Fink: "Bloom Innocent"

Klanglandschaften statt Popsongs

06:17 Minuten
Fink performt mit einer Gitarre in der Hand.
Fink bei einem Konzert im Rahmen des Reeperbahnfestivals 2017. © Picture Alliance / Jazz Archiv / Michi Reimers
Von Kerstin Poppendieck · 24.10.2019
Audio herunterladen
Fink häutet sich immer wieder. Der britische Musiker begann als Techno-DJ und macht inzwischen so viel, dass er nach dem richtigen Wort für sein Tun sucht. "Bloom Innocent" ist ein zutiefst persönliches Album, in dem manch ein Lied kaum Worte braucht.
Der Geruch. Das ist das Erste, was auffällt, wenn man Finks Studio in Berlin betritt. Die Räucherstäbchen erinnern an Urlaub in Indien, Hippieläden und ein bisschen auch an Kirchen.
"Ich liebe Gerüche. Der Geruchssinn ist bei uns Menschen der am meisten unterschätzte", sagt der Musiker. "Jeden Morgen, wenn ich hier ins Studio komme, schalte ich als Erstes alle Geräte an, und danach zünde ich Duftstäbchen an. Das erzeugt eine besondere Atmosphäre. Mittlerweile ist das schon wie ein Pawlowscher Reflex bei mir: Sobald ich die Duftstäbchen rieche, bin ich im Musikmodus."
Ganz offensichtlich hat der beruhigende Duft der Räucherkerzen auch Wirkung auf die Musik des neuen Albums von Fink. Eine atmosphärische Klanglandschaft, analog aufgenommen, mit einer Vielzahl von Instrumenten wie Klavier, Geigen, Lauten, Schlagzeug und die für Fink typische Gitarre.

Wiederholte Neuerfindung seiner selbst

Von dem Singer/Songwriter Fink, wie man ihn noch vor zehn Jahren kannte, ist kaum noch etwas übriggeblieben. Aber es ist auch nicht das erste Mal, dass sich Fink, alias Finian Paul Greenall als Künstler neu erfindet.
Der Musiker Fink, bürgerlicher Name Finian Paul Greenall, in seinem Studio in Berlin. Er spielt im Sitzen Gitarre, vor ihm ein Mikroständer. Im Hintergrund Gitarren, ein Bücherregal, Lautsprecherboxen und ein Computer aauf dem Schreibtisch. 
Fink in seinem Studio in Berlin.© Bettina Brecke/Deutschlandradio
Angefangen hat der Brite als Dance- und Techno DJ, dann war er der Mann mit der Gitarre und jetzt erschafft er vielschichtige Klangwelten. "Ehrlich gesagt, bin ich gerade etwas schizophren. Ich bin eine Band, ich bin ein Sänger und Songschreiber, ich bin Indie-Musiker, Blues-Musiker, produziere elektronische Musik und noch so vieles mehr. Selbst zu sagen, ich wäre Musiker wäre nur die halbe Wahrheit. Am Anfang war ich noch klassischer Singer/Songwriter. Ich hatte drei, vier Blaupausen für Songs, meine Gitarre mit Nylonsaiten und habe über Liebe und Verlust und solche Sachen gesungen. Dieser Typ bin ich nicht mehr. Und irgendwie bin ich's doch noch."

Superproduzent Flood an Bord

Produziert hat dieses Album, so wie auch schon den Vorgänger, Flood, den manche als Superproduzenten bezeichnen, weil er mit Stars wie Nick Cave, Depeche Mode, U2 und PJ Harvey gearbeitet hat.
Wer jetzt einen stadionfüllenden Sound erwartet, wird mehr als überrascht sein. Auf dem Album "Bloom Innocent" sind gerade mal acht Stücke. Aber diesen geben Fink und Flood viel Zeit, zwischen sechs und acht Minuten jeweils: Außergewöhnlich viel Zeit in der aktuellen Popmusik, die eher auf eingängige Melodien und Hooks aus ist.
Kommerzieller Erfolg wird da wahrscheinlich schwierig. Aber genau das macht dieses Album so außergewöhnlich. Fink traut sich, Regeln zu brechen, auch für ihn Neues auszuprobieren ohne elektronische Spielereien.

Zutiefst Persönliches in jedem Song

In jedem einzelnen Song geht es um Finks persönliche Erinnerungen und besondere Momente. Der Titeltrack "Bloom Innocent" handelt zum Beispiel von Beginn der Beziehung zu seiner Partnerin, als alles noch neu und ohne Alltagssorgen war.
In "We Watch The Stars" geht um den Sternenhimmel über dem Haus seiner Eltern in England, den Fink nie vergessen hat.
Aber all diese Themen erzählt er nicht mit Worten, sondern mit Klängen. Die Texte wiederum sind auf ein Minimum reduziert. "Baby, weine nicht. Ich komme, so schnell ich physisch kann. Halte durch. Meine Liebe ist schon bei dir." Das ist im Grunde genommen der gesamte Text des knapp sieben Minuten langen Liedes "My Love's Already There".
"Ich möchte Raum für meine Performance und die Energie meiner Musik. Ich bin nicht die Arctic Monkeys oder irgendeine dieser trendigen Indie-Bands, die einfach nur so mit Textzeilen um sich werfen. Ich liebe diese Blues-Musiker, die einfach nur einige wenige, aber großartige Texte haben. Von diesen Blues-Musikern hab ich viel gelernt. So zu schreiben, zwingt dich so viel Inhalt wie möglich in so wenigen Worten wie möglich zu sagen. Ich liebe dieses minimalistische Songwriting."

Minimalistische Klanglandschaften

Finks Plan, eher Klanglandschaften als eingängige Popsongs einzuspielen, geht auf: "Bloom Innocent" ist ein Album, das Aufmerksamkeit verdient und bedarf, denn nur so schafft man es, den cineastischen Klang des Albums aufzunehmen und für sich selbst zu interpretieren.
Fink beweist, dass die Trends Slow Movement und Minimalismus auch ganz wunderbar in der Musik funktionieren.
Mehr zum Thema