Finanzminister Steinbrück verteidigt Bundeshaushalt
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat die Kritik am Haushalt 2006 zurückgewiesen. Veränderungen bei den Einnahmen oder bei den Ausgaben hätten die weitere Konjunkturerholung gefährdet, sagte der SPD-Politiker. Für 2007 rechnet er wieder mit der Einhaltung des EU-Defizitkriteriums. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer begründete Steinbrück mit einer strukturellen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte.
Degenhardt: Die Neuverschuldung steigt, der Haushalt bleibt in einer bedenklichen Schieflage und die EU-Defizitgrenze wird auch in diesem Jahr nicht erreicht. Was ist eigentlich anders als bei Ihrem Vorgänger und Parteifreund Hans Eichel, außer der Steuererhöhung im nächsten Jahr?
Steinbrück: Indem wir gleichzeitig ein Haushaltsbeleitgesetz beschlossen haben, in dem wir die Kürzung von Steuersubventionen beschlossen haben, in dem wir vor allen Dingen, was in Ihrer Ansage nicht vorkommt, erhebliche Ausgabenkürzungen beschlossen haben. Und dies führt dazu, dass ab 2007 wir sowohl das Maastricht-Kriterium einhalten werden wie auch die Regelgrenze der Verfassung. Die Maßnahmen, die wir auf der Ausgabenseite beschlossen haben und bei der Kürzung von Steuersubventionen, können in diesem Jahr aus technischen Gründen schon ihre volle Wirksamkeit nicht erreichen. Das muss man berücksichtigen. Im Übrigen, ja, es ist die Überlegung der Koalition zu sagen, wir wollen in diesem Jahr die Konjunktur stützen und weder auf der Ausgabenseite noch auf der Einnahmenseite etwas machen, um den sich aufhellenden Konjunkturhimmel einzutrüben.
Degenhardt: Sie haben auch gestern wieder betont, in mehreren Gesprächen, Interviews, die Mehrwertsteuererhöhung, die müsse sein. Muss es aber auch sein, dass Sie damit möglicherweise das Wachstum abwürgen?
Steinbrück: Ja, das hat natürlich einen Effekt kontraproduktiv gegen das Wachstum ab 1.1., uns ist diese Delle sehr bewusst. Insofern ist diese Maßnahme in der Tat umstritten. Auf der anderen Seite, Sie müssen sehen, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland strukturell unterfinanziert sind. Ich halte daran fest. Dem Bundeshaushalt fehlen von Jahr zu Jahr ungefähr 50 Milliarden Euro, die er nicht durch nachhaltige regelmäßige Einnahmen hat. Aber die Menschen haben ja Erwartungen an die Aufgabenerfüllung des Staates. Ob das Infrastruktur ist, ob es innere Sicherheit ist, ob es der Umgang mit der Vogelgrippe ist, ob es die äußere Sicherheit ist, ob es Bildung, ob es Familienförderung, ob es Forschung und Entwicklung oder auch Straßenverkehrsbau ist. Dies muss finanziert werden, bis hin zu den sozialen Sicherungssystemen.
Degenhardt: Deswegen fordert beispielsweise auch die FDP strukturelle Reformen. Zum Beispiel eine generelle Kürzung der Subventionen um 20 Prozent. Ich erinnere mich da ein Papier, das sie gemeinsam seinerzeit mit Herrn Koch verfasst haben, dem hessischen Ministerpräsidenten. Da ging es um den Subventionsabbau. Haben Sie das eigentlich noch in der Schublade?
Steinbrück: Es sind ja Subventionen gekürzt. Sie werden sich daran erinnern, dass die Bundesregierung in ihren ersten 100 Tagen bereits zwei Gesetze auf den Weg gebracht hat, wo es um erhebliche Subventionskürzungen, gerade im steuerlichen Bereich ging. Ich kann mich erinnern, dass die FDP da gar nicht so unterstützend gewesen ist, sondern eher auf der Seite derjenigen war, die vorher Steuersubventionsempfänger gewesen sind. Im Übrigen, ich bin umzingelt von Menschen die sagen, Du musst die Subventionen kürzen, aber nicht bei mir. Das ist eine dieser Erfahrungen, die man macht, so dass auf einer hohen, abstrakten Ebene alle für Haushaltskonsolidierung, alle für die Kürzung von Subventionen sind, aber wehe, es wird konkret. So, das Koch/Steinbrück-Papier folgte damals einer etwas anderen Methode. Wir haben uns jetzt konzentriert auf große Subventionsbereiche. Erinnern sie sich zum Beispiel daran, dass wir die Eigenheimzulage abgeschafft haben. Das war die größte Steuersubvention, die es bisher gegeben hat.
