Flüchtlingskrise in Europa

"Die Grenzkontrollen sind nur eine Atempause"

Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich bei Freilassing
Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich bei Freilassing © AFP / Guenter Schiffmann
Moderation: Nicole Dittmer und Christian Rabhansl · 14.09.2015
Deutschland kontrolliert angesichts steigender Flüchtlingszahlen wieder seine Grenzen. Steht damit das Schengen-Abkommen vor dem Aus? Das fragen wir den Politikwissenschaftler und Kriminologen Andreas Pudlat.
Das Schengen-Abkommen steht für das freie Reisen in Europa. Nun ist das Prinzip in Gefahr. Immer mehr EU-Staaten kontrollieren angesichts steigender Flüchtlingszahlen wieder ihre Grenzen - darunter auch Deutschland. Steht Schengen damit vor dem Aus?
"Nein", sagt der Politikwissenschaftler und Kriminologe Andreas Pudlat. "Grenzkontrollen waren ein bewährtes Mittel, um Migration zu steuern und Kriminalität zu bekämpfen." Deswegen habe man sich bei der Abschaffung der Kontrollen bewusst dazu entschieden, dass es diese im Ausnahmefall weiter geben darf. "Bis jetzt haben wir nur eine Ausnahme. Und nicht den Versuch, die Schlagbäume wieder einzuführen."
"Ein Stück weit mehr Ordnung im großen Chaos"
Zwar seien die derzeitigen Kontrollen keine echte Lösung für die Flüchtlingskrise, sagte Pudlat im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. "Doch was wir mit den Grenzkontrollen erreichen, ist ein Stück weit mehr Ordnung im großen Chaos." Damit seien zumindest die Zuständigkeiten für Asylverfahren besser feststellbar und die Verantwortung für die Asylbewerber lasse sich klarer delegieren. "Das ist positiv, weil es Staaten entlastet. Und negativ, weil es auch bedeutet, Verantwortung an kritische Staaten abzugeben, etwa an Ungarn."
Sterben werde das Schengen-Abkommen deshalb aber noch lange nicht, so Pudlat. Dazu seien die Vorteile der Reisefreiheit zu groß . "Diese Vorteile sind ganz klar wirtschaftlicher Art. Die Staaten sparen Kosten, und die Wirtschaft wird von unnötigen Wartezeiten und Formalitäten entlastet." Daher seien die Kontrollen "nur eine Atempause". In der Flüchtlingskrise sei der Kampf gegen die Fluchtursachen letztlich entscheidend, meint der Politologe - etwa ein stärkeres Engagement gegen die Terrormiliz IS.
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