Finnlands Männer haben den Anschluss verpasst
Geschlechterdebatte mal anders: In Finnland sind es die Männer, die sich benachteiligt fühlen, sagt der deutsch-finnische Schriftsteller Roman Schatz. In Politik und Bildungssektor hätten inzwischen die Frauen die Nase vorn.
Susanne Führer: Finnland gilt als das Musterland der Gleichberechtigung. Finnische Frauen haben die höchste Bildung in der EU und Frauen besetzen dort 40 Prozent der Spitzenjobs in Privatunternehmen. Und die Männer, die haben es schwer – weiß Jenni Roth.
Der Beitrag von Jenni Roth über die armen finnischen Männer. Und hier im Studio begrüße ich jetzt den Schriftsteller und Journalisten Roman Schatz, der seit 25 Jahren schon in Finnland lebt. Herzlich willkommen, Herr Schatz!
Roman Schatz: Guten Tag!
Führer: Ja, es gibt also, wie wir gerade erfahren haben, einen Gleichberechtigungsverein für Männer. Allein im vergangenen Jahr hat es drei Männer-Dokumentarfilme gegeben – da scheint es ja wirklich zu rumoren in Finnland. Wie ist das, wird der Mann wirklich benachteiligt?
Schatz: Ja, ich bin selbst ja kein Holz hackender finnischer Mann und führe ein urbanes Leben – auch das gibt es in Finnland, muss man mal sagen, es sitzen nicht alle immer im Wald in der Sauna. Aber die Männer sind in letzter Zeit von den Frauen überholt worden. Wir haben eine Präsidentin, eine Ministerpräsidentin, es gibt mehr Ministerinnen als Minister, es gibt mehr Frauen mit Hochschulabschluss, mehr Frauen mit Abitur und so weiter. Vor allem auf dem Bildungssektor haben die Männer wirklich den Anschluss verpasst.
Andererseits weiß ich jetzt nicht, wie viel finnische Männer zugeben würden, dass sie darunter leiden. Mir ist zum Beispiel passiert, dass man mir gesagt hat bei einem öffentlichen Vortrag in Finnland: Gut, dass du als Deutscher dich mit unseren Frauen unterhältst, so schon intellektuell, da stehen die drauf, wir gehen solange hier fischen. Also finnische Männer leiden nicht unbedingt unter dieser Kommunikationslosigkeit, die kann auch ganz natürlich kommen. Und man kann ja auch sagen, wenn ein Mann Holz hackt, um seine Frau emotional damit zu beeindrucken, und sie das nicht versteht, dann kann das ja auch ihr Kommunikationsproblem sein und nicht unbedingt nur seins.
Führer: Aber so diese vielen Filme und diese Diskussionen zeigen ja vielleicht doch an, dass es zumindest ein Thema ist. Sie sagen, die Frauen sind dabei, sie wirtschaftlich und in den wichtigen Positionen der Gesellschaft …
Schatz: Geradezu zwanghaft, ja.
Führer: … zu überholen.
Schatz: Polarisiert in die Geschlechterfrage bis zur Lächerlichkeit manchmal, also auch Dinge, die damit gar nichts zu tun haben.
Führer: Ist denn das jetzt, diese – wenn wir es mal jetzt andersrum formulieren, nicht die schwache Position des Mannes, sondern die starke Position der Frau – ist das jetzt sozusagen ein neumodisches Produkt – in Deutschland diskutieren wir über die Quote und so weiter – oder hat das schon Tradition?
Schatz: In Deutschland müssen sich Feministinnen und Feministen ja etwas zurückerobern, was es vielleicht mal gegeben hat, eine matriarchalische Kultur, und in Finnland hat die nie aufgehört. Die traditionelle Arbeitsteilung in dem Land, wo es 200.000 Inseln und Seen gibt und minus 40 Grad hat, die hat sich einfach so entwickelt. Die Frau war Herrin über alles und zuständig für alles unter dem Dach: Kinder, Tiere, Hygiene, Männer, Geld, Haushalt – alles.
Die Männer waren zuständig für alles draußen: Fische fangen, Boote bauen, Sauna bauen, Bären erlegen und Felle besorgen. Und wenn der Mann nach Hause kam, musste er die Schuhe ausziehen und brav gehorchen, das war so organisiert. Und diese natürliche Autorität – eine Hausfrau ist in Finnland so wie damals in der DDR ein unbekanntes Konzept. Man fragt mich manchmal als Deutscher: Ist das für dich nicht schrecklich – ich komme auch noch aus Süddeutschland, Ex-Katholik, Baden-Württemberg – ist das für dich nicht schrecklich, dass du keine Hausfrau zu Hause hast? Und für mich wäre das einfach undenkbar, dass bei mir zu Hause eine Hausfrau vegetiert. Das ist so selbstverständlich.
