Flüchtlinge und Selbstständigkeit in Deutschland

Wie ein Syrer zum Berliner Streetfood-Verkäufer wurde

Die beliebte Markthalle befindet sich in der Eisenbahnstraße.
Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg. Auch hier verkauft der Syrer Hilani Saeed sein Streetfood unter dem Namen "Bab al-Jinan". © imago stock&people
Moderation: Nana Brink · 06.09.2018
Flüchtlinge, die sich in Deutschland selbständig machen wollen, haben es nicht leicht. Der Syrer Saeed Hilani hat es geschafft – mit der Unterstützung von Daniel Schäfer, einem ehrenamtlichen Berater. Schäfer sagt, Jobcenter enthielten Gründern Informationen vor.
Saeed Hilani flüchtete vor drei Jahren aus Aleppo nach Deutschland. Sein größter Wunsch sei es gewesen, "sein Geschäft zu eröffnen und hier ein schönes Leben zu haben", sagte Hilani im Deutschlandfunk Kultur. Schnell sei ihm klar gewesen, was er anbieten möchte: Streetfood und einen Catering-Service.
Mittlerweile verkauft er mit seinem Unternehmen "Bab al-Jinan" Streetfood in Berlin an beliebten Standorten wie der Markthalle Neun und der Kulturbrauerei. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Unterstützung fand er bei der aus Frankreich stammenden Organisation Singa, die Flüchtlinge auf Arbeitssuche und Einheimische zusammenbringt. Bei Singa traf Saeed Hilani auf den ehrenamtlichen Berater Daniel Schäfer.

Hilani: "Habe gedacht, es geht schneller"

Schäfer hat Hilani vermittelt, welche Voraussetzungen ein Gewerbetreibender in Deutschland zu erfüllen hat. Das zweite wichtige Thema sei die Suche nach Fördermitteln gewesen, sowohl für die Lebenshaltungskosten als auch für die Grundausstattung des Unternehmens. Schließlich haben die beiden zusammen einen Businessplan geschrieben, mit dem sie beim Jobcenter einen Finanzierungsantrag stellen konnten. Da sich Hilani im Laufe der Zeit zwei weitere Gründungswillige angeschlossen hatten, sei das Verfahren schwieriger geworden. Denn die drei Gründer seien jeweils von verschiedenen Jobcentern betreut worden.
Am Anfang habe Hilani gedacht, die Gründung ginge schneller, aber die Bürokratie sei nun mal "ein großes Thema in Deutschland", sagte er im Interview. Die Beratung von Schäfer habe ihm sehr geholfen. In seiner Heimat Syrien reiche für die Gründung eines Gewerbes eine Registrierung beim Finanzamt, so Hilani.

Schäfer: "Mitarbeiter der Jobcenter schlecht geschult"

Eine große Hürde für Flüchtlinge auf dem Weg zur Finanzierung der Gründungsidee ist laut Schäfer der Aufenhaltstitel, der in der Regel auf drei Jahre begrenzt ist. In diesem Fall vergebe eine Bank keinen Kredit mit zehn Jahren Laufzeit – auch wenn das Konzept überzeugend sei, so Schäfer.
Glücklicherweise gebe es eine "nachrangige Stelle beim Jobcenter", wo Mittel für Finanzierungen in Höhe bis zu 20.000 Euro für Investitionen bereitgestellt werden können. Über das sogenannte Einstiegsgeld könnten außerdem Betriebsmittel für zwei Jahre zur Verfügung gestellt werden. Und auch Lebenshaltungskosten würden über ein bis drei Jahre mitfinanziert, bis das Unternehmen tragfähig sei.
Leider, sagte Schäfer, seien diese Möglichkeiten der Unterstützung durch das Jobcenter kaum bekannt. Er erlebe, dass die Mitarbeiter der Jobcenter diese Informationen nicht weitergeben – sowohl in der Beratung von Flüchtlinge als auch von Deutschen, die eine Gründung anstreben. Schäfer ist der Meinung, die Mitarbeiter seien schlecht geschult. Außerdem sei die Kultur der Unternehmsförderung und -gründung in Deutschland nicht so salonfähig wie in anderen Staaten.

Schäfer: "Arbeitsagenturen machen Angestelltenvermittlung"

Grundsätzlich kritisiert Schäfer, dass die Politik der Arbeitsagenturen vorrangig auf Angestelltenvermittlung ausgerichtet sei. Auf die Förderung der Selbständigkeit würde nur hingearbeitet, "wenn jemand 20, 30, 40 Mal vergeblich versucht hat, sich zu bewerben."
Um diese Lücke zu schließen, hat Daniel Schäfter einen eigenen Youtube-Kanal erstellt, auf dem er in zwei bis vier Videos pro Woche Tipps für Gründer gibt.
Saeed Hilani freut sich sehr darüber, dass seine traditionellen syrischen Spezialitäten auf großes Interesse stoßen. Er bietet neben Gerichten mit Fleisch auch Veganes und Vegetarisches an. Sein nächstes Ziel ist die Gründung einer GbR.
(mia)
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