Fotografen von A bis Z

Von Ulrike Gondorf · 28.09.2013
Ab 2014 ist Schluss für das Düsseldorfer NRW-Forum - das Haus erhält dann keine Förderung mehr. Die Kulturmanager Werner Lippert und Petra Wenzel verabschieden sich mit einer Fotoausstellung, die auf Erreichtes zurückblickt und Lücken der bisherigen Programme schließt.
Eindeutig, das ist die Tonlage des Abschieds: "Fotografen, die wir gezeigt haben, und die, die wir immer schon gern gezeigt hätten". In verschnörkelter Schreibschrift prangt dieser Titel auf den Plakaten und auf dem Katalogbuch, das aufgemacht ist wie ein nostalgisches Fotoalbum in geprägtem schwarzen Kunstleder mit Goldaufdruck. Im Inneren des NRW-Forums aber ist es so hell und sachlich wie immer. Von A bis Z wird die Fotoszene der letzten Jahrzehnte abgeschritten, von A wie dem Japaner Araki bis Z – für diesen Buchstaben steht eine Wand mit Zeitschriften-Covern. Die fassen im Schnelldurchlauf Trends zusammen, die unsere Sehgewohnheiten prägen.

Lippert: "Wir haben uns hingesetzt und überlegt: Was fehlt uns in unseren 15 Jahren NRW-Forum. Das war eine endlose Liste, und um uns selber zu disziplinieren, haben wir das Alphabet genommen, das führt zur Begrenzung auf 24 Fotografen."

Darunter sind ganz große Namen, die in dieser Ausstellung noch in buchstäblich letzter Minute den Weg ins NRW-Forum finden: Jeff Wall mit drei Leuchtkästen, in denen Abfall am Straßenrand zu altmeisterlich komponierten Stillleben veredelt wird; Candida Höfer, die den Werken des Minimalisten On Kawara in die Wohnungen seiner Sammler gefolgt ist und die leeren schwarzen Tafeln, auf denen nichts ist als die Angabe eines Datums, in den denkbar unterschiedlichsten Interieurs abgelichtet hat. Oder eine frühe Porträtreihe von Thomas Ruff, der seine Modelle in scheinbar automatenhafter Neutralität aufnimmt - so wie in den späteren großformatigen Serien, die in vielen Museen hängen.

Viel Prominenz auch bei den Künstlern, die zum Kehraus noch einmal ins NRW-Forum zurückkehren: Robert Mapplethorpe mit seinen Männerakten, Wolfgang Tillmans mit abstrakten, fast malerischen Farbkompositionen, Helmut Newton - diesmal mit einer Folge von Polaroids. Kontrastreich und hochkarätig - so kann man die Schau bewerten. Sie zeigt auch noch einmal, was die hier Ausstellungen besonders ausgezeichnet hat:

"Hier hängen auch eine ganze Reihe, die großen Einfluss hatten auf die Fotografie in beiden Bereichen, künstlerische Fotografie und angewandte Fotografie."

Zwischen künstlerischer und angewandter Fotografie
Wie künstlerische Bildideen die Werbe- und Modefotografie verändern, wie andererseits Fotokünstler auf kommerzielle Trends reagieren, damit spielen, sie kritisch zur Schau stellen, das haben viele Ausstellungen im NRW-Forum immer wieder herausgearbeitet. Und dass diese beiden Bereiche auch in der Biografie der Fotografen gar nicht zu trennen sind. Werner Lippert weißt auf eine Bilderreihe hin, die er schon seit Jahren zeigen wollte:

"Das ist Nick Knight, ein Londoner Fotograf, sehr berühmt für Fashion Fotos, der eine wunderbare Serie von Herbarien fotografiert hat."

Die hauchdünnen Blüten und Blätter getrockneter Pflanzen wirken wie zarte Aquarelle, in japanischer Manier sparsam auf weißen Grund gesetzt.

"Das ist so ein Grenzbereich zwischen Foto und Grafik. Die Pflanzen sind so fragil und kleinteilig, dass man stundenlang gucken kann und nicht weiß ist es Realität, fotografiert, Zeichnung oder Grafik."

Solche anregenden Grenzgänge wird man vermissen, wenn das NRW-Forum im nächsten Jahr schließen muss. Das Kuratorenpaar Werner Lippert und Petra Wenzel hatte beschlossen, seinen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Das Land nahm diesen Zeitpunkt zum Anlass, seine Förderungszusage ebenfalls auslaufen zu lassen und diese 650.000 Euro im Zuge der versprochenen Haushaltskonsolidierung einzusparen.

Land lässt Förderungszusage von 650.000 Euro auslaufen
Dabei war das Haus denkbar preiswert und effizient - die Ausstellungsfinanzierung haben Lippert und Wenzel komplett aus Eintrittsgeldern und Sponsorenbeiträgen gedeckt. Nun gibt es Pläne, das Gebäude im Kulturzentrum Ehrenhof dem benachbarten Museum Kunst Palast zuzuschlagen, das dort seine Foto- und Videokunst zeigen möchte. Aus der Sicht dieses städtischen Hauses gewiss eine willkommene und sinnvolle Erweiterung. Aber es wird etwas fehlen: Der unkonventionelle, ohne Berührungsängste mit Lifestyle und Warenwelt umherschweifende Blick auf die Alltagskultur. Der hat dieser traditionslosen, nicht allein auf öffentliche Subvention gegründeten und daher von vielen Rücksichten unabhängigeren Institution ihr eigenständiges Profil gegeben.

"Das hat uns ein vielschichtiges Publikum beschert, und das macht für das Publikum den Spaß am NRW-Forum, dass man da Modedesigner trifft und Comiczeichner und Werbeleute und Fotografen und Kunstinteressierte."