Francesca Blanchards zweisprachiges Folk-Debüt

Leichtfüßige Songs über innere Zerrissenheit

Detailaufnahme eines Cellos
"Deux Visions": ein mit Streichern und Bläsern reich instrumentiertes und feinfühlig arrangiertes Album © picture alliance / dpa / Lehtikuva Nukari
Von Jutta Petermann · 07.06.2016
Das Debütalbum der französisch-amerikanischen Singer-Songwriterin Francesca Blanchard dreht sich um die innere Konfusion, in die ihre Binationalität sie stürzt. Trotz der meist schmerzlichen Themen wie Einsamkeit und Verlust ist "Deux Visions" schwebend-schön.
"Ich bin etwas verträumt, ich bin in einer mediterranen Gegend geboren, das Meer zu Füßen und dann bin ich in die USA umgezogen und musste mich an eine extrem andere Kultur gewöhnen. Ich fühle mich ein bisschen als würde ich schweben, in so einem Zwischenraum, zwischen zwei Orten."
Alles schwebt auf "Deux Visions". Francesca Blanchard fühlt sich nicht richtig verwurzelt mit ihrer binationalen Identität, mit ihrer Zweisprachigkeit. Als Jugendliche zieht die junge Frau aus dem südfranzösischen Grasse mit ihrer Familie in den nördlichen US-Bundesstaat Vermont, der für seine grünen Berglandschaften bekannt ist. Die heute 24-Jährige erdet sich in der US-amerikanischen Roots Musik, im Folk, im Sound der akustischen Gitarre, der Pedal Steel und der Slide-Gitarre. Im Klang des Gestern kann sie ihre Verlorenheit am besten ausdrücken.
"Mir wurde oft gesagt ich hätte eine alte Seele, eine frühreifen Geist, aber ich finde eben auch das in der traditionellen und einfachen Musik die Wahrheit liegt, eine tiefe Wahrheit, wie man sie in der zeitgenössischen Musik nicht findet."
Zarte Anklänge des Heute verwebt sie vereinzelt dann doch, elektronisches Flirren etwa im Stück "Mon Ange", das wohl am stärksten an so etwas wie Chanson erinnert auf diesem schwebenden, nostalgischem Album "Deux Visions". Der Titel erzählt nicht nur von den zwei Vorstellungen, die sie von sich hat. Wenn man mit den Wörtchen deux und Visions ein bisschen spielt und dem ganzen einen englischen Sound gibt, entsteht schnell auch das Wörtchen division – das für ihre innere Zweiteilung und Zerrissenheit steht.

Kristallklare und trotzdem warme Stimme

Einsamkeit, Verlust, Flucht in Fantasiewelten - meist geht es bei Francesca Blanchard, so freundlich die Lieder auch manchmal erscheinen, um Schmerzliches.
Und trotzdem wird aus der inneren Verunsicherung ein wunderschönes mit Streichern und Bläsern sehr reich instrumentiertes und extrem feinfühlig arrangiertes Album. Mit Chris Balance hat sie einen Produzenten gefunden, der eine ähnliche musikalisch Vision für dieses Album hatte wie sie. Leichtfüßig aber mit nostalgischem Grundton pendelt Francesca Blanchard zwischen ihren Vorbildern wie Eva Cassidy und Crosby, Stills, Nash and Young aber auch Edith Piaf und Francoise Hardy hin und her. Aus beiden Welten holt die Frau mit der kristallklaren und trotzdem warmen Stimme gesanglich das Beste aus sich heraus.
"Wenn man unterschiedliche Sprachen spricht, verwendet man unterschiedliche Bereiche im Mund und erreicht so andere Teile der Stimmbänder. Im Englischen kann ich viel tiefer singen und souliger und im französischen singe ich eher intim und zart."
Vor allem Francoise Hardy ist Francesca Blanchards gesangliches Vorbild.
"Ich liebe es, wie sie ihre Stimme benutzt, was sie alles aus Einfachheit herausholt, damit inspiriert sie mich, sie könnte einfach was in ein Mikro sprechen und es würde ein Song heraus kommen."