Degenhardt: Im kommenden Jahr will ihre Regierung den EU-Stabilitätspakt zum ersten Mal seit 2001 wieder einhalten. Das Defizit soll dann auf 2,5 Prozent sinken. Wie soll denn das, Herr Steinbrück, gelingen? Nur allein durch die Mehrwertsteuererhöhung?
Steinbrück: Nein, nun haken Sie sich mal nicht so fest bei der Mehrwertsteuererhöhung. Sondern erwähnen Sie bitte auch, dass es erhebliche Haushaltskürzungen geben wird. Sie haben gestern mitbekommen, dass wir zum Beispiel 511 Millionen Euro alleine bei der Besoldung der Beamten und Beamtinnen des Bundes streichen. Darüber sind die nicht begeistert. Wir gehen auch in die sozialen Sicherungssysteme hinein. Ja, es ist richtig, wir erhöhen diese Mehrwertsteuer. Übrigens nur zwei Prozentpunkte für den Haushalt, ein Prozentpunkt geben wir ab an die Arbeitslosenversicherung, damit die Abgaben sinken. Auch dies gehört zur Vollständigkeit dieses Bildes. Wir werden das Maastricht-Kriterium einhalten über im Wesentlichen drei große Säulen: Die erste Säule sind Ausgabenkürzungen, das zweite ist die weitere Kürzung von Steuersubventionen, oder Subvention generell, und das dritte sind, ja, auch Einnahmeverbesserungen. Und das ist die Mehrwertsteuer.
Degenhardt: Vom ausgeglichenen Haushalt wollten Sie gestern, Herr Steinbrück, nicht sprechen. Hat der Bundesfinanzminister keine Vision, wie der Staatshaushalt dauerhaft saniert werden kann?
Steinbrück: Nein. Aber ich kann mich doch erinnern wie ihre Branche zum Beispiel meinen Vorgänger massiv angegriffen hat, dass er eine solche Vision, vielleicht auch emotional sehr unterlegt, in den Raum gestellt hat, indem er sagte, 2006 oder 2007 haben wir einen ausgeglichenen Haushalt und dies ist nicht zu erreichen gewesen. Und ich halte nichts davon, dass Politiker etwas in die Welt setzen, wo sie nicht genau wissen, dass sie es auch einhalten können. Das verliert bei den Menschen und damit haben sie Vertrauensverluste. Ich bin dafür, dass wir redlich sind, dass wir realistisch sind und den Menschen nichts vormachen.
Degenhardt: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Am Telefon von Deutschlandradio Kultur war der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.
Steinbrück: Indem wir gleichzeitig ein Haushaltsbeleitgesetz beschlossen haben, in dem wir die Kürzung von Steuersubventionen beschlossen haben, in dem wir vor allen Dingen, was in Ihrer Ansage nicht vorkommt, erhebliche Ausgabenkürzungen beschlossen haben. Und dies führt dazu, dass ab 2007 wir sowohl das Maastricht-Kriterium einhalten werden wie auch die Regelgrenze der Verfassung. Die Maßnahmen, die wir auf der Ausgabenseite beschlossen haben und bei der Kürzung von Steuersubventionen, können in diesem Jahr aus technischen Gründen schon ihre volle Wirksamkeit nicht erreichen. Das muss man berücksichtigen. Im Übrigen, ja, es ist die Überlegung der Koalition zu sagen, wir wollen in diesem Jahr die Konjunktur stützen und weder auf der Ausgabenseite noch auf der Einnahmenseite etwas machen, um den sich aufhellenden Konjunkturhimmel einzutrüben.
Degenhardt: Sie haben auch gestern wieder betont, in mehreren Gesprächen, Interviews, die Mehrwertsteuererhöhung, die müsse sein. Muss es aber auch sein, dass Sie damit möglicherweise das Wachstum abwürgen?
Steinbrück: Ja, das hat natürlich einen Effekt kontraproduktiv gegen das Wachstum ab 1.1., uns ist diese Delle sehr bewusst. Insofern ist diese Maßnahme in der Tat umstritten. Auf der anderen Seite, Sie müssen sehen, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland strukturell unterfinanziert sind. Ich halte daran fest. Dem Bundeshaushalt fehlen von Jahr zu Jahr ungefähr 50 Milliarden Euro, die er nicht durch nachhaltige regelmäßige Einnahmen hat. Aber die Menschen haben ja Erwartungen an die Aufgabenerfüllung des Staates. Ob das Infrastruktur ist, ob es innere Sicherheit ist, ob es der Umgang mit der Vogelgrippe ist, ob es die äußere Sicherheit ist, ob es Bildung, ob es Familienförderung, ob es Forschung und Entwicklung oder auch Straßenverkehrsbau ist. Dies muss finanziert werden, bis hin zu den sozialen Sicherungssystemen.