Führer: Ja, aber ich meine, diese Arbeitsteilung, das ist ja typisch für Agrargesellschaften – die Frau umsorgt das Haus meinetwegen, der Mann geht raus –, dann könnte man ja sagen, gut, heute geht er auch arbeiten, aber die Frau eben auch offenbar.
Schatz: Finnland war bis vor 100 Jahren eine fast reine – also bevor es Nokia gab und Handys, war Finnland Holz exportierendes Land, und Teer und Eichhörnchenfelle früher zur Zeit der Hanse, das war bis vor Kurzem noch ein fast reiner Agrarstaat.
Führer: Wir haben ja gerade gehört, dass die Volksweisheit lautet, der finnische Mann spricht nicht und küsst nicht, aber damit kommt er ja nun offenbar nicht mehr weit, wie Sie richtig angemerkt haben, weil ja eben auch heute der Finne sein Geld nicht mehr mit Holzhacken verdient, sondern eben in der Stadt arbeitet, in Unternehmen arbeitet, insofern …
Schatz: Als Ingenieur, das ist der moderne Holz hackende Mann in Finnland.
Führer: Und die finnische Frau offensichtlich jetzt auch möchte, dass ihr Mann mit ihr spricht.
Schatz: Finnische Frauen, die durch Bildung, Mode und Reisen und Öffnung nach Westen, Internationalisierung natürlich schneller polyglott und kosmopolitisch geworden sind als ihre Ingenieur-Männer, die fordern jetzt plötzlich ein buntes Spektrum an Ausdruck, an Kommunikation. Es gibt einen schönen finnischen Witz: Worüber reden finnische Männer im Wald? Über Frauen, ist doch klar. Worüber reden finnische Männer mit ihren Frauen? Über den Wald. Das muss man Männern ja auch beibringen. Und wenn da eine Generation von Müttern und Ehefrauen und Schwestern versagt hat, dann: Ich sehe das gar nicht ein, dass wir uns da anschnauzen lassen müssen.
Führer: Wir haben ja gerade den Regisseur Mika Hotakainen gehört, der sagt ja: Ach, die Frauen, die lassen uns nicht ausreden und die sollten gefälligst mal zuhören. Ist das jetzt so ein Gejammere von Unterlegenen oder ist da irgendwie vielleicht auch ein Punkt.
Schatz: Wenn ein finnischer Mann vor dem Familiengericht das Sorgerecht für seine Kinder verliert, Schwierigkeiten mit dem halb abbezahlten Häuschen hat und so weiter, das kann schon hart zur Sache gehen für einen Mann. Und dass es da natürlich viele gibt, die sich dann zusammenschließen zu einem Männeremanzipationsverein, das kann ich verstehen, aber ich halte das noch nicht für eine große Bestrebung in der finnischen Gesellschaft heute, die Männerbewegung. Man kann das ja auch genießen. Stellen Sie sich mal vor, in einer patriarchalischen Gesellschaft muss ein Mann ja alle Entscheidungen hauptsächlich selber treffen, und das ist gar nicht gut für die Herzkranzgefäße. In Finnland kann man seinen Schoß in den Kopf einer gut ausgebildeten, klugen …
Führer: Umgekehrt, den Kopf in den Schoß …
Schatz: Entschuldigung, ja … legen und sich solche Sachen abnehmen lassen. Es ist ja auch vernünftig für Männer, den Frauen das zu überlassen, was sie hoffentlich sowieso besser können.
Führer: Herr Schatz, wie wir ja gerade mitbekommen: Sie können reden, Ihnen müsste es ja großartig gehen in Finnland. Also viele finnische Frauen müssen doch Ihnen, na, vielleicht nicht zu Füßen liegen, aber doch Sie als einen attraktiven Mann empfinden.
Schatz: Und das setzen Sie automatisch gleich mit, dass es mir großartig gehen muss?
Führer: Das finden Sie nicht schön, wenn die Finnen …
Schatz: Das hat ja auch Nachteile. Wenn man sich nirgends blicken lassen kann, ohne …
Führer: Wie ist es denn, sind Sie denn nun so begehrt, weil Sie reden, oder haben Sie sich jetzt der finnischen Sitte schon angepasst, verstummen Sie?
