Frank Richter, Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche

"Extremisten mögen keine Brückenbauer"

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Frank Richter vor der Frauenkirche in Dresden © Ronald Bonss
Moderation: Katrin Heise · 19.06.2017
Der politische Dialog zwischen verfeindeten Lagern war Frank Richter als Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung lange Zeit Herzenssache. Jetzt will er auch als Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche in Dresden Werte vermitteln und Kompromisse finden.
"Extremisten mögen keine Brückenbauer", sagt Frank Richter. Er weiß, wovon er spricht, denn Drohungen und Beleidigungen gegen ihn gehören seit Jahren zu seinem Alltag. Als Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung setzt er sich acht Jahre lang für einen Dialog zwischen den verfeindeten politischen Lagern seines Heimatlandes ein.
"Die Sachsen sind ein sehr selbstbewusstes Völkchen. Sie schauen gern auf ihre Geschichte, ihre Tradition, ihre Kunst und ihren Naturraum. Sie lassen sich schnell politisieren, die Dinge lassen sie nicht kalt. Und es wird hart gestritten in Sachsen."
Er moderiert, er diskutiert, und als er 2015 Führungspersonen der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung einen Raum für eine Pressekonferenz zur Verfügung stellt, schimpft man ihn "Pegida-Versteher". Dazu steht er, denn Verstehen heißt nicht Akzeptieren, sagt er.
"Aber Zuhören und Verstehen ist die elementare Grundlage für eine offene Gesellschaft. Ansonsten stehen wir uns permanent nur in Schützengräben gegenüber. Natürlich gibt es Grenzen des Verstehens, dort wo Menschenwürde verletzt wird, wo antisemitisch oder rassistisch argumentiert wird, müssen Grenzlinien gezogen werden."

Schon während der Wendezeit politisch aktiv

Als Vermittler hat Richter schon in der Wendezeit gewirkt. 1989 gehört der Theologe zu denen, die in Dresden gegen die Staatsmacht der DDR demonstrieren und am 8. Oktober 1989 von der Polizei eingekesselt werden.
"Die Zeit hatte etwas Überirdisches, Rauschhaftes und Ekstatisches. Held jener Tage waren Tausende von Dresdnern, die auf die Straße gingen und 'keine Gewalt' oder 'Wir sind das Volk' riefen. Das richtete sich nicht gegen jemanden, wie das der Fall ist, wenn dieser Ruf heute missbraucht wird, sondern es richtete sich an die Menschen, die sich selbst ermächtigten und selbst behaupteten."
Durch Verhandlungen verhindern Richter und ein anderer Seelsorger eine Eskalation und gründen die so genannte "Gruppe der 20". Sie ist die erste oppositionelle Gruppierung in Dresden, mit der die Staatsvertreter reden.
"Als Pfarrer und Theologe genoss man in der DDR eine gewisse Form von Narrenfreiheit. Denn für den Sozialistischen Aufbau war man ohnehin verloren. Wir konnten schon als Theologiestudenten in Erfurt fast jede westdeutsche Zeitung lesen. Wir waren auf einer kleinen, abgeschlossenen Insel."
Zuhören, Kompromisse suchen, Werte vermitteln: Aufgaben, die Richter in seinem neuen Amt als einer der Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche in Dresden offensiver als bisher wahrnehmen will.
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