Filzdesign zwischen Kunst und Konfektion
Man kann Heizungen damit abdichten, Puschen daraus nähen oder wie Joseph Beuys, Kunst damit machen - Filz. Das Image als biederes Trachtenmaterial ist längst passé. Filz ist zum Trendstoff für internationale Designer avanciert. In Deutschland hat die Modemacherin Christine Birkle dem Filz eine zweite Renaissance beschert - mit knallbunten Hüten und Abendkleidern.
"Der Rhythmus ist schon sehr wichtig, damit man auch richtig in Takt kommt, in Schwung kommt, ist ein bisschen wie Walzertanzen."
Nur nicht so ganz entspannend. Schweißtropfen kullern an Christine Birkles Stirn runter. Mit festen Bewegungen rollt die zierliche Frau eine riesige Bastmatte. Darin - fein übereinander gelegte Fäden aus Merinowolle, die sie ab und an mit Seifenwasser betröpfelt.
"Das ist wie Engelswatte - ganz weich, riecht auch gar nicht nach Schaaf."
Nach rund 40 Minuten walken sind die zarten Wollhärchen miteinander verhakt und das Grundmaterial von Christine Birkle fertig - Filz.
"Entweder man liebt es oder man kann gar nichts damit anfangen. Also es ist sehr extrem, wie die Leute reagieren. Es hat einen sehr starken Charakter. Man kann nicht alles mit ihm machen, also man muss sich auch ein bisschen nach dem Filz richten, weil er hat eine sehr eigene Sprache."
Und die spricht Christine Birkle inzwischen sehr gut. Versteckt in einem Berliner Hinterhof, hat sich die 45-Jährige ein knallbuntes Reich erschaffen. Eine alte Fabriketage, randvoll zugestellt mit Wollsäcken, Modellierformen aus Holz und umherflatternden Entwurfsskizzen. Der Geruch von Seifenschaum und Bügeldampf liegt in der Luft. Vor zehn Jahren kam die gebürtige Schwäbin auf den Filz - während ihres Modedesignstudiums.
"Es kannte ja niemand auch so wirklich, was man daraus machen kann. Es stand eher für altbackene, kratzige Sachen. Ich wurde auch sehr belächelt, auch am Anfang - was Filz, ach was ist das denn - und wurde auch gar nicht ernst genommen."
Mit geliehenem Geld und vielen Nebenjobs finanzierte sich Christine Birkle ihre Filzkreationen, und:
"Dann bin ich sehr gerne in Beuys-Ausstellungen gegangen. Der hat mir dann geholfen, stur zu bleiben und durchzuhalten."
Hartnäckigkeit, die sich ausgezahlt hat. Inzwischen gehören Designer wie Dries van Noten oder Donna Karan zu ihren Kunden. Extravagante Filzhüte oder zinnoberrote Rüschen von Christine Birkle - begehrte Accessoires auf den internationalen Laufstegen.
Christine Birkle formt jedes Modell, sorgsam unter Dampf mit den Händen. Ihr Markenzeichen - keine Nähte und Verschlüsse.
"Weil ich mag das einfach nicht, Knöpfe annähen, diese Nähte zu versäubern, das mochte ich noch nie und dann war ich ganz froh, dass ich was gefunden hab, wo ich das nicht mehr muss. Hier hab ich zwar noch meine Nähmaschine stehen, aus alten Zeiten. Das ist aber nur noch ein Alibi."
Gefilztes halte bombenfest, besser als genäht, wirft sie ein, während sie einen Schluck schwarzen Kaffee nimmt. Christine Birkles große Augen schweifen über einige Filzproben - grobe erdbraune Fetzen oder feine, durchsichtige Quadrate, die limettengrün schimmern. Sie spielt mit Strukturen, Farben, probiert und tüftelt.
"Tja, meine Ideen kommen irgendwie, das weiß ich selber nicht, woher. Meistens während der Arbeit. Und es gibt schon die Muse, die einen küsst an manchen Tagen."
Besonders wenn Christine Birkle Musik hört. So wie man einzelne Töne zu einer Melodie zusammensetzt, so komponiert auch sie ihre Kreationen. Achtet auf Stimmigkeit, Harmonie und Abwechslung. Macht aus einem schnöden Stück Filz ein wallendes Hochzeitskleid oder minimalistische Tanzkostüme, wie etwa für die Choreografin Sasha Waltz. Seit zwei Jahren arbeiten die beiden zusammen.
"Ja ich hatte auch ziemlich Bammel am Anfang, ob ich das kann oder nicht. Also es war auch eine Herausforderung, weil es auch eine andere Art der Arbeit ist, für Tänzer zu arbeiten, auf die Bewegung zu arbeiten. War auch ein neues Feld, wo ich versucht habe, die Grenzen neu zu setzen, auszuprobieren, wie weit kann man gehen, wie beanspruchbar ist das Material, und die Grenze hab ich noch nicht erreicht."
Darum will Christine Birkle bald verreisen. In die Mongolei - dort, wo Filz seit Jahrhunderten verarbeitet wird, ein Teil des Alltags ist. Lampenschirme, Teppiche, ja sogar Eheringe - auf der Spielwiese Filz gibt es noch einiges zu entdecken. Eine Tüftlerin sei sie, gibt Christine Birkle zu. In ihrer Unaufgeregtheit, dem schlichten weißen Hemd und dem schüchternen Lächeln, erahnt man die Ähnlichkeit zwischen der Designerin und ihrem Lieblingsmaterial. Sie strahlt, wie Filz, etwas Wohliges, Gemütliches aus. Kreative Beständigkeit statt aalglatte Synthetik.
