Folge 37

Draußen vor der Tür: Theater als Open-Air-Spektakel

52:12 Minuten
Illustration/Visualisierung der Open Air Bühne von raumlaborberlin. Sommerbau. Details/Formen der Außengestaltung ändern sich vorraussichtlich noch.
Ein Comeback für Shakespeare's Globe Theatre? Der "Sommerbau" von raumlaborberlin. © raumlaborberlin
Von Susanne Burkhard und Elena Philipp · 08.06.2021
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Hupen, Wind, Regen: Open-Air-Theater muss mit seiner Umgebung klarkommen. Was heißt das für Schauspieler und Bühnenarrangements? Wir sprechen mit Schauspielerin Regine Zimmermann und Architekt Benjamin Foerster-Baldenius.
Alles muss raus! Theater, das bedeutet in diesem Sommer vor allem draußen spielen: Vor dem Schloss, vor dem Dom, auf dem See oder den eigens errichteten Open-Air-Bühnen von Stadt- und Staatstheatern. Corona-sicher, allerdings nur bedingt wettergeschützt, begegnen die Schauspieler und Schauspielerinnen ihrem Publikum jetzt an der frischen Luft.

Neue Mitspieler: Hupen, Klingeln, Wind und Regen

Wie verändert sich das Spiel, wenn man auf der Bühne gegen alltägliche Hintergrundgeräusche wie Hupen, Klingeln, Wind und Regen ansprechen muss? Und welche Bauformen, welche öffentlichen Räume taugen für Theater unter freiem Himmel? Darüber sprechen wir mit der Schauspielerin Regine Zimmermann und dem Architekten und Raumforscher Benjamin Foerster-Baldenius.
Regine Zimmermann bei einer Probe des Theaterstücks 'Tartuffe oder Das Schwein der Weisen' Open Air auf dem Vorplatz des Deutschen Theaters. Berlin, 17.05.2021
Regine Zimmermann in "Tartuffe oder Das Schwein der Weisen"' in Berlin, Open Air.© picture alliance / Geisler-Fotopress / Sebastian Gabsch

Remmidemmi gehört dazu

Zum Beispiel die Bühne: Welche Ideen gibt es denn schon für Theaterbauten im Freien? Shakespeares kreisrundes, oben offenes Globe Theatre ist das Modell, das den "Sommerbau" von raumlaborberlin inspiriert hat. In Frankfurt am Main soll diese temporäre Bühne für das freie Produktionshaus Mousonturm entstehen. Die Architektinnen und Architekten vom raumlaborberlin kennen sich aus mit dem Thema "Draußen"; sie waren auch für die Bespielung des Vorplatzes der Bochumer Jahrhunderthalle oder des ehemaligen Flughafens Tempelhof verantwortlich. Neue Aufgabe also jetzt: Nachdenken – nicht nur bei uns im Theaterpodcast – über pandemiegerechte, künstlerisch anspruchsvolle Theaterarchitektur.
Nachdenken aber auch über das, was ankommt: Mit seiner Theatergruppe tourte Benjamin Foerster-Baldenius in den 90er-Jahren mit dem Lastwagen durch Brandenburg und Polen und hat erlebt, was draußen funktioniert: "Da musste immer eine Band mit dabei sein. Remmidemmi gehört schon mit dazu, damit man überhaupt die Konzentration der Zuschauer halten kann."

Notlösung oder Zukunftsmodell?

Gespannt schauen wir im Theaterpodcast schließlich jetzt schon in die Zukunft: Ist Open Air-Theater nur eine Saison-Erscheinung? Oder vielleicht sogar eine Zukunftsmodell, um Darstellende Kunst verstärkt in den Stadtraum zu tragen?
Von der Freien Szene, die sich oftmals routiniert mit dem öffentlichen Raum verbindet, können die Stadt- und Staatstheater derzeit lernen. Öffnen sich jetzt auch die großen Häuser noch mehr ihrem Umfeld? "Ich habe insgesamt eine große Sehnsucht nach Aufbruch", sagt Regine Zimmermann, die als Ensembleschauspielerin am Deutschen Theater Berlin das Draußenspielen genießt und mit freien Gruppen neue Spielräume erkundet. Sie wünscht sich, in die Stadt hinauszugehen und mit Bewohnerinnen und Bewohnern in Kontakt zu kommen: "Ich fände es ganz toll, wenn das Theater sich in viele Richtungen öffnen würde."

Hinter dem Rampenlicht

Von der Freude am Proben erzählt in der Rubrik "Hinter dem Rampenlicht" die Souffleurin Barbara Poblenz vom Theater Bremen. "Hauptsache Kunst", sagt sie, auch wenn manche Inszenierung wegen des pandemiebedingten Premierenstaus vorerst noch im Fundus bleibt. Und sie verrät, wie das Ensemble mit einer simplen Technik versucht, am eigenen Haus Machtmissbrauch vorzubeugen.

Wer macht den Theaterpodcast?
Einmal im Monat greift der Theaterpodcast die wichtigen Debatten rund um das Theater und seine Macherinnen und Macher auf. Über die Kunst und den Betrieb, in dem immer noch zu wenig Frauen das Sagen haben, sprechen zwei Theaterredakteurinnen: Susanne Burkhardt vom Deutschlandfunk-Kultur-Theatermagazin Rang 1 und Elena Philipp vom Online-Portal nachtkritik.de.
Susanne Burkhardt studierte Kulturwissenschaft, Betriebswirtschaft und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin und in London (Middlesex University). Sie ist Diplom-Medienberaterin und begann ihre Radiokarriere als Hörspielregieassistentin beim Sender Freies Berlin (später RBB). Nach einem Volontariat beim Deutschlandradio ist sie seit 2001 Redakteurin, Autorin und Moderatorin bei Deutschlandfunk Kultur.
Elena Philipp studierte in Freiburg Politik und Soziologie, entschied sich nach einer Regiehospitanz aber für ein Studium der Theater-, Film- und Literaturwissenschaft in Berlin. Dort arbeitete sie für Tanzfestivals, war Mitgründerin eines Literaturmagazins und eines Text-Ton-Festivals und etablierte beim Literaturwettbewerb Open Mike das Livebloggen. Seit 2006 schreibt sie für Tageszeitungen und Fachmedien über Theater und Tanz. 2017 wurde sie Redakteurin beim Online-Theaterfeuilleton nachtkritik.de.

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