Degenhardt: Deswegen fordert beispielsweise auch die FDP strukturelle Reformen. Zum Beispiel eine generelle Kürzung der Subventionen um 20 Prozent. Ich erinnere mich da ein Papier, das sie gemeinsam seinerzeit mit Herrn Koch verfasst haben, dem hessischen Ministerpräsidenten. Da ging es um den Subventionsabbau. Haben Sie das eigentlich noch in der Schublade?
Steinbrück: Es sind ja Subventionen gekürzt. Sie werden sich daran erinnern, dass die Bundesregierung in ihren ersten 100 Tagen bereits zwei Gesetze auf den Weg gebracht hat, wo es um erhebliche Subventionskürzungen, gerade im steuerlichen Bereich ging. Ich kann mich erinnern, dass die FDP da gar nicht so unterstützend gewesen ist, sondern eher auf der Seite derjenigen war, die vorher Steuersubventionsempfänger gewesen sind. Im Übrigen, ich bin umzingelt von Menschen die sagen, Du musst die Subventionen kürzen, aber nicht bei mir. Das ist eine dieser Erfahrungen, die man macht, so dass auf einer hohen, abstrakten Ebene alle für Haushaltskonsolidierung, alle für die Kürzung von Subventionen sind, aber wehe, es wird konkret. So, das Koch/Steinbrück-Papier folgte damals einer etwas anderen Methode. Wir haben uns jetzt konzentriert auf große Subventionsbereiche. Erinnern sie sich zum Beispiel daran, dass wir die Eigenheimzulage abgeschafft haben. Das war die größte Steuersubvention, die es bisher gegeben hat.
Degenhardt: Im kommenden Jahr will ihre Regierung den EU-Stabilitätspakt zum ersten Mal seit 2001 wieder einhalten. Das Defizit soll dann auf 2,5 Prozent sinken. Wie soll denn das, Herr Steinbrück, gelingen? Nur allein durch die Mehrwertsteuererhöhung?
Steinbrück: Nein, nun haken Sie sich mal nicht so fest bei der Mehrwertsteuererhöhung. Sondern erwähnen Sie bitte auch, dass es erhebliche Haushaltskürzungen geben wird. Sie haben gestern mitbekommen, dass wir zum Beispiel 511 Millionen Euro alleine bei der Besoldung der Beamten und Beamtinnen des Bundes streichen. Darüber sind die nicht begeistert. Wir gehen auch in die sozialen Sicherungssysteme hinein. Ja, es ist richtig, wir erhöhen diese Mehrwertsteuer. Übrigens nur zwei Prozentpunkte für den Haushalt, ein Prozentpunkt geben wir ab an die Arbeitslosenversicherung, damit die Abgaben sinken. Auch dies gehört zur Vollständigkeit dieses Bildes. Wir werden das Maastricht-Kriterium einhalten über im Wesentlichen drei große Säulen: Die erste Säule sind Ausgabenkürzungen, das zweite ist die weitere Kürzung von Steuersubventionen, oder Subvention generell, und das dritte sind, ja, auch Einnahmeverbesserungen. Und das ist die Mehrwertsteuer.
Degenhardt: Vom ausgeglichenen Haushalt wollten Sie gestern, Herr Steinbrück, nicht sprechen. Hat der Bundesfinanzminister keine Vision, wie der Staatshaushalt dauerhaft saniert werden kann?
Steinbrück: Nein. Aber ich kann mich doch erinnern wie ihre Branche zum Beispiel meinen Vorgänger massiv angegriffen hat, dass er eine solche Vision, vielleicht auch emotional sehr unterlegt, in den Raum gestellt hat, indem er sagte, 2006 oder 2007 haben wir einen ausgeglichenen Haushalt und dies ist nicht zu erreichen gewesen. Und ich halte nichts davon, dass Politiker etwas in die Welt setzen, wo sie nicht genau wissen, dass sie es auch einhalten können. Das verliert bei den Menschen und damit haben sie Vertrauensverluste. Ich bin dafür, dass wir redlich sind, dass wir realistisch sind und den Menschen nichts vormachen.
Degenhardt: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Am Telefon von Deutschlandradio Kultur war der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.