Finanzkrise

Griechenlands Museen in Geldnot

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Griechenlands Museen sind beliebt. Aber auch sie leiden natürlich unter der Staatskrise. © dpa/ picture-alliance/ Robert B. Fishman
Von Marianthi Milona · 17.08.2015
Die Finanzkrise hinterlässt auch in Griechenlands Kulturinstitutionen seine Spuren. Die Museen klagen über zu wenig Geld für neue Ausstellungen, aber auch für Wachpersonal und angemessene Öffnungszeiten. Eine Bestandsaufnahme.
Eines der größten und wichtigsten Museen Griechenlands ist das für byzantinische Geschichte und Kultur in Thessaloniki. Es ist 2005 von der EU als Museum des Jahres ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung verpflichtet. Von eingeschränkten Arbeits- oder Öffnungszeiten kann hier keine Rede sein. Von mehr Arbeitseinsatz mit geringen Mitteln aber schon, wie Agathoniki Tselepaku, die Direktorin des Museums für byzantinische Geschichte und Kultur berichtet.
"Das wenige Geld, das ist eben das Negative in der momentanen Situation. Wir leben in Agonie und die Anstrengungen, die wir unternehmen sind enorm, aber wenn man mehr Geld zur Verfügung hat, ist das Ergebnis nicht notwendigerweise ein Besseres. Zu dieser Erkenntnis gelangen wir, zumindest wenn wir uns die vorherigen Jahre zum Vergleich heranholen. Wenn dem so wäre, dann würden wir heute tatsächlich weniger Ausstellungen haben und die Qualität würde leiden. Das Gegenteil ist der Fall. Und die Gäste bestätigt uns auch, dass dem nicht so ist."
Direktorin Tselepaku sieht die Krise, als Möglichkeit mit eingefahrenen Arbeitsmustern aufzuräumen. Auch haben die knappen finanziellen Mittel zu ungeahnten Synergie-Effekten geführt. Jetzt arbeitet sie öfter mit anderen Museen der Stadt zusammen, dem Archäologischen, dem für zeitgenössische Kunst und dem Makedonischen Museum für moderne Kunst. Und was größere Ausgaben betrifft, die gibt es mit ihr als Direktorin nicht:
"Die Krise ist für uns, als staatliche Einrichtung, eine Riesenchance unsere finanziellen Angelegenheiten besser zu regeln. Es muss Transparenz geschaffen werden, um kontrollieren zu können, wie die Gelder ausgegeben werden. Wenn wir von Krise sprechen, dann ist ihr Ursprung für mich in erster Linie solcher Natur. In der Vergangenheit wurde Geld ausgegeben, ohne zu wissen, ob und wann man dafür bezahlt wird. Heute liegt meine Aufgabe vor allem darin aufzupassen, dass kein Cent für eine Ausstellung ausgegeben wird, bevor die Finanzierung vom Kulturministerium abgesegnet worden ist."
Künstler müssen tief in die eigene Tasche greifen
Damit neue Ausstellungen in Zeiten knapper Kassen aber überhaupt organisiert werden können, dafür müssen jetzt die Künstler selbst tief in die eigene Tasche greifen. Das Museum stellt in vielen Fällen nur noch das Equipment und die Technik zur Verfügung. Doch kann das als ideale Ausgangssituation für einen gut funktionierenden Kulturbetrieb angesehen werden? So wie Thodoris Markoglu vom Museum für zeitgenössische Kunst es darstellt, mit Sicherheit nicht.
"Auch wir werden vom griechischen Kulturministerium finanziell unterstützt. Doch in den letzten Jahren ist das Budget auf die Hälfte gekürzt worden. Die Situation ist so dramatisch, dass wir manchmal nur 300 Euro zur Verfügung haben, um eine Ausstellung auf die Beine zu stellen. Dieses Geld geht dann für die Herstellung des Ausstellungs-Banners, also für Werbekosten drauf. Mehr ist momentan einfach nicht drin."
Kunsthistoriker Markoglu rechtfertigt die schwierige Lage der griechischen Museen mit der Geschwindigkeit, mit der die Krise über den Kulturbetrieb hereingebrochen ist. Aber die geplanten Ausstellungen mussten realisiert werden, wollte man auf dem internationalen Kunstparkett weiter mitmischen. Die Mitarbeiter im Museum für zeitgenössische Kunst versuchen nun mit aller Kraft den Betrieb aufrechtzuerhalten. Durch Leihgaben aus ihrer weltweit anerkannten Kostaki-Sammlung zum Beispiel oder mit Kunstseminaren:
"Wenn wir mehr Zeit zur Umstrukturierung gehabt hätten, wie das bei vielen Kulturinstitutionen in Amerika zum Beispiel der Fall war, wo der Staat sich langsam zurückzog und die Kosten von privaten Trägern und Sponsoren aufgefangen wurden, dann hätten wir heute nicht solche Probleme. Aber der Umbruch passierte innerhalb eines Jahres, so hatten wir wirklich keine finanziellen Alternativen und wissen im Augenblick einfach nicht weiter."
Europäische Fördergelder sind ein Muss
Deshalb erachten die meisten griechischen Museen das EU-Fördermittel-Programm ESPA als so wichtig. Nur durch diese Gelder konnte die Biennale, eines der wichtigsten Kunstereignisse, an der sich alle fünf großen Museen Thessalonikis beteiligen, überhaupt stattfinden. Große Unterstützung kommt dabei vom kunstinteressierten Bürgermeister. Jiannis Boutaris bemüht sich, wo er nur kann, um eine zukünftige Förderung der Kunst in der griechischen Metropole:
"Es muss mit allen Mitteln daran gearbeitet werden, dass die Biennale ins nächste Förderprogramm ESPA aufgenommen wird. Ohne dieses Geld ist einfach nichts möglich. Darüber hinaus müssen wir uns als Stadtverwaltung darauf konzentrieren, Gäste aus anderen Ländern für die Zeit der Biennale mit günstigen Aufenthaltsmöglichkeiten zu gewinnen."
Doch dass Kunst nicht allein mit Geld entsteht und nicht einzig über das Geld existieren kann, darüber herrscht in der griechischen Kunstgemeinde Einigkeit. Nur darin liegt auch für den Kunstexperten, Thodoris Markoglu, die Chance zu überleben:
"Die Krise hat bei den Künstlern viel positive Energie freigesetzt. Viele versuchen jetzt erst recht Kunst zu machen. Sie bringen damit zum Ausdruck, dass Krise Kreativität, Schaffenskraft und die Beschäftigung mit Kunst nicht stoppen kann. Wir freuen uns darüber. Die Krise kann einem alles nehmen, sie kann aber nicht verhindern, dass Kunst entsteht. Die gesamte Kunst-und Museumswelt versucht sich damit bewusst der Krise entgegen zu stellen."
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