Film "Stille Post"

Über die Macht manipulierter Bilder

10:13 Minuten
Die Schauspieler Hadi Khanjanpour als Khalil und Leyla Kristin Suckow als Leyla stehen in einem rötlich beschienenen Raum über einen Bildschirm gebeugt.
Gehen den Dingen auf den Grund: Khalil und Leyla. © Nina Reichmann
Florian Hoffmann im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 13.12.2022
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Der Konflikt zwischen Kurden und Türken ist komplex. Vielleicht sei das ein Grund, warum das Bombardement der kurdischen Stadt Cizre vor einigen Jahren wenig Schlagzeilen machte, sagt Regisseur Florian Hoffmann. Sein Film "Stille Post" erzählt davon.
Der Grundschullehrer Khalil lebt mit seiner Freundin, der Journalistin Leyla, in Berlin. Sie will einen Beitrag über die kurdische Stadt Cizre in der Türkei machen, die, so offenbaren von Bewohnern gedrehte Handyvideos, von der türkischen Armee bombardiert wird.
Als Leyla Khalil diese Videos aus seiner alten Heimatstadt zeigt, glaubt er darin seine tot geglaubte Schwester zu erkennen und versucht, über die kurdische Gemeinschaft mit ihr Kontakt aufzunehmen und sie in Sicherheit bringen. Auch soll die Öffentlichkeit alles über den brutalen Krieg erfahren.

Authentische Ereignisse

Der Regisseur Florian Hoffmann erzählt diese Geschichte in seinem Film „Stille Post“, der jetzt ins Kino kommt. Er ist inspiriert von wahren Begebenheiten. Ausgangspunkt sind die authentischen Handyvideos aus der kurdischen Kriegsregion von 2015.

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„Das türkische Militär hatte in einer Nacht- und Nebelaktion die kurdische Stadt Cizre umzