Folge 17

Wirtschaftswunder, Winnetou und Wurst?

28:24 Minuten
Olaf Hoerbe als Intschu-tschuna spielt während der Hauptprobe von "Winnetou " auf der Felsenbühne in Rathen, Sachsen.
Beliebtes Spektakel: die "Winnetou"-Aufführungen im sächsischen Rathen. © dpa / Matthias Rietschel
Moderation: Susanne Burkhardt und Elena Philipp · 05.09.2019
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Wie reagieren Theater auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen in Zeiten des erstarkenden Rechtspopulismus? In einer Umfrage haben 32 Theaterleiter in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen darauf geantwortet.
Ist der Ton rauer geworden? Hat sich der gesellschaftliche Diskurs durch digitale Medien und Rechtspopulismus verändert – und müssen die Theater darauf reagieren? Wie sie es mit der Haltung haben, fragte "MDR Kultur" im Mai die Theaterintendantinnen und -intendanten in Sachsen-Anhalt, Sachsen, wo eben ein neuer Landtag gewählt wurde, und Thüringen, wo Ende Oktober gewählt wird.
Worauf müssen sich Kulturinstitutionen nach den Stimmenzuwächsen für die AfD einstellen? Über die Intendantenumfrage sprechen Susanne Burkhardt und Elena Philipp im Theaterpodcast #17 mit MDR-Musiktheaterredakteurin Bettina Volksdorf.

Überwindung von gesellschaftlichen Spaltungstendenzen

Identitätsbildend kann Theater wirken, darin stimmt die Mehrheit der befragten Theaterleiter überein. Verstanden wird identitätsstiftendes Wirken aber weniger im Sinn der Förderung von Heimatliebe oder "Leitkultur", sondern als Überwindung von gesellschaftlichen Spaltungstendenzen und als Beitrag zur Persönlichkeitsbildung: "Die Befähigung zur empathischen Persönlichkeit ist Ziel der Kultur", wie es Christoph Dittrich vom Theater Chemnitz formuliert.

"Re-Nationalisierung am Theater wird es nicht geben"

Etliche Theaterleiter setzen auf den positiven Dialog und konstruktives Miteinander, um Akzeptanz zu schaffen und Abgrenzung nicht zu forcieren, so etwa Roland May vom Theater Plauen Zwickau. Andere verstehen ihren Auftrag kämpferisch: "Eine Re-Nationalisierung sowie eine mythische Überzeichnung von 'Volk' und 'Nation' wird es am Theater nicht geben", lässt Ralf-Peter Schulze vom Mittelsächsischen Theater Freiberg Döbeln in der Intendantenumfrage wissen. In Freiberg kam es bereits zu einem viel diskutierten Fall politischer Einflussnahme. "Natürlich müssen wir reagieren – sonst sind wir weg vom Fenster", sagt etwa Bettina Jahnke vom Hans Otto Theater Potsdam nach der Wahl in Brandenburg.

Die Münchner Kammerspiele sind Theater des Jahres

Mit einer Würdigung endet unser Podcast: Die Münchner Kammerspiele sind Theater des Jahres, und sie stellen mit "Dionysos Stadt" auch die Inszenierung des Jahres. Auf der Bühne stehen in Christopher Rüpings Zehn-Stunden-Antiken-Überflug zudem der Schauspieler des Jahres, Nils Kahnwald, neben der Nachwuchsschauspielerin des Jahres, Gro Swantje Kohlhof. Erfährt Intendant Matthias Lilienthal nach erheblichem Gegenwind nun Anerkennung auf ganzer Linie – oder ist das Ergebnis der Kritikerumfrage eine versöhnliche Geste angesichts seines bevorstehenden Abschieds aus München?
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