Fotografin und Kunsthändlerin
In ihrem Lebensrückblick lässt die Fotografin und Kunsthändlerin Marianne Feilchenfeldt Breslauer, die 2001 verstarb, alte Freunde und Kunden eindrucksvoll lebendig werden: Franz Hessel ebenso wie Marlene Dietrich, Oskar Kokoschka und Erich Maria Remarque. Das Buch erscheint anlässlich ihres 100. Geburtstags.
Sie war schon über 70 Jahre alt und eine erfolgreiche Kunsthändlerin, als ihre Arbeit aus den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wiederentdeckt und ausgestellt wurde. Die Fotografin Marianne Breslauer war da längst hinter der Kunsthändlerin Marianne Feilchenfeldt verschwunden. 1999 wurde die 90-Jährige hier in Berlin mit dem Hannah Höch Preis ausgezeichnet. Gestorben ist sie zwei Jahre später, vorher hatte sie noch ihre Erinnerungen aufgeschrieben, und die sind nun zu ihrem 100.Geburtstag am 20. November erschienen.
Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Hinter den beiden Namen verbergen sich zwei Lebensabschnitte. Anfang der 1930er-Jahre war die 1909 geborene Berlinerin eine begabte und gut beschäftigte Fotografin. Dann traf sie den Kunsthändler Walter Feilchenfeldt, ging mit ihm ins Exil und begann nach dem Tod ihres Mannes 1953 als eine der ersten Frauen einen selbstständigen Kunsthandel auf hohem Niveau zu führen. In ihren Erinnerungen blickt sie auf ein ausgefülltes Leben zurück. Sie lässt Freunde und Kunden eindrucksvoll lebendig werden: Franz Hessel ebenso wie Marlene Dietrich, Oskar Kokoschka und Erich Maria Remarque.
Sie war das, was man eine höhere Tochter nennt: Aufgewachsen in einem herrschaftlichen Haus in Berlin-Dahlem, in dem es einen "richtigen Ballsaal" gab. Dass sie trotzdem einen Beruf lernte, war für ihre Eltern selbstverständlich. Der erste Weltkrieg hatte Spuren hinterlassen, die Töchter sollten auf eigenen Beinen stehen können. Sie besucht die Lette Schule, wird Fotografin, kann bei Man Ray in Paris das Atelier benutzen und wird Fotoreporterin bei Ullstein. Ihr Vater war ein viel beschäftigter und angesehener Architekt, der Großvater der erste Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums. Eine christliche Familie mit jüdischen Wurzeln, die man nicht wichtig nahm. Dass erst Adolf Hitler sie zur "Nicht-Arierin" stempelte, das kommentiert Marianne Feilchenfeldt Breslauer, die auch nach Jahrzehnten als eingebürgerte Zürcherin darauf Wert legte, eine waschechte Berlinerin zu sein, mit einem Vers von ihrem Freund Franz Hessel:
"Wir sind die nicht-arischen Christen/ Wir sind doch auch ganz nett./ Der erste in unseren Listen/ ist Jesus von Nazareth."
Wir – und damit meint sie ihren großen Künstler-Freundes-Kreis – waren nicht politisch, und keiner konnte sich vorstellen, was passieren würde. Auch ihre Eltern musste sie mit allem Nachdruck Ende der 30er-Jahre überreden, das Land in letzter Minute zu verlassen. Da war sie mit ihrem Mann, dem bekannten Kunsthändler Walter Feilchenfeldt schon emigriert, war unentwegt im Auto durch Europa gefahren, hatte in Amsterdam gelebt und sich schließlich in der Schweiz niedergelassen. Überall hatte sie Freunde, die in ihren Erinnerungen nicht allein als bedeutende Künstler beschrieben werden, sondern als liebenswürdige Menschen, die man nicht vergisst: unter ihnen Annemarie Schwarzenbach und Ernst Bloch, Erika Mann und Oskar Kokoschka. Marianne Breslauer Feilchenfeldt erzählt anschaulich und faszinierend, sie kann mit wenigen Sätzen komplizierte Kunsthandelgeschäfte erklären, sie lässt Menschen und ihre Biografien ebenso lebendig werden wie die vergangene Atmosphäre von Städten – und nicht zuletzt beschwört sie immer wieder und nachdrücklich die Bilder, denen ihre ganze Liebe galt.
