Filmfestspiele von Venedig

Depp und der fette Australier

US-Schauspieler Johnny Depp bei der Premiere des Films "The Danish Girl" am 5. September in Venedig
US-Schauspieler Johnny Depp bei der Premiere des Films "The Danish Girl" am 5. September in Venedig © dpa / picture alliance / Claudio Onorati
Von Anna Wollner · 12.09.2015
Es sind nicht nur die Filme, die auf dem Lido im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Es sind natürlich auch die Stars, die manchmal gar keine sein wollen, die sich im Rampenlicht sonnen und die sehr oft merkwürdige Auftritte hinlegen. Wie Johnny Depp zum Beispiel.
Depp: "My name ist Dakota Faning, I changed it officially a week ago."
Ja, Johnny Depp weiß nicht so richtig, wer er ist. Nachdem die Moderatorin der Pressekonferenz seine "Black Mass"-Kollegin Dakota Johnson falsch vorgestellt hat, springt er ihr charmant zur Seite und stellt, auf die Bierflasche in seiner Hand weisend direkt klar:
"Ich wollte auch darauf hinweisen, dass das hier alkoholfreies Bier ist. Ich bin ausnahmsweise verantwortungsvoll. Wenn ich also lalle, ist es eure Schuld."
Lallen oder nicht lallen – der Auftritt von Depp wird als sehr merkwürdig in Erinnerung bleiben. Ob er – in Anspielung auf einen Quarantäne-Vorfall in Australien, der die dortige Klatschpresse wochenlang beschäftigte – seine Hunde in Venedig dabei habe, will eine australische Kollegin von ihm wissen. Depps Antwort, das muss man ihm lassen, ist schlagfertig:
"I killed my Dogs and ate them. A fat, sweaty Australian Guy told me so."
Dabei wollte er nie Teil der Boulevardpresse werden. Er hatte eigentlich ganz andere Pläne:
"Ich wollte immer ein Charakterschauspieler sein und habe es auch versucht. Ich wollte nie der Poster-Boy sein, zu dem ich gemacht wurde."
Im Schneetreiben verschwunden
Charakterschauspieler oder Poster-Boy. Fest steht: Johnny Depp ist einmalig. Genau wie Josh Brolin. Eigentlich. Der Star aus dem Eröffnungsfilm "Everest" hat nicht nur dort das Problem, dass man ihn vor lauter Schneetreiben auf dem Berg kaum von seinen Kollegen unterscheiden und erkennen kann. Selbst zuhause ist er davor nicht gefeit:
"Ich komme also in diese Tankstelle in meiner Heimatstadt, ein echtes Kaff. Jeder Schauspieler denkt doch über sich, dass er ein wenig berühmter sei, als er wirklich ist. Die Frau an der Kasse guckt mich an, wird rot und sagt: Oh mein Gott. Ich habe ihr letztes Album geliebt."
Josh Brolin lacht. Das macht er oft und gerne. Wie ein kleines Kind, das nicht still sitzen bleiben kann, springt er immer wieder auf, läuft durch den Raum und löst die Geschichte auf:
"In so einem Moment hat man zwei Möglichkeiten. Entweder man klärt die Situation auf oder man macht weiter. Ich wollte die arme Frau nicht vor den Kopf stoßen und habe also nur gesagt: Danke. Am Ende habe ich gecheckt, dass es gar nicht um mein Gesicht ging, sondern um den Klang meines Namens. Sie hat mich mit Josh Grobin verwechselt."
Für immer Hulk
Immerhin klingt das wirklich einigermaßen ähnlich. Mark Ruffallo, auf dem Lido eigentlich, um über seinen Film "Spotlight" zu sprechen, in dem er einen investigativen Reporter des "Boston Globe" spielt, kommt oft im Kontakt mit Fans gar nicht in den Genuss, seinen eigenen oder ähnlich klingenden Namen zu hören.
"Ich werde immer der Typ sein, den alle mögen, aber an dessen Namen sich keiner erinnern kann. ich glaube die meisten wissen ihn noch nicht mal. Alles, was sie rufen ist: Hulk. (Lacht) Ach Mann."
Es klingt fast so, als habe er resigniert. Denn seit er als Hulk-Actionfigur in Kinderzimmern steht, ist es vorbei mit der Anonymität:
"Aus irgendeinem Grund dachte ich wohl, ich hätte immer die Möglichkeit, einfach zu verschwinden. Das ist aber schwierig geworden. Das gefällt mir nicht. Ich beobachte einfach zu gerne Leute, werde aber selbst nicht gerne beobachtet."
Suhlen im Selbstzweifel
Was ist nur los mit diesen Schauspielern, kann man sich hier in Venedig fragen. Denn auch Eddie Redmayne, seit diesem Jahr Oscarpreisträger und mit einem der wohl besten Filmen auf dem Festival – dem Transgender-Drama "The Danish Girl" - war bei seiner Weltpremiere hin- und hergerissen:
"Ich hatte den Film vorher noch nicht gesehen. Als Schauspieler fühlt es sich immer unnatürlich an, dich selbst auf der Leinwand zu sehen, während alle anderen auch zuschauen."
"Dann such dir doch 'nen anderen Job" ist man versucht, ihm mit auf den Weg zu geben. Aber auch das will man nicht. Dafür spielt Eddie Redmayne in "The Danish Girl" viel zu gut, nuanciert, mit so viel Gefühl und Gesichtsausdrücken, wie andere Schauspielkollegen in ihrer ganzen Karriere nicht hinkriegen. Britisch, höflich, reserviert und reflektiert suhlt er sich dennoch in Selbstzweifeln.
"Bei jeder Rolle hast du das Gefühl, dass du ihr nie gerecht wirst. Deswegen spielen viele Schauspieler ja auch so gerne Theater. Weil du auf der Bühne jeden Tag aufs Neue die Chance hast, der Rolle näher zu kommen. Das Schlimme am Film ist ja, dass du nach einem Drehtag abends im Auto sitzt und nur denkst: Mist."
... sagt er und entschwindet mit Sonnenbrille im Haar Richtung Strand. Vielleicht trifft er sich dort mit Johnny Depp auf ein alkoholfreies Bier. Schauspielern ist hier alles zuzutrauen.
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