Schatz: Es liegt wohl bei mir hauptsächlich auch daran, dass ich Finnisch reden kann. Wenn jemand diese exotische Sprache richtig gut lernt, sodass er live moderieren kann, in den Medien zum Beispiel, oder Bücher schreiben kann in der Sprache, dann bewundern einen die Finnen dafür grenzenlos. Ich sag auch immer, in Deutschland gibt es Millionen von Türken, die sprechen besser Deutsch, als ich jemals Finnisch sprechen werde, die müssen sich nicht anhören: Mensch, sprichst du aber gut Deutsch die ganze Zeit. Das ist einfach normal. Als ich in Finnland ankam 1986, gab es dort 16.000 Ausländer. Da war man Exot als Deutscher, und man wurde eingeladen, beim Rundfunk zu arbeiten aufgrund der Muttersprache.
Führer: Also Sie meinen, Ihre Beliebtheit erklärt sich eher aus Ihrer Herkunft?
Schatz: Ja, ich bin der überintegrierte Ausländer, der seit zwei Jahrzehnten in den Medien herumkaspert in Finnland. Das ist das Gesamtkunstwerk Roman Schatz.
Führer: Werden wir zum Schluss noch mal kurz ernsthaft, Herr Schatz. Sie haben vorhin gesagt, die Frauen sind an den Männern vorbeigezogen, die haben mehr Schulabschlüsse, Hochschulabschlüsse et cetera. Gibt es inzwischen auch Bestrebungen sozusagen, jetzt extra Jungen zu fördern in Finnland, was ja auch in Deutschland immer wieder diskutiert wird, gerade was die Schule angeht?
Schatz: Ja, das gibt es, aber die stecken wohl noch ziemlich in den Kinderschuhen. Ein ganz großes Problem ist, dass zum Beispiel die Lehrkräfte fast ausschließlich Frauen sind. In den naturwissenschaftlichen Fächern gibt es Männer, aber sämtliche Sprachen, Geschichte, Muttersprache Finnisch und solche Sachen, das wird komplett von Frauen unterrichtet, 90 Prozent würde ich mal sagen. Und das kann man ja nicht einfach per Quote so schnell ändern.
Führer: Wir werden weiter gebannt nach Finnland gucken, wie sich die Dinge da entwickeln. Das war der Schriftsteller und Journalist Roman Schatz über finnische Frauen und Männer. Danke für Ihren Besuch, Herr Schatz!
Schatz: Danke gleichfalls!
Der Beitrag von Jenni Roth über die armen finnischen Männer. Und hier im Studio begrüße ich jetzt den Schriftsteller und Journalisten Roman Schatz, der seit 25 Jahren schon in Finnland lebt. Herzlich willkommen, Herr Schatz!
Roman Schatz: Guten Tag!
Führer: Ja, es gibt also, wie wir gerade erfahren haben, einen Gleichberechtigungsverein für Männer. Allein im vergangenen Jahr hat es drei Männer-Dokumentarfilme gegeben – da scheint es ja wirklich zu rumoren in Finnland. Wie ist das, wird der Mann wirklich benachteiligt?
Schatz: Ja, ich bin selbst ja kein Holz hackender finnischer Mann und führe ein urbanes Leben – auch das gibt es in Finnland, muss man mal sagen, es sitzen nicht alle immer im Wald in der Sauna. Aber die Männer sind in letzter Zeit von den Frauen überholt worden. Wir haben eine Präsidentin, eine Ministerpräsidentin, es gibt mehr Ministerinnen als Minister, es gibt mehr Frauen mit Hochschulabschluss, mehr Frauen mit Abitur und so weiter. Vor allem auf dem Bildungssektor haben die Männer wirklich den Anschluss verpasst.
Andererseits weiß ich jetzt nicht, wie viel finnische Männer zugeben würden, dass sie darunter leiden. Mir ist zum Beispiel passiert, dass man mir gesagt hat bei einem öffentlichen Vortrag in Finnland: Gut, dass du als Deutscher dich mit unseren Frauen unterhältst, so schon intellektuell, da stehen die drauf, wir gehen solange hier fischen. Also finnische Männer leiden nicht unbedingt unter dieser Kommunikationslosigkeit, die kann auch ganz natürlich kommen. Und man kann ja auch sagen, wenn ein Mann Holz hackt, um seine Frau emotional damit zu beeindrucken, und sie das nicht versteht, dann kann das ja auch ihr Kommunikationsproblem sein und nicht unbedingt nur seins.
