Flüchtlingskrise an der Grenze

"Nicht mehr menschenwürdig"

Flüchtlinge warten nahe Passau (Bayern) an der deutsch-österreichischen Grenze vor einem Schild mit der Aufschrift "Freistaat Bayern".
Flüchtlinge warten nahe Passau (Bayern) an der deutsch-österreichischen Grenze vor einem Schild mit der Aufschrift "Freistaat Bayern". © dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert
Theo Zellner im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese · 28.10.2015
Der Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes, Theo Zellner, zeichnet ein dramatisches Bild von der Situation an der österreichisch-deutschen Grenze: "Das kann so nicht weitergehen", sagte Theo Zellner im Gespräch.
Eine Absprache der österreichischen Behörden fände praktisch nicht statt, die Helfer in Deutschland seien komplett auf sich selbst gestellt, kritisierte Theo Zellner, Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur die Informationspolitik der österreichischen Behörden in der Flüchtlingskrise. Die einbrechende Kälte verschärfe die Situation zusätzlich. Sie sei "nicht mehr menschenwürdig".
Theo Zellner schilderte die aktuelle Situation am Grenzübergang:
"Wir warten im Augenblick auf 75 Busse, die im Raum Passau ankommen. Wir wissen noch nicht genau, wann sie kommen und wo sie genau hinkommen. Wir leben derzeit in einer völlig unkontrollierten Situation. Die Botschaft nach Berlin an die Bundesregierung ist immer dieselbe: Die Hilfsorganisationen stoßen an die Grenzen der Humanität, wenn dieser ungeregelte Zustand sich nicht schnell verbessert. Alles, was bisher angedacht ist, ist sehr langfristig, aber hier an der Grenze ist es eine unmögliche Situation. Das heißt also, im Augenblick, solange ich dagestanden bin, in der letzten halben Stunde sind auf der österreichischen Seite sieben Busse angekommen. Die Polizei wartet darauf, damit sie dann verlagert werden können. Die Kapazitäten sind eingeschränkt, das heißt also, es steht wieder eine Nacht bevor, bei der es durchaus sein kann, dass wieder einmal viele im Freien sein müssen. Das kann so nicht weitergehen. Und deshalb ist die Forderung nach einer Regulierung, auch nach einer Beschränkung, die ist schon berechtigt, denn aus der Sicht der Hilfsorganisationen werden wir mit diesen Zahlen eine Integration nicht schaffen."
Präsident des bayerischen roten Kreuzes (BRK): Theo Zellner
Präsident des bayerischen roten Kreuzes (BRK): Theo Zellner© picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Die Koordination mit den Österreichern sei "schlicht und einfach unmöglich", sagte Zellner. Es bedürfe einer besseren Absprache, und die Busse sollten gar nicht an der Grenze halten müssen und an Wiesen ausgeladen werden, sondern gleich zu warmen Hallen fahren. "Jede Stunde ist es eine humanitäre Situation, die nicht mehr tragbar ist. (...) Von Seiten Österreichs müsste ganz einfach eine andere Situation geschaffen werden."
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