Der rote Teppich und das Schmuddelwetter

Roter Teppich, Stars im Abendkleid, dicke Limousinen – so stellen wir uns die typische Filmpremiere vor. Aber oft geht es weitaus weniger glamourös zu. Wir werfen in Hamburg einen Blick hinter die Kulissen einer Premiere. Zu Gast immerhin: Anton Corbijn und Herbert Grönemeyer.
Jasper Koch blickt besorgt durch die Tür zum Himmel. Der rote Teppich, ach ja, ...
„Der liegt in unserem Keller.“
... er wäre durchaus angemessen bei Corbijn und evtl. dem Überraschungsgast Grönemeyer, aber:
„Das Problem heute ist, dass es sehr nach Regen aussieht, der liegt halt vor dem Eingang auf dem Bürgersteig, das heißt, wenn es jetzt gleich Hamburg-typisch anfängt zu schütten, dann würde ich den da ungerne liegen haben, weil ich den dann nie wieder trocken kriege, aber idealerweise hoffe ich, kann ich ihn noch rauslegen.“
Für Jasper Koch sind Filmpremieren im Abaton – vom kleinen Dokumentarfilm bis zur großen Premiere wie heute mit Regie-Star Anton Corbijn und seinem Film „Life“ inzwischen Alltag.
„Da ist viel Routine bei.“
Jasper Koch hat anderes im Sinn
Text: Zwei gibt es mindestens in einer Woche. Kurz nach halb sieben – um 8 Uhr wird der Film starten – haben sich im kleinen Abaton-Foyer schon die Fotografen in Position begeben.
„Ich bin froh, dass ich meinen Blitz mitgenommen habe. Hier ist gar kein Licht für Fotografen.“
Arbeitsbedingungen? Naja. Der Fotograf schaut genervt:
„Sehr wenig Zeit, nehme ich an. Genau wissen wir es nicht. Aber es wird wie immer ... ne Zwei-Minuten-Geschichte.“
Also warten! Und: Werden Corbijn und Grönemeyer rechtzeitig für die Fotos da sein? Jasper Koch hat anderes im Sinn. Er guckt gen Himmel.
Reporter: „Und was sagt das Wetter?“
Jasper Koch: „Es hat gerade angefangen zu regnen.“
Reporter: „Also kein roter Teppich?“
Jasper Koch: „Wahrscheinlich nicht. Wir gucken mal, wenn es jetzt sofort wieder aufhört, vielleicht.“
Jasper Koch: „Es hat gerade angefangen zu regnen.“
Reporter: „Also kein roter Teppich?“
Jasper Koch: „Wahrscheinlich nicht. Wir gucken mal, wenn es jetzt sofort wieder aufhört, vielleicht.“
„Jede Premiere ist irgendwie anders“
An der Kino-Bar – direkt vor der Fotografen-Schar – stellen Andrea und Ignacio Bonano und ihre beiden Kollegen – die Sektgläser hin.
Andrea B.: „Für uns als Bar ist das besonders stressig, weil wir ja den normalen Kino-Betrieb haben und die Gäste bewirten müssen. Und nebenbei schon versuchen, Gläser aufzubauen, alles schön zu machen.“
Ignacio B.: „Jede Premiere ist irgendwie anders. Man weiß nicht, was kommt. Aber ist schon immer was Besonderes, eine Premiere.“
Außer dem Fotoshooting wird es in dem engen Zeitfenster vor Filmstart um 20 Uhr noch Interviews geben. Barbara Schmidt von der betreuenden Presseagentur Schmidt-Schumacher blickt zum Eingang. Jeden Augenblick können die Künstler jetzt auftauchen.

Musiker Herbert Grönemeyer (l.) und Regisseur Anton Corbijn kommen am 22. September zur Premiere des Films „Life“ in Hamburg.© picture alliance / dpa / Georg Wendt
„Also wir, wir laden ja die berichterstattende Presse zu den Events ein. Sobald wir wissen, welche Darsteller oder Regisseure oder Produzenten kommen. Dann wird eingeladen ungefähr eine Woche vorher.“
Jasper Koch reißt inzwischen die Kinokarten für die zusätzlich laufenden regulären Vorstellungen in den beiden anderen Abaton-Kino-Sälen ab. Er hat hat eine Entscheidung getroffen:
„Das macht leider keinen Sinn, da einen roten Teppich hin zu legen. So schade das ist. Aber ... Moin, moin.“
Herbert Grönemeyer ist jetzt da
Am Tresen schenken Andrea und Ignacio Bonano den Sekt ein. Die Gäste strömen in den Saal. Im Foyer steigt dieAnspannung. Dann ist der Regisseur da; stellt sich vor dem großen Plakat an der Bar in Position. Es wird laut.
