Folk-Debüt der Schwedin Anna Leone

Von der Schwierigkeit, sich mitzuteilen

Die Musikerin Anna Leone
Die schwedische Musikerin Anna Leone © Believe Digital
Anna Leone im Gespräch mit Dirk Schneider · 11.04.2018
Sie beschreibt sich selbst als eine eher verschlossenen Person. Aber durch die Musik hat auch die Schwedin Anna Leone einen Weg gefunden, sich mitzuteilen. Ihre erste EP "Wandered Away" ist eine Mischung zwischen Folk und Marvel Comics.
Dirk Schneider: Sie sind jung, der Begriff Einsamkeit ist Ihnen vertraut, und es sieht danach aus, dass Sie in der Musik den Halt gefunden haben, den die Welt Ihnen nicht geben konnte – kann man das so sagen?
Anne Leone: Ja, das Songwriting war für mich ein Weg, meinen Gefühlen eine Form zu geben. Meine Songs sind für mich eine Art Tagebuch. Sie haben mir auf jeden Fall geholfen, mich selbst besser zu verstehen.
Schneider: Und das war ein Projekt, das Sie ganz alleine verfolgt haben, Sie haben ja keine Band, richtig?
Leone: Ich schreibe alle meine Songs selbst, und das ist wirklich ein einsamer Prozess, ich sitze mit meiner Gitarre alleine zu Hause. Aber für die Aufnahmen an der EP hatte ich tolle Musiker an meiner Seite, einen Pianisten und einen Bassisten.

"Ich habe immer Leute wie Bob Dylan bewundert"

Schneider: Hatten Sie jemals den Traum, in einer Band zu spielen?
Leone: Es war eher mein Traum, ein Singer-Songwriter zu sein und alleine zu arbeiten. Ich habe immer Leute wie Bob Dylan bewundert, die ihr Songwriting als persönlichen Ausdruck nutzen. Aber seit ich öfters auf Tour bin, weiß ich die Unterstützung einer Band sehr zu schätzen.
Schneider: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihre Gedanken in Songs zu fassen?
Leone: Es war ganz und gar nicht normal für mich, überhaupt Dinge anderen mitzuteilen. Insofern war das Songwriting für mich ein Vehikel, Dinge auszudrücken. Angefangen habe ich ja tatsächlich mit Tagebucheinträgen. Ich habe damals schon viel Gitarre gespielt, aber keine eigenen Songs. Und irgendwann wurden die Sätze aus meinem Tagebuch zu Songs, zu etwas Größerem.
Schneider: Sie sagen, für Sie war es nicht normal, Dinge mit anderen zu teilen. Hatte das auch etwas mit Ihren Lebensumständen zu tun?
Leone: Nein, ich bin einfach nur eine sehr verschlossene Person. Und es hat mir Angst gemacht, meine Gefühle mit anderen zu teilen. Und es hat sich auch zuerst nicht gut angefühlt, anderen meine Songs vorzuspielen. Aber ich habe mich daran gewöhnt.
Schneider: Ihre Debüt-EP wurde von Bryan Wilson produziert, natürlich bitte nicht zu verwechseln mit dem Mastermind der Beach Boys – Bryan Wilson arbeitet als Produzent unter anderem für Florence & The Machine und Lianna La Havas. Wie sind Sie zusammen gekommen?
Leone: Mein Manager hat uns zusammen gebracht. Wir haben zusammen im Studio experimentiert, mit zwei Songs, und dann wurde die ganze EP daraus.
Schneider: Ihre Musik hat etwas sehr Fragiles, Intimes, und sie funktioniert auch gut ohne weitere Zutaten außer der Gitarre und Ihrer Stimme. Die Produktion von Bryan Wilson wirkt auch nur wie eine zarte Kolorierung mit Aquarellfarben. Haben Sie auch das Gefühl, dass er sehr behutsam mit ihrer Musik umgegangen ist?
Leone: Ja, auf jeden Fall. Ich liebe die Welt, die er um die Songs herum erschaffen hat. Diese Songs bestehen ja eigentlich wirklich nur aus Gitarre und Stimme. Und er hat wirklich eine gute Umgebung für meine Melodien gefunden. Er ist sehr gut darin, aus kleinen Teilen etwas Ganzes zu erschaffen.

"Ich versuche immer noch, meinen Weg zu finden"

Schneider: Sie werden dieses Jahr 24 Jahre alt, da hat man ja vielleicht die schwierigste Phase des Lebens schon überstanden, diese Zeit, in der man nicht weiß, wer man ist, und wo die Reise hingeht. Also: Haben Sie das rettende Ufer schon erreicht?
Leone: Nein! Ich versuche immer noch, meinen Weg zu finden. Ich habe noch viel zu lernen und stehe wirklich noch am Anfang. Das Chaos habe ich noch lange nicht hinter mir gelassen.
Schneider: Die alte Frage: Glauben Sie, dass Musik einen retten kann?
Leone: Ja, das glaube ich. Es gibt viel Musik auf der Welt, die die Menschen wirklich tief berühren kann. Und ich bekomme auch manchmal Briefe, in denen Menschen mir schreiben, dass die Musik etwas Heilendes für sie hatte. Es ist gut, festzustellen, dass ich mit meiner Musik Menschen erreiche. Ich habe ihn, wie die anderen Songs auch, zu Hause geschrieben. Und es geht darum, worüber wir auch gesprochen haben, dass es manchmal schwer ist, sich anderen Menschen mitzuteilen.
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