Frage des Tages

Wo ist der syrische Creative Commons-Chef Bassel Khartabil?

IS-Terroristen haben das berühmte Bauwerk gesprengt.
IS-Terroristen haben wohl auch den Triumphbogen in Palmyra gesprengt. Bassel Karthabil hat sich mit anderen für ein 3-D-Fotoprojekt über Palmyra eingesetzt. © AFP / STR
Sandra Hetzl im Gespräch mit Max Oppel · 07.10.2015
Der Syrer Bassel Karthabil hat sich unter anderem für ein Creative-Commons-Projekt über die von IS-Terroristen zerstörte Stadt Palmyra eingesetzt. Seit Kurzem ist er verschwunden. Die Übersetzerin Sandra Hetzl setzt sich mit anderen für seine Freilassung ein.
Von der antiken syrischen Stadt Palmyra ist bald nicht mehr viel übrig, wenn die IS-Terroristen sie weiter zerstören. Wissenschaftler versuchen schon seit ein paar Jahren, mit einem Creative-Commons-Projekt, die 2000 Jahre alten Prachtbauten zumindest virtuell zu erhalten. Die Idee: Mit 3-D-Fotos könnten die Bauwerke später rekonstruiert werden.
Auch Bassel Karthabil hatte sich an diesem Projekt beteiligt, der Kopf der syrischen Creative-Commons-Szene. Er wurde 2012 vom Assad-Regime verhaftet – seitdem fordert die Netz-Kampagne "FreeBassel" seine Freilassung – ohne Erfolg. Am vergangenen Samstag wurde er von Damaskus an einen unbekannten Ort verlegt.
Die Übersetzerin Sandra Hetzl kennt Einzelheiten des Falls und berichtete im Deutschlandradio Kultur vom letzten Telefonat zwischen Bassel Karthabil und dessen Frau Nora:
"Wir wissen, dass eine Streife der Militärpolizei ins Gefängnis gekommen ist und gesagt hat, dass er alle seine Sachen packen soll. Alles deutet darauf hin, dass er nach Rabun gebracht wurde, das ist ein Stadtteil von Damaskus. Dort ist so ein kleines Gefängnis, was zu einem Kriegsgericht gehört."
Vermutlich werde Bassel Karthabil jetzt noch einmal von einem Kriegsgericht verurteilt werden, sagte Hetzl. Es sei allerdings völlig unklar, welcher Gedankengang hinter dieser Maßnahme stehe.
Die Inhaftierung von Karthabil vor zwei Jahren sei mit dessen Software-Arbeit im Open-Source-Bereich zu erklären, so Hetzl:
"Er hat damit in so einem Land wie Syrien quasi Entwicklungsarbeit gemacht. Die Software-Industrie ist extrem rückständig gewesen. Legale Programme zu kaufen, war gar nicht erschwinglich für Syrer. Es gab eine riesige Piraterie-Industrie. Und da ist natürlich so ein Open-Source-Projekt total wichtig: Dass Leute Zugang zu allen Programmen bekommen."
Das hätte die Regierung natürlich gestört, meinte Hetzl:
"Weil alles außer Kontrolle gerät. Die Leute können sich selbstständig informieren und vernetzen. Und dann hat er natürlich auch seine Meinung zur Regierung getwittert und auf facebook mitgeteilt. Er war auch Teil der Protestbewegung."
Der inhaftierte syrische Creative Commons-Chef Bassel Karthabil ist verschleppt worden – es gibt eine internationale Kampagne für seine Freilassung. Infos und Links dazu gibt es auf der Webseite Archive.org und bei Facebook.
Mehr zum Thema