Filmpädagogischer Volkshochschulkurs
Wie so oft bei Bühnenadaptionen der Drehbücher von Lars von Trier, reichen die Theateraufführungen an die Filme kaum oder nur mit Mühe heran. Auch für die Uraufführung des Drehbuchs "Dear Wendy" gilt das, mag auch Lars von Trier selbst dieses Drehbuch "theaternäher" als den Film, den daraus sein dänischer Filmkollege und Dogma Mitstreiter Thomas Vinterberg 2004 machte, bezeichnet haben.
Doch mehr als ein filmpädagogischer Volkshochschulkurs zu jenem verstörenden Film ist die Inszenierung von Florian Fiedler und Robert Lehninger in der "Schmidtstraße 12", der Außenspielstätte des Schauspiel Frankfurt nicht geworden. Dieser Eindruck drängt sich vor allem durch den ersten Teil "Zur Sache Dandy!" auf, eine Einführung, die – Achtung: Wortspiel! - "Projektil" genannt wird. Die Schauspieler erzählen, ob sie selbst einen "Kick" beim Abgeben von Schüssen aus Schusswaffen empfunden haben und führen vor, dass sie kapiert haben, dass es sich bei Triers Drehbuchvorlage nicht um eine Kritik an amerikanischen Schusswaffengesetzen oder um die sozialpsychologische Ergründung jugendlicher Amokläufer handle. Aber rennt man damit nicht offene Türen ein? Die Einführung schadet mehr als sie nützt.
Vinterbergs Film spielt zwar im amerikanischen Bergarbeiterstädtchen "Estherslope", aber mit seinem Sheriff und seinem Drugstore ist es überdeutlich als Kulisse und Konstruktion zu erkennen, fast schon wie "Dogville". Wendy ist die Pistole, mit der sich der Dick "verheiratet" hat, und der er mit der Anrede "Dear Wendy" einen Brief als Testament geschrieben hat. Dick gehört einer Gruppe von Waffenliebhabern an, die sich "Dandys" nennen, also ästhetische Menschen sind, ihre Leidenschaft geheim halten und in ihrem Geheimbund einen Ehrenkodex entwickeln. Ein bedingungsloser Pazifismus gehört dazu. Am Ende wird dieser Ehrenkodex an der Realität scheitern. Mit der Waffe als Partnerin reift diese Gruppe und das Selbstbewusstsein der Loser entwickelt sich. In ihren barocken Kostümen, ihrem Ehrenkodex, in ihren Degenspielen (im Film) verweisen sie auf die Gewalt zelebrierenden Drugs in Kubricks "Clockwerk Orange", wenngleich sie weit sympathischer und verinnerlichter als Kubricks Gewalttäter sind. Dem Filmregisseur Stan Kubrick erweist der Film, aber auch die Theateraufführung - durch Zitate der Filmmusik von "Barry Lyndon" - insgeheim seine Reverenz.
Die zuerst von Arnim Petras von Florian Fiedler geleitete Spielstätte Schmidtstraße ist ein Ort interessanter, schnell produzierter Aufführungen – und in das Jahresmotto "Angst.Rausch" passt "Dear Wendy" sicherlich sehr gut. Aber gegenüber dem Film erreicht die Aufführung keine Legitimation. Gegenüber den präsenten, eindringlichen, sorgfältig gecasteten Schauspielern des Films verblasst die Routinearbeit der sympathischen jungen Frankfurter Darsteller. Und vielleicht hätte man auch etwas mehr auf das Theatralische des Stoffs setzen sollen. Tödliche Degenfechterei und gezieltes Morden – und gleichzeitig Pazifist sein – ist ja Kern des Dramas und Theateralltag. Der Chor der Kriegsveteranen andererseits – ein theatralisches Mittel, das die Welt außerhalb der Dandys verkörpert - , kann andererseits die tödliche Paranoia der schwarzen Grandmama nicht ins Spiel bringen.
Sieht man das Drama vor dem Film, wie zum Beispiel bei der Mannheimer Uraufführung des in Deutschland noch nicht im Kino angelaufenen Films "The Boss of it All", wird deutlich, dass von Triers Drehbücher durchaus well-made-plays sind. Aber der Schein trügt, die Bühnenadaptionen sind oft nur "Sekundärliteratur", und steht man vor der Wahl, ist der Kauf der DVD der Theatereintrittskarte vorzuziehen.
Dear Wendy
Schauspiel Frankfurt, Schmidtstraße 12
Regie: Florian Fiedler, Robert Lehniger
Nach dem Drehbuch von Lars von Trier
Vinterbergs Film spielt zwar im amerikanischen Bergarbeiterstädtchen "Estherslope", aber mit seinem Sheriff und seinem Drugstore ist es überdeutlich als Kulisse und Konstruktion zu erkennen, fast schon wie "Dogville". Wendy ist die Pistole, mit der sich der Dick "verheiratet" hat, und der er mit der Anrede "Dear Wendy" einen Brief als Testament geschrieben hat. Dick gehört einer Gruppe von Waffenliebhabern an, die sich "Dandys" nennen, also ästhetische Menschen sind, ihre Leidenschaft geheim halten und in ihrem Geheimbund einen Ehrenkodex entwickeln. Ein bedingungsloser Pazifismus gehört dazu. Am Ende wird dieser Ehrenkodex an der Realität scheitern. Mit der Waffe als Partnerin reift diese Gruppe und das Selbstbewusstsein der Loser entwickelt sich. In ihren barocken Kostümen, ihrem Ehrenkodex, in ihren Degenspielen (im Film) verweisen sie auf die Gewalt zelebrierenden Drugs in Kubricks "Clockwerk Orange", wenngleich sie weit sympathischer und verinnerlichter als Kubricks Gewalttäter sind. Dem Filmregisseur Stan Kubrick erweist der Film, aber auch die Theateraufführung - durch Zitate der Filmmusik von "Barry Lyndon" - insgeheim seine Reverenz.
Die zuerst von Arnim Petras von Florian Fiedler geleitete Spielstätte Schmidtstraße ist ein Ort interessanter, schnell produzierter Aufführungen – und in das Jahresmotto "Angst.Rausch" passt "Dear Wendy" sicherlich sehr gut. Aber gegenüber dem Film erreicht die Aufführung keine Legitimation. Gegenüber den präsenten, eindringlichen, sorgfältig gecasteten Schauspielern des Films verblasst die Routinearbeit der sympathischen jungen Frankfurter Darsteller. Und vielleicht hätte man auch etwas mehr auf das Theatralische des Stoffs setzen sollen. Tödliche Degenfechterei und gezieltes Morden – und gleichzeitig Pazifist sein – ist ja Kern des Dramas und Theateralltag. Der Chor der Kriegsveteranen andererseits – ein theatralisches Mittel, das die Welt außerhalb der Dandys verkörpert - , kann andererseits die tödliche Paranoia der schwarzen Grandmama nicht ins Spiel bringen.
Sieht man das Drama vor dem Film, wie zum Beispiel bei der Mannheimer Uraufführung des in Deutschland noch nicht im Kino angelaufenen Films "The Boss of it All", wird deutlich, dass von Triers Drehbücher durchaus well-made-plays sind. Aber der Schein trügt, die Bühnenadaptionen sind oft nur "Sekundärliteratur", und steht man vor der Wahl, ist der Kauf der DVD der Theatereintrittskarte vorzuziehen.
Dear Wendy
Schauspiel Frankfurt, Schmidtstraße 12
Regie: Florian Fiedler, Robert Lehniger
Nach dem Drehbuch von Lars von Trier