Frage des Tages

Den IS hacken - geht das?

Mehrere Guy-Fawkes-Masken
Guy-Fawkes-Maske © picture alliance / dpa / Ole Spata
Andreas Bogk im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 18.11.2015
Unter dem Label Anonymous sind Netzaktivisten in selbsterklärter gerechter Mission unterwegs. Ihr Kennzeichen sind die Masken des Widerstandskämpfers Guy Fawkes. Mit ihrer jüngsten Aktion sei Anonymous in die Propaganda-Falle des IS hinein gelaufen, kritisierte IT-Sicherheits-Experte Andreas Bogk.
Das jüngste Lebenszeichen von Anonymous geht Richtung IS: Man habe dem sogenannten Islamischen Staat bereits 2014 den Krieg erklärt, seitdem habe Anonymous rund 100.000 Twitter-Konten, 150 Websites und 5.900 Propaganda-Videos entfernen lassen.
Andreas Bogk, IT-Sicherheits-Experten beim Chaos Computer Club, hält die letzte Aktion von Anonymous nicht für besonders hilfreich:
"An dieser Stelle wird ein Krieg inszeniert, ein medialer Krieg. Und das ist genau das, was der IS gerne möchte. Er möchte ein Szenario herbeibeschwören, in dem sich 'der Islam' und 'der Westen' jeweils im Krieg miteinander befinden. Und Anonymous läuft hier gerade in die Propaganda-Falle hinein, diesen Krieg zu inszenieren, diesen Krieg zu unterstützen."
"Ich nenne es Propagandageplänkel"
Natürlich sei es eine gute Sache, wenn Twitter-Accounts beseitigt werden würden, meinte Bogk, gab aber zu bedenken:
"Aber man wird nie alles bekommen. Und man wird vor allem diese Terror-Organisation auch nicht an ihrem Ursprung greifen. Da stecken ja Strukturen dahinter, die in der Lage sind, über große Entfernungen hinweg Terroranschläge zu verursachen. Und da wird so ein bisschen Propagandageplänkel, so nenne ich es einmal, am Ende nicht viel ausrichten."
Angeblich hat die Terrormiliz IS bereits auf die Drohung von Anonymous geantwortet. Über einen Messenger-Dienst wurden die Anhänger aufgefordert, nicht mit Leuten zu chatten, die man nicht kenne. Wie schwer ist es eigentlich für Ermittler, den Absender ausfindig zu machen?
"Bei Twitter ist das relativ einfach, wenn man Twitter ist oder zu Twitter gehen kann. Das heißt, für Behörden wird es überhaupt kein Problem sein, irgendjemanden auf Twitter zu identifizieren. Bei Telegram ist es schon ein bisschen was anderes. Aber gerade der Gruppen-Chat bei Telegram ist nicht verschlüsselt. Wenn Nachrichten aber verschlüsselt sind, bietet Telegram keinerlei Möglichkeit zur Anonymisierung, zur Verschleierung des Absenders."
Kommunikation über die Playstation?
Gerüchte, nach denen der IS auch über Computerspiele wie etwa die Playstation von Sony kommuniziere, hält Bogk für "ziemlich weit hergeholt". Es gebe weitaus geeignetere Kommunikationsmedien, die auch eine Verschlüsselung bieten würden:
"Mir ist kein Fall bekannt, wo das tatsächlich der Fall gewesen wäre. Ich denke, das ist an den Haaren herbei gezogen."
Bogk relativierte die Bedeutung von Anonymous und verwies darauf, dass bereits verschiedene Geheimdienste und staatliche Institutionen an der Aufklärung auch der Geldquellen des IS beteiligt seien:
"Ich glaube nicht, dass so jemand wie Anonymous, also ein Zusammenschluss von free-lance-Hackern, dieselbe Wirkmächtigkeit erreichen kann wie Staaten, die zum Beispiel in der Lage sind, komplette Internetverbindungen eines Staates zu überwachen und zu filtern.
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