Besprochen von Manuela Reichart
Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Bilder meines Lebens, Erinnerungen
Nimbus Verlag/ Wädenswil 2009
232 Seiten , 26 Euro
Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Hinter den beiden Namen verbergen sich zwei Lebensabschnitte. Anfang der 1930er-Jahre war die 1909 geborene Berlinerin eine begabte und gut beschäftigte Fotografin. Dann traf sie den Kunsthändler Walter Feilchenfeldt, ging mit ihm ins Exil und begann nach dem Tod ihres Mannes 1953 als eine der ersten Frauen einen selbstständigen Kunsthandel auf hohem Niveau zu führen. In ihren Erinnerungen blickt sie auf ein ausgefülltes Leben zurück. Sie lässt Freunde und Kunden eindrucksvoll lebendig werden: Franz Hessel ebenso wie Marlene Dietrich, Oskar Kokoschka und Erich Maria Remarque.
Sie war das, was man eine höhere Tochter nennt: Aufgewachsen in einem herrschaftlichen Haus in Berlin-Dahlem, in dem es einen "richtigen Ballsaal" gab. Dass sie trotzdem einen Beruf lernte, war für ihre Eltern selbstverständlich. Der erste Weltkrieg hatte Spuren hinterlassen, die Töchter sollten auf eigenen Beinen stehen können. Sie besucht die Lette Schule, wird Fotografin, kann bei Man Ray in Paris das Atelier benutzen und wird Fotoreporterin bei Ullstein. Ihr Vater war ein viel beschäftigter und angesehener Architekt, der Großvater der erste Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums. Eine christliche Familie mit jüdischen Wurzeln, die man nicht wichtig nahm. Dass erst Adolf Hitler sie zur "Nicht-Arierin" stempelte, das kommentiert Marianne Feilchenfeldt Breslauer, die auch nach Jahrzehnten als eingebürgerte Zürcherin darauf Wert legte, eine waschechte Berlinerin zu sein, mit einem Vers von ihrem Freund Franz Hessel:
"Wir sind die nicht-arischen Christen/ Wir sind doch auch ganz nett./ Der erste in unseren Listen/ ist Jesus von Nazareth."
Wir – und damit meint sie ihren großen Künstler-Freundes-Kreis – waren nicht politisch, und keiner konnte sich vorstellen, was passieren würde. Auch ihre Eltern musste sie mit allem Nachdruck Ende der 30er-Jahre überreden, das Land in letzter Minute zu verlassen. Da war sie mit ihrem Mann, dem bekannten Kunsthändler Walter Feilchenfeldt schon emigriert, war unentwegt im Auto durch Europa gefahren, hatte in Amsterdam gelebt und sich schließlich in der Schweiz niedergelassen. Überall hatte sie Freunde, die in ihren Erinnerungen nicht allein als bedeutende Künstler beschrieben werden, sondern als liebenswürdige Menschen, die man nicht vergisst: unter ihnen Annemarie Schwarzenbach und Ernst Bloch, Erika Mann und Oskar Kokoschka. Marianne Breslauer Feilchenfeldt erzählt anschaulich und faszinierend, sie kann mit wenigen Sätzen komplizierte Kunsthandelgeschäfte erklären, sie lässt Menschen und ihre Biografien ebenso lebendig werden wie die vergangene Atmosphäre von Städten – und nicht zuletzt beschwört sie immer wieder und nachdrücklich die Bilder, denen ihre ganze Liebe galt.
Besprochen von Manuela Reichart
Marianne Feilchenfeldt Breslauer: Bilder meines Lebens, Erinnerungen
Nimbus Verlag/ Wädenswil 2009
232 Seiten , 26 Euro