Forscher Mojib Latif zur Hitzewelle

Klimawandel verhindern - durch mehr Druck von unten

05:48 Minuten
Ein Brückenbogen der Augustusbrücke überspannt das ausgetrocknete Flussbett am Ufer der Elbe vor der Kulisse der Altstadt in Dresden, aufgenommen am 25.06.2019.
Ausgetrocknetes Elbe-Flussbett – Deutschland kämpft mit Temperaturen bis an die 40-Grad-Marke. © picture alliance/Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/ZB
Mojib Latif im Gespräch mit Nicole Dittmer · 25.06.2019
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Die heißen Tage häufen sich. Daran lässt sich der Klimawandel festmachen, meint Klimaforscher Mojib Latif. Er warnt, viele Regionen der Erde könnten unbewohnbar werden. Um das zu verhindern, müsse die Bevölkerung mehr der Druck auf die Politik ausüben.
Hoch "Ulla" und ein ausgeprägtes Höhenhoch über Mitteleuropa bringen Deutschland immer mehr ins Schwitzen: Die Hitze erreicht am Mittwoch vielerorts ihren Höhepunkt – mit Temperaturen bis an die 40-Grad-Marke. Ist das menschengemacht, ein untrügliches Zeichen des Klimawandels?
Lang anhaltende Wetterlagen wie die aktuelle könnten solche Hitzewellen befördern. "Aber unsere Datenlage ist nicht gut genug, um das wirklich heute schon dem Menschen zuzuordnen", sagt der Klimaforscher Mojib Latif von der Universität Kiel.
Bei den Temperaturen sei das jedoch der Fall. "Woran man den Klimawandel besonders gut festmachen kann ist, dass sich in den letzten Jahrzehnten diese heißen Tage häufen, an denen die Temperatur 30 Grad übersteigt."
Mojib Latif, Klimaforscher und Vertreter von Scientists for Future, steht am 16.05.2019 vor dem Rathaus – die Bürgerinitiative "Klimanotstand Kiel" stellte hier ihre Resolution mit Forderungen für die Landeshauptstadt Kiel zur Erklärung des Klimanotstands vor. 
Mojib Latif, Klimaforscher und Vertreter von Scientists for Future© picture alliance/Carsten Rehder/dpa
Das große Problem sei dabei das Weltklima. "Wir können gerade eben mit solchen Temperaturen noch umgehen", sagt Latif, "aber wenn man sich vorstellt, in Afrika gibt es ja ohnehin schon solche hohen Temperaturen, und wenn jetzt noch mal ein paar Grad dazukommen, es ist gar nicht auszudenken, wenn das passiert. Wir haben ja auch noch den Meeresspiegelanstieg – viele Regionen der Erde werden unbewohnbar, und das würde natürlich Flüchtlingsströme biblischen Ausmaßes auslösen."

Ein Klimawandel, der nicht mehr beherrschbar sein wird

Diese Entwicklung sei noch zu stoppen, aber das würde erfordern, dass die Politik endlich das umsetze, was sie versprochen habe. "Es gibt das Pariser Klimaabkommen, das alle Länder dieser Welt unterschrieben haben, aber sobald man zu Hause ist, macht man so weiter wie bisher. Und jetzt haben wir vielleicht noch 20, 30 Jahre Zeit, den Ausstoß von Treibhausgasen weltweit massiv zu senken", mahnt der Klimaforscher. "Wenn wir das nicht schaffen, dann laufen wir eben Gefahr, einen gefährlichen Klimawandel auszulösen, der zum Teil überhaupt nicht mehr beherrschbar sein wird."
Der "Fridays-for-Future"-Bewegung misst Mojib Latif große Bedeutung zu. Es sei aber sehr wichtig, dass nicht nur die junge Generation, sondern große Teile der Bevölkerung aufstehen. Nur dann werde ein ambitionierter Klimaschutz gelingen. "Es gibt ja auch Beispiele aus der Vergangenheit – nehmen Sie die deutsche Wiedervereinigung, das haben ja nicht die vier Mächte gemacht, nehmen Sie den Atomausstieg, den gibt es nur, weil es eine Anti-Atombewegung gegeben hat – das heißt man darf nicht unterschätzen, was der Druck von unten bewirken kann."
(cwu)
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