„Over here, please.“
„One more time here, please.“
„Over here.“
„One more time here, please.“
„Over here.“
Anton Corbijn ist ein bekannter Filmemacher, ohne Frage, aber sein alter Mitstreiter und Freund Herbert Grönemeyer – jetzt ist auch er da! – ein Star. Er wird nochmal lauter.
„Herr Grönemeyer, einmal nach links.“
„Herr Grönemeyer, hierher, please.“
„Einmal lächeln.“
„Einmal hier zur hellen Jacke bitte.“
„Herbert, Herbert, hier!“
„Herr Grönemeyer, hierher, please.“
„Einmal lächeln.“
„Einmal hier zur hellen Jacke bitte.“
„Herbert, Herbert, hier!“
Die Fotos sind geschossen. Auf einmal ist das Foyer leer.
Koch: „Guten Abend, herzlich willkommen im Abaton-Kino zur Premiere, zum Kinostart von ‚Life‘, dem neuen Film von Anton Corbijn. Herzlich willkommen!“
Jasper Koch stellt den Filmemacher vor ausverkauftem Haus vor. Fotograf Andre Poling ist zufrieden mit den Bildern.
„Das war okay.“
„Ja?“
„Jaah!“
„Ja?“
„Jaah!“
„You get used to it“
Kurz nach elf geht der Film zu Ende. Während der Vorstellung war Regisseur Corbijn war mit seiner kleinen Entourage Essen. Als der Abspann läuft, ist er pünktlich wieder im Abaton. Für ihn, nach vierzig Jahren im Geschäft, ist eine Premiere wie diese Routine.
„Oh, you get used to it. I did ist ... I´ve done fourty years of work. You get used to it. You know, the idea is always to promote a work.“
Aber, sagt Corbijn, es geht eben immer darum, durch so eine Veranstaltung deine eigene Arbeit zu fördern. Er geht in den Kinosaal, um die Publikumsfragen zu beantworten. Und die Abaton-Mitarbeiter fangen an aufzuräumen. Fast ist es 23 Uhr.
Andrea: „Ich habe gleich Feierabend. Wenn ich die Gläser weggeräumt habe, habe ich gleich Feierabend.“
Ignacio: „Ist gut gelaufen, ist sehr viel über den Tresen gegangen. Viel Sekt.“
Ignacio: „Ist gut gelaufen, ist sehr viel über den Tresen gegangen. Viel Sekt.“
Jasper Koch führt noch einmal in die Katakomben des Abaton. Wie gesagt, Premiere bei Hamburger Schmuddelwetter, das ist so eine Sache:
„Vorsicht, hier ist das ein bisschen eng.“
„Ja, ich seh. Ja, hier genau. Da. Zusammengerollt in der Ecke. Wir sind in einer Abstellkammer, in dem unsere ganzen Programmhefte lagern. Und die Sicherungskästen. Und steht auch ein zusammen gerollter roter Teppich.“
„Und der wäre heute zum ...“
„Der wäre heute zum Einsatz gekommen, wenn es nicht in Strömen gegossen hätte.“
„Ja, ich seh. Ja, hier genau. Da. Zusammengerollt in der Ecke. Wir sind in einer Abstellkammer, in dem unsere ganzen Programmhefte lagern. Und die Sicherungskästen. Und steht auch ein zusammen gerollter roter Teppich.“
„Und der wäre heute zum ...“
„Der wäre heute zum Einsatz gekommen, wenn es nicht in Strömen gegossen hätte.“
Und Feierabend am Premierenabend?
„Der letzte Film geht ungefähr bis halb Zwei. Dann muss man noch abschließen. Zehn vor Zwei. Irgendwie so was.“