Finanzaufsicht und Wirecard-Skandal

Späte Reform von "zahnlosen" Behörden

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Schild an der Tür der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn
Geplante Reformen der Finanzaufsicht: Viele werden sich fragen, warum nicht schon vor Jahren, kommentiert Brigitte Fehrle. © imago images / Winfried Rothermel
Brigitte Fehrle und Brigitte Scholtes im Gespräch mit Marcus Pindur · 24.07.2020
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Als Reaktion auf den Wirecard-Skandal möchte Bundesfinanzminister Olaf Scholz die staatliche Finanzaufsicht neugestalten. Die Journalistin Brigitte Fehrle kritisiert, dass die Behörden bislang "vollkommen zahnlos" waren.
Das Bundesfinanzministerium geht mit einem Aktionsplan zur Neugestaltung der staatlichen Finanzaufsicht an die Öffentlichkeit. Hintergrund ist der Betrugsskandal um den Münchner DAX-Konzern Wirecard, der mit gefälschten Bilanzen Kredite in Milliardenhöhe für sich verbuchen konnte - Gelder, die mittlerweile verschwunden sind.
Die Finanzaufsicht, angesiedelt bei der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzaufsicht in Frankfurt und Bonn, soll schlagkräftiger werden, heißt es. Die Überlegungen sollen nach Informationen der "Süddeutschen" so schnell wie möglich in entsprechende Gesetze münden, die bis Frühling 2021 verabschiedet werden sollen.

Welche Eingriffsrechte soll die Behörde bekommen?

Unklar sei derzeit, ob die Bundesbehörde in Zukunft auch Strafen verhängen können, sagt die Wirtschaftsjournalistin Brigitte Scholtes, ebenso welche konkreten Prüf- und Eingriffsrechte sie bekommen soll.
"Wenn ich mir anschaue, welche Veränderungen der Finanzminister Scholz jetzt vorschlägt, dann muss man ja im Umkehrschluss sagen, dass unsere Behörden bislang vollkommen zahnlos im Bereich der Finanzaufsicht waren", kommentiert die Journalistin Brigitte Fehrle diesen Vorstoß. "Viele Menschen werden sich fragen, warum man jetzt Reformen in der Aufsicht der Finanzströme beschließen möchte und warum es die nicht schon vor Jahren gegeben hat."

Recherchen der "FT" nicht ernst genommen

Hinweise auf betrügerisches Handeln bei Wirecard hatte es bereits vor zwei Jahren durch Journalisten der britischen "Financial Times" gegeben. Gegen diese Vorwürfe war nicht nur Wirecard selbst, sondern auch die BaFin vorgegangen und hatte den Journalisten Marktmanipulation unterstellt.
Die BaFin habe offenbar gar kein Interesse gehabt, sich diesen Konzern genauer anzuschauen, meint Fehrle. Offensichtlich sei es auch von politischer Seite gewünscht gewesen, Wirecard groß zu machen: "Es ist eigentlich unfassbar."
Auch die deutsche Presse stehe nicht gut da, meint Fehrle. "Da müssen sich dann alle Redaktionen auch noch mal Gedanken drüber machen, warum sie die Recherche der Kollegen aus Großbritannien nicht ernst genommen haben", sagt sie.
(huc)
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