Führer: Aber so diese vielen Filme und diese Diskussionen zeigen ja vielleicht doch an, dass es zumindest ein Thema ist. Sie sagen, die Frauen sind dabei, sie wirtschaftlich und in den wichtigen Positionen der Gesellschaft …
Schatz: Geradezu zwanghaft, ja.
Führer: … zu überholen.
Schatz: Polarisiert in die Geschlechterfrage bis zur Lächerlichkeit manchmal, also auch Dinge, die damit gar nichts zu tun haben.
Führer: Ist denn das jetzt, diese – wenn wir es mal jetzt andersrum formulieren, nicht die schwache Position des Mannes, sondern die starke Position der Frau – ist das jetzt sozusagen ein neumodisches Produkt – in Deutschland diskutieren wir über die Quote und so weiter – oder hat das schon Tradition?
Schatz: In Deutschland müssen sich Feministinnen und Feministen ja etwas zurückerobern, was es vielleicht mal gegeben hat, eine matriarchalische Kultur, und in Finnland hat die nie aufgehört. Die traditionelle Arbeitsteilung in dem Land, wo es 200.000 Inseln und Seen gibt und minus 40 Grad hat, die hat sich einfach so entwickelt. Die Frau war Herrin über alles und zuständig für alles unter dem Dach: Kinder, Tiere, Hygiene, Männer, Geld, Haushalt – alles.
Die Männer waren zuständig für alles draußen: Fische fangen, Boote bauen, Sauna bauen, Bären erlegen und Felle besorgen. Und wenn der Mann nach Hause kam, musste er die Schuhe ausziehen und brav gehorchen, das war so organisiert. Und diese natürliche Autorität – eine Hausfrau ist in Finnland so wie damals in der DDR ein unbekanntes Konzept. Man fragt mich manchmal als Deutscher: Ist das für dich nicht schrecklich – ich komme auch noch aus Süddeutschland, Ex-Katholik, Baden-Württemberg – ist das für dich nicht schrecklich, dass du keine Hausfrau zu Hause hast? Und für mich wäre das einfach undenkbar, dass bei mir zu Hause eine Hausfrau vegetiert. Das ist so selbstverständlich.
Führer: Ja, aber ich meine, diese Arbeitsteilung, das ist ja typisch für Agrargesellschaften – die Frau umsorgt das Haus meinetwegen, der Mann geht raus –, dann könnte man ja sagen, gut, heute geht er auch arbeiten, aber die Frau eben auch offenbar.
Schatz: Finnland war bis vor 100 Jahren eine fast reine – also bevor es Nokia gab und Handys, war Finnland Holz exportierendes Land, und Teer und Eichhörnchenfelle früher zur Zeit der Hanse, das war bis vor Kurzem noch ein fast reiner Agrarstaat.
Führer: Wir haben ja gerade gehört, dass die Volksweisheit lautet, der finnische Mann spricht nicht und küsst nicht, aber damit kommt er ja nun offenbar nicht mehr weit, wie Sie richtig angemerkt haben, weil ja eben auch heute der Finne sein Geld nicht mehr mit Holzhacken verdient, sondern eben in der Stadt arbeitet, in Unternehmen arbeitet, insofern …
Schatz: Als Ingenieur, das ist der moderne Holz hackende Mann in Finnland.
Führer: Und die finnische Frau offensichtlich jetzt auch möchte, dass ihr Mann mit ihr spricht.
Schatz: Finnische Frauen, die durch Bildung, Mode und Reisen und Öffnung nach Westen, Internationalisierung natürlich schneller polyglott und kosmopolitisch geworden sind als ihre Ingenieur-Männer, die fordern jetzt plötzlich ein buntes Spektrum an Ausdruck, an Kommunikation. Es gibt einen schönen finnischen Witz: Worüber reden finnische Männer im Wald? Über Frauen, ist doch klar. Worüber reden finnische Männer mit ihren Frauen? Über den Wald. Das muss man Männern ja auch beibringen. Und wenn da eine Generation von Müttern und Ehefrauen und Schwestern versagt hat, dann: Ich sehe das gar nicht ein, dass wir uns da anschnauzen lassen müssen.
Führer: Wir haben ja gerade den Regisseur Mika Hotakainen gehört, der sagt ja: Ach, die Frauen, die lassen uns nicht ausreden und die sollten gefälligst mal zuhören. Ist das jetzt so ein Gejammere von Unterlegenen oder ist da irgendwie vielleicht auch ein Punkt.
Schatz: Wenn ein finnischer Mann vor dem Familiengericht das Sorgerecht für seine Kinder verliert, Schwierigkeiten mit dem halb abbezahlten Häuschen hat und so weiter, das kann schon hart zur Sache gehen für einen Mann. Und dass es da natürlich viele gibt, die sich dann zusammenschließen zu einem Männeremanzipationsverein, das kann ich verstehen, aber ich halte das noch nicht für eine große Bestrebung in der finnischen Gesellschaft heute, die Männerbewegung. Man kann das ja auch genießen. Stellen Sie sich mal vor, in einer patriarchalischen Gesellschaft muss ein Mann ja alle Entscheidungen hauptsächlich selber treffen, und das ist gar nicht gut für die Herzkranzgefäße. In Finnland kann man seinen Schoß in den Kopf einer gut ausgebildeten, klugen …
Führer: Umgekehrt, den Kopf in den Schoß …
Schatz: Entschuldigung, ja … legen und sich solche Sachen abnehmen lassen. Es ist ja auch vernünftig für Männer, den Frauen das zu überlassen, was sie hoffentlich sowieso besser können.
Führer: Herr Schatz, wie wir ja gerade mitbekommen: Sie können reden, Ihnen müsste es ja großartig gehen in Finnland. Also viele finnische Frauen müssen doch Ihnen, na, vielleicht nicht zu Füßen liegen, aber doch Sie als einen attraktiven Mann empfinden.
Schatz: Und das setzen Sie automatisch gleich mit, dass es mir großartig gehen muss?
Führer: Das finden Sie nicht schön, wenn die Finnen …
Schatz: Das hat ja auch Nachteile. Wenn man sich nirgends blicken lassen kann, ohne …
Führer: Wie ist es denn, sind Sie denn nun so begehrt, weil Sie reden, oder haben Sie sich jetzt der finnischen Sitte schon angepasst, verstummen Sie?
Schatz: Es liegt wohl bei mir hauptsächlich auch daran, dass ich Finnisch reden kann. Wenn jemand diese exotische Sprache richtig gut lernt, sodass er live moderieren kann, in den Medien zum Beispiel, oder Bücher schreiben kann in der Sprache, dann bewundern einen die Finnen dafür grenzenlos. Ich sag auch immer, in Deutschland gibt es Millionen von Türken, die sprechen besser Deutsch, als ich jemals Finnisch sprechen werde, die müssen sich nicht anhören: Mensch, sprichst du aber gut Deutsch die ganze Zeit. Das ist einfach normal. Als ich in Finnland ankam 1986, gab es dort 16.000 Ausländer. Da war man Exot als Deutscher, und man wurde eingeladen, beim Rundfunk zu arbeiten aufgrund der Muttersprache.
Führer: Also Sie meinen, Ihre Beliebtheit erklärt sich eher aus Ihrer Herkunft?
Schatz: Ja, ich bin der überintegrierte Ausländer, der seit zwei Jahrzehnten in den Medien herumkaspert in Finnland. Das ist das Gesamtkunstwerk Roman Schatz.
Führer: Werden wir zum Schluss noch mal kurz ernsthaft, Herr Schatz. Sie haben vorhin gesagt, die Frauen sind an den Männern vorbeigezogen, die haben mehr Schulabschlüsse, Hochschulabschlüsse et cetera. Gibt es inzwischen auch Bestrebungen sozusagen, jetzt extra Jungen zu fördern in Finnland, was ja auch in Deutschland immer wieder diskutiert wird, gerade was die Schule angeht?
Schatz: Ja, das gibt es, aber die stecken wohl noch ziemlich in den Kinderschuhen. Ein ganz großes Problem ist, dass zum Beispiel die Lehrkräfte fast ausschließlich Frauen sind. In den naturwissenschaftlichen Fächern gibt es Männer, aber sämtliche Sprachen, Geschichte, Muttersprache Finnisch und solche Sachen, das wird komplett von Frauen unterrichtet, 90 Prozent würde ich mal sagen. Und das kann man ja nicht einfach per Quote so schnell ändern.
Führer: Wir werden weiter gebannt nach Finnland gucken, wie sich die Dinge da entwickeln. Das war der Schriftsteller und Journalist Roman Schatz über finnische Frauen und Männer. Danke für Ihren Besuch, Herr Schatz!
Schatz: Danke gleichfalls!