Fotoausstellung zur US-Umweltpolitik

Trumps Krieg gegen die Natur

05:48 Minuten
Eine 16-jährige Bewohnerin von Island View Drive wischt sich die Tränen ab, als sie das Haus ihrer Familie in Ventura, Kalifornien, sieht, das durch den Brand des Thomas-Feuers zerstört wurde.
Der Fotograf Marcus Yam hat ein erschütterndes Fotoessay über Waldbrände in Kalifornien zusammengestellt. © Marcus Yam / Los Angeles Times
Von Andreas Robertz · 24.05.2020
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Seit dem Amtsantritt Donald Trumps sind so viele Umweltregulierungen wie möglich ausgehebelt worden. Welche verheerenden Folgen das für die Natur, aber auch die Menschen hat, zeigt eine beeindruckende Online-Ausstellung.
Ein kleines Traumhaus mit verwinkelten Giebeln, einem Erker und Holzveranda im kalifornischen Ventura. Davor steht ein Auto mit leuchtenden Bremslichtern, die Vorderscheinwerfer schneiden Gassen aus Licht durch die rauchige Luft. Eine Frau packt Sachen in den Kofferraum. Hinter dem Haus Silhouetten der hohen Bäume vor einer einzigen riesigen Feuerwand.
In dem Projekt "California is Burning" hat der Fotograf Marcus Yam ein erschütterndes Fotoessay über Waldbrände in Kalifornien zusammengestellt: starke Bilder über entfesselte Naturgewalten, den Kampf der Feuerwehrmänner und -frauen, entwurzelte Menschen und den Willen, zu überleben.
"Solche Feuer gab es früher vielleicht alle 20, 30 Jahre, aber jetzt haben wir sie jedes Jahr. Einer unserer Pädagogen hier musste zurück nach Kalifornien, weil seine Familie ihr Land verkauft. Man kann da nicht mehr leben, es ist unbewohnbar geworden", sagt Michael Kamber, Direktor des Bronx Documentary Center in New York.

Die "Krebsallee" am Mississippi

Entlang des Mississippi nördlich von New Orleans in Louisiana ist ein 150 Kilometer langer Streifen Land, der nach dem Bürgerkrieg ehemaligen Sklaven zugeteilt wurde.
Heute befindet sich in diesem Korridor das Zentrum der petrochemischen Schwerindustrie der Vereinigten Staaten. Seit die Trump-Regierung Umweltregulierungen der Obama-Ära abgebaut hat, sterben dort ganze Ortschaften an chemischer Vergiftung und Krebs.
In dem Projekt "Cancer Alley" – Krebsallee - hat die Fotografin Stacey Kranitz eine kleine afroamerikanische Gemeinde begleitet, die durch die massive Umweltverschmutzung völlig zerstört wird. Dazu der Kurator der Ausstellung:
"Ich glaube, wenn wir an Vertreibung denken, dann findet das in der Zukunft statt, aber es passiert jetzt. Man kann heute nach Louisiana fahren und Familien sehen, die aus ihren sterbenden Ortschaften fliehen, weil alles chemisch kontaminiert ist."

Vertreibungen in Alaska und Florida

Neben Kalifornien und Louisiana handeln die packenden Fotoessays der Ausstellung von Vertreibungen in Alaska und Florida und dem Wettlauf um Bodenschätze am Polarkreis. Es zieht sich durch alle fünf Projekte, wie das Land, das Jahrhunderte lang bewohnt und kultiviert wurde, mehr und mehr zerstört wird.
"Es gibt jede Menge starkes internationales Material, aber wir wollten uns wirklich auf die USA konzentrieren und auf die dramatischen Änderungen beim Umweltschutz hier", erklärt Kamber.

Rücksichtslose Wirtschaftspolitik

Natürlich ist für den Kurator die Trump-Regierung nicht Schuld an der Klimakrise, aber ihre rücksichtslose Wirtschaftspolitik macht den bereits vorhandenen Schaden unumkehrbar:
"Er hat Hunderte von Regulierungen aufgehoben, alles, was die Umwelt schützt, im Namen der Wirtschaft und der großen Konzerne. Er hat Lobbyisten der Öl- und Kohleindustrie an die Spitze der Umweltschutzbehörden, des Grundflächenamtes und des Innenministeriums gestellt, also Leute, die für die größten Umweltsünder arbeiten."

Systematischer Abbau von Umweltschutz

Im Zentrum dieser engagierten und gut gemachten Online-Ausstellung steht eine grafische 3-D-Zeitlinie der bisherigen Regierungszeit Donald Trumps mit vielen gut recherchierten Zeitdokumenten. Sie machen deutlich, in was für einer Schnelligkeit und Entschlossenheit der Abbau des amerikanischen Umweltschutzes betrieben wurde.
Vier Jungen überqueren einen überfluteten Gehweg in Newtok, Alaska.
Katie Orlinsky hat das allmähliche Versinken eines Yupik-Dorfs in Alaska dokumentiert. Der dortige Permafrostboden taut immer weiter auf.© Katie Orlinsky
Ob Tierschutz, Fangquoten, Emissionen, Förderkapazitäten, Umweltschutz, Gewässerschutz, Schürfrechte in Naturparks, Baugenehmigungen von Pipelines oder die Versteigerung öffentlichen Landes – überall wurde der Schutz systematisch abgebaut.

"Beispielloser Angriff auf unsere Umwelt"

Der letzte Eintrag ist vom 14. Mai 2020: Die Umweltbehörde veröffentlicht ihre Pläne, die Begrenzung der Nutzung von Perchlorat aufzuheben, einem chemischen Salz, das nachweislich für Gehirnschäden bei Föten und Säuglingen verantwortlich ist und deswegen von Obama gegen den Widerstand der Rüstungsindustrie eingeführt wurde.
"Die Ausstellung findet zu einer absolut außergewöhnlichen Zeit statt. Ich habe über Kriege und Konflikte berichtet, aber etwas wie Covid-19 gleich hier bei mir zu Hause hat es zu meiner Lebenszeit bisher nicht gegeben. Und wenn ich mir dann noch Trumps Präsidentschaft ansehe mit seinem beispiellosen Angriff auf unsere Umwelt: Wir leben in dramatischen Zeiten und wir als Journalisten müssen das enthüllen", warnt Kamber.

Die Ausstellung "Trump Revolution: Climate Crisis" des Bronx Documentary Center ist seit Sonntag online.

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