"Man wird schon so ein bisschen süchtig. In meiner Wohnung hab ich auch Wandbespannungen aus Filz. Der hat etwas Beschützendes, der umgibt einen mit Wärme und Natürlichkeit und man fühlt sich zuhause."
Nur nicht so ganz entspannend. Schweißtropfen kullern an Christine Birkles Stirn runter. Mit festen Bewegungen rollt die zierliche Frau eine riesige Bastmatte. Darin - fein übereinander gelegte Fäden aus Merinowolle, die sie ab und an mit Seifenwasser betröpfelt.
"Das ist wie Engelswatte - ganz weich, riecht auch gar nicht nach Schaaf."
Nach rund 40 Minuten walken sind die zarten Wollhärchen miteinander verhakt und das Grundmaterial von Christine Birkle fertig - Filz.
"Entweder man liebt es oder man kann gar nichts damit anfangen. Also es ist sehr extrem, wie die Leute reagieren. Es hat einen sehr starken Charakter. Man kann nicht alles mit ihm machen, also man muss sich auch ein bisschen nach dem Filz richten, weil er hat eine sehr eigene Sprache."
Und die spricht Christine Birkle inzwischen sehr gut. Versteckt in einem Berliner Hinterhof, hat sich die 45-Jährige ein knallbuntes Reich erschaffen. Eine alte Fabriketage, randvoll zugestellt mit Wollsäcken, Modellierformen aus Holz und umherflatternden Entwurfsskizzen. Der Geruch von Seifenschaum und Bügeldampf liegt in der Luft. Vor zehn Jahren kam die gebürtige Schwäbin auf den Filz - während ihres Modedesignstudiums.
"Es kannte ja niemand auch so wirklich, was man daraus machen kann. Es stand eher für altbackene, kratzige Sachen. Ich wurde auch sehr belächelt, auch am Anfang - was Filz, ach was ist das denn - und wurde auch gar nicht ernst genommen."
Mit geliehenem Geld und vielen Nebenjobs finanzierte sich Christine Birkle ihre Filzkreationen, und:
"Dann bin ich sehr gerne in Beuys-Ausstellungen gegangen. Der hat mir dann geholfen, stur zu bleiben und durchzuhalten."
Hartnäckigkeit, die sich ausgezahlt hat. Inzwischen gehören Designer wie Dries van Noten oder Donna Karan zu ihren Kunden. Extravagante Filzhüte oder zinnoberrote Rüschen von Christine Birkle - begehrte Accessoires auf den internationalen Laufstegen.
Christine Birkle formt jedes Modell, sorgsam unter Dampf mit den Händen. Ihr Markenzeichen - keine Nähte und Verschlüsse.
"Weil ich mag das einfach nicht, Knöpfe annähen, diese Nähte zu versäubern, das mochte ich noch nie und dann war ich ganz froh, dass ich was gefunden hab, wo ich das nicht mehr muss. Hier hab ich zwar noch meine Nähmaschine stehen, aus alten Zeiten. Das ist aber nur noch ein Alibi."
Gefilztes halte bombenfest, besser als genäht, wirft sie ein, während sie einen Schluck schwarzen Kaffee nimmt. Christine Birkles große Augen schweifen über einige Filzproben - grobe erdbraune Fetzen oder feine, durchsichtige Quadrate, die limettengrün schimmern. Sie spielt mit Strukturen, Farben, probiert und tüftelt.
"Tja, meine Ideen kommen irgendwie, das weiß ich selber nicht, woher. Meistens während der Arbeit. Und es gibt schon die Muse, die einen küsst an manchen Tagen."
Besonders wenn Christine Birkle Musik hört. So wie man einzelne Töne zu einer Melodie zusammensetzt, so komponiert auch sie ihre Kreationen. Achtet auf Stimmigkeit, Harmonie und Abwechslung. Macht aus einem schnöden Stück Filz ein wallendes Hochzeitskleid oder minimalistische Tanzkostüme, wie etwa für die Choreografin Sasha Waltz. Seit zwei Jahren arbeiten die beiden zusammen.
"Ja ich hatte auch ziemlich Bammel am Anfang, ob ich das kann oder nicht. Also es war auch eine Herausforderung, weil es auch eine andere Art der Arbeit ist, für Tänzer zu arbeiten, auf die Bewegung zu arbeiten. War auch ein neues Feld, wo ich versucht habe, die Grenzen neu zu setzen, auszuprobieren, wie weit kann man gehen, wie beanspruchbar ist das Material, und die Grenze hab ich noch nicht erreicht."
Darum will Christine Birkle bald verreisen. In die Mongolei - dort, wo Filz seit Jahrhunderten verarbeitet wird, ein Teil des Alltags ist. Lampenschirme, Teppiche, ja sogar Eheringe - auf der Spielwiese Filz gibt es noch einiges zu entdecken. Eine Tüftlerin sei sie, gibt Christine Birkle zu. In ihrer Unaufgeregtheit, dem schlichten weißen Hemd und dem schüchternen Lächeln, erahnt man die Ähnlichkeit zwischen der Designerin und ihrem Lieblingsmaterial. Sie strahlt, wie Filz, etwas Wohliges, Gemütliches aus. Kreative Beständigkeit statt aalglatte Synthetik.
"Man wird schon so ein bisschen süchtig. In meiner Wohnung hab ich auch Wandbespannungen aus Filz. Der hat etwas Beschützendes, der umgibt einen mit Wärme und Natürlichkeit und man fühlt sich zuhause."