Fitnesstracker

Ich messe, also renn’ ich

Ein Mann startet seinen Fitnesstracker, auf dem Display ist das Wort "Go" zu sehen.
Ein Fitnesstracker zählt jeden Schritt und rät mitunter, wann eine Pause sinnvoll ist. © Westend61/Imago
Von Bettina Ritter · 06.01.2019
Millionen Deutsche nutzen Fitnesstracker, wenn sie Gewichte stemmen oder durch den Park joggen. Jan ist einer von ihnen. Unsere Reporterin hat ihn begleitet, um zu sehen: Was bleibt von dem Gerät, wenn seine anfängliche Faszination nachlässt?
Bettina: "Wo laufen wir jetzt lang?"
Jan: "Am Ufer entlang."
Bettina: "Wie lang?"
Jan: "Zehn Einheiten à vier Minuten und 40 Sekunden und dann jeweils 'ne Pause, wo der Puls runterläuft auf 145."
Aha. Nicht einfach "geradeaus", "5 Kilometer" oder "30 Minuten". Dank der Uhr an Jan-Philipps Handgelenk weiß ich es ganz genau. Ein Druck auf das Display und das im Smartphone konfigurierte Training geht los. An Jan-Philipps Handgelenk vibriert es.

Wann Laufpause ist, entscheidet der Tracker

Jan: "Jetzt geht’s los hier mit dem Laufen. Momentan ist die Herzfrequenz bei 92. Dann gibt es einen weiteren Screen, da sehe ich meine Rundenzeit und den durchschnittlichen Pace nochmal und die Gesamtzeit, die wir unterwegs sind und wie lang ich noch in der Laufphase bin."
Bettina: "Du läufst aber schnell."
Jan: "Du läufst ja auch mit mir."
Bettina: "Wie hoch ist jetzt dein Puls? Meinen weiß ich ja nicht."
Jan: "Meiner ist jetzt bei 140."
Bettina. "Ich glaube, meiner ist auf 180."
Jan-Philipp hat den Tracker so eingestellt, dass die Pause sofort aufhört, wenn sein Puls auf unter 145 sinkt. Da ich jetzt mitlaufe, kommt sein Puls nicht über 140, deshalb gibt es keine Pause. Dafür leuchtet das Display seiner Uhr auf einmal auf.
Jan: "Da kommt gerade mein Tagesziel von 7500 Schritten – ist erreicht."
Bettina: "Auf dem Display zeigt sich ein kleiner Pokal. Du klingst nicht mehr so begeistert wie am Anfang."
Jan: "Nein? Ich mache das ja jetzt seit drei Monaten, die Dinge nutzen sich ja grundsätzlich etwas ab, das ist ja jetzt zur Normalität geworden. Aber doch, ich bin nach wie vor begeistert. Es macht einfach total Spaß, damit zu laufen und sich beweisen zu können, dass man besser wird. Das pusht und bringt mich voran."

Vom Handgelenk gelangen die Daten ins Internet

Dazu gehört auch der Vergleich mit anderen. Das GPS zeichnet die gelaufene Strecke auf, sie wird gespeichert und automatisch – so hat Jan-Philipp das eingestellt – in einem sozialen Netzwerk für Sportler online veröffentlicht. Da auch die Zeit für alle sichtbar ist, kann er in einen virtuellen Wettbewerb mit den anderen treten. Die App erstellt sogar eine Rangliste der schnellsten Läufer für die verschiedenen Abschnitte der Strecke.
Bettina: "Oh Gott, guck mal, noch 'ne Minute müssen wir eigentlich laufen."
Jan: "Ja, dann los."
Bettina: "Ich weiß ja nicht, ob ich das so motivierend fände. Setzt einen schon ein bisschen unter Druck, ne?"
Jan: "Ja? Ist die Frage, ob man dem so viel Autorität beimisst. Klar, ich bin so ein Genauigkeits-Freak und mag es, in Systemen zu denken. Aber es ist immerhin noch ne blöde Uhr, die einem erstmal nichts vorschreiben sollte. Ein Freund hat mal gesagt, er fände es total doof, nach Piep und Pups zu laufen und nach Null und Eins."

Jede runtergerannte Kalorie wird gezählt

Aber meinen Mitläufer motiviert genau das. Die Genauigkeit. Auch beim Kalorienzählen. Alle sportlichen Aktivitäten, die der Tracker aufzeichnet, rechnet die App in Kalorien um und zieht sie von dem vorher festgelegten Tages-Kalorien-Ziel ab.
Jan: "Das hat mir beim Abnehmen geholfen, ich habe ungefähr fünfeinhalb Kilo verloren, seit ich das mache, seit dreieinhalb Monaten."
Unsere Jogging-Runde ist geschafft. Die Uhr haben wir verwirrt, weil Jan-Philipp wegen mir nicht sein einprogrammiertes Tempo laufen konnte und sie zwischendurch an meinem Handgelenk war und meinen Puls gemessen hat. Zuhause zeigt uns die App in seinem Smartphone das Ergebnis.
Jan: "So, jetzt sind die Aktivitäten da."
Bettina: "Da sieht man drei Kreise, einer lila, einer grün, einer orange, da stehen Zahlen drin. Was ist das?"
Jan: "Genau. Im blauen Kreis sieht man 35 Minuten für unsere 4,88 Kilometer, die sieht man in dem orangenen Kreis und wir haben dabei 429 Kalorien verbraucht."
Der Tracker ist eine schöne Spielerei – und wenn es jemanden motiviert, regelmäßig Sport zu machen – prima! Was offen bleibt, ist die Frage, wohin die ganzen Daten gehen und was damit gemacht werden kann.
Jan-Philipp: "Jeder muss sich da selbst entscheiden, wieviel er da von sich selbst preisgeben will oder wieviel er nicht preisgibt. Ich habe diesen Kampf um meine Privacy schon längst, längst aufgegeben. Wo fängt man da an, wo hört man da auf?"
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