut 200 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, Kommunalpolitiker sowie hessische Landespolitiker begrüßen, die zum Richtfest des Neubaus des Jüdischen Museums in Frankfurt am Main gekommen sind:
"Denn ein neues Museumsgebäude ich seh,
der Entwurf wahrlich eine herausragende Idee,
etwas ganz Besonderes, das zu bauen,
da braucht´s auch etwas Selbstvertrauen."
der Entwurf wahrlich eine herausragende Idee,
etwas ganz Besonderes, das zu bauen,
da braucht´s auch etwas Selbstvertrauen."
An diesem architektonischen Selbstvertrauen fehlt es der Bauherrin, der Stadt Frankfurt am Main, in der Tat nicht. Der mehrstöckige, schräge Beton-Neubau des Jüdischen Museums ist quasi im Hinterhof des Wohnhauses der Frankfurter Bankiersfamilie Rothschild am nördlichen Mainufer entstanden. Die alte Villa wird mit dem Neubau über- und unterirdisch durch Quergebäude verbunden, die für Wechselausstellungen eingerichtet werden.
Museumschefin Mirjam Wenzel erläuterte bei der Begehung des Neubaus während des Richtfestes die geplante Nutzung der zusätzlichen Fläche von rund 3500 Quadratmetern:
"Wir stehen hier gerade im Veranstaltungsraum, der sich eben öffnet zum ersten Foyer. Hier wird auch der Flügel stehen aus der Familie Rothschild, den wir mit Spendengeldern erwerben können. Dann kommen sie in das erste Foyer, das öffnet sich hinten über das Atrium zum zweiten Foyer. Dort befindet sich ein Museumsshop, eine Garderobe, der Übergang zu den Ausstellungsräumlichkeiten. Die großen Wechselausstellungs-Räumlichkeiten sind hier im Keller, auf 600 Quadratmetern, drei verschiedene Räume. Über uns befindet sich die Bibliothek mit einem großen Fenster. Und in dieser Bibliothek werden wir das Familie Frank-Zentrum zugänglich machen. Und wir werden aber auch den ganzen Bereich der Kinder- und Jugendliteratur ausbauen."
Ausstellungskonzept in 15 Kapiteln
Die in Frankfurt geborene Anne Frank wird mit ihrer Familie einen Platz finden im Ausstellungskonzept, das in 15 Kapitel gegliedert ist – auch um andere jüdische Frankfurterinnen und Frankfurter aus verschiedenen Jahrhunderten wird es dort gehen. Oberbürgermeister Peter Feldmann zählte bei seiner Ansprache einige auf:
"Luise und Mayer Carl von Rothschild, Georg und Franziska Speyer, Henry und Emma Budge, Charles Hallgarten, Wilhelm Merton, Ludwig Börne, Leopold Sonnemann, Bertha Pappenheim, Henriette Fürth, Paul Ehrlich und natürlich Max Horkheimer."
Biografien sind wichtig – aber es wird im erweiterten Jüdischen Museum am Mainufer auch Platz bleiben für eine der größten Judaica-Sammlungen hierzulande. Der Neubau soll genauso wie der neu geschaffene Innenhof mit Kunst und Museumscafé die Öffnung des Museums zur Stadt tagtäglich widerspiegeln, wenn er 2019 eröffnet wird. Das wünscht sich Museumsleiterin Mirjam Wenzel:
"Der Neubau ist insbesondere in diesem Atrium, wo ja das Licht von oben reinscheint, in diesem Offenen, was er hat, steht er dafür, was mir an Museumsarbeit auch vorschwebt: Ich mache hier eine Museumsarbeit, die hineinführt in die Stadt Frankfurt, die offen ist und vielfältig und verschiedene Besuchergruppen ansprechen will. Und das wird in diesem Bau besonders möglich."
Wechselausstellung über "Displaced Persons"
Die erste Wechselausstellung in den unterirdischen Räumen des Neubaubereichs wird sich 2019 mit jüdischen "Displaced Person" und ihrem Einfluss auf die unmittelbare Nachkriegskultur und Politik beschäftigen. Salomon Korn, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main kam selbst nach dem Krieg als "Displaced Person" ins DP-Lager Frankfurt-Zeilsheim, berichtete er beim Richtfest:
"Ich bin Displaced Person und ich spreche sozusagen in eigener Sache, wenn ich jetzt sage: Das ist ein wichtiger Aspekt, weil die Displaced Person eigentlich gar nicht in Frankfurt und in Hessen und in Deutschland bleiben wollten. Wir wollten ja weg, wir lebten ja wirklich nur noch mit gepackten Koffern. Und dass diese Koffer 1986 bei der Eröffnung des jüdischen Gemeindezentrums Frankfurt ausgepackt wurden und Frankfurt also nicht mehr ein Ort war, an dem man in provisorischen Zelten lebte, das ist ein Glücksfall, den wir Ignaz Bubis zu verdanken haben. Und deswegen war es auch wichtig, seinen Namen heute hier zu benennen."
Ignaz Bubis war in einer der Reden zuvor explizit hervorgehoben worden. Bubis ist der vor knapp zwanzig Jahren in Frankfurt am Main verstorbene ehemalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland. Im Sommer 2019 soll der neue Museumskomplex am Mainufer eröffnet werden. Schon das Richtfest machte deutlich: Vor allem der Neubau wird Frankfurt einen glanzvollen Kulturort in zentraler Lage bieten. Das neue Jüdische Museum wird die Stadt schmücken und die Bürgerinnen und Bürger werden vermutlich nicht zögern, es begeistert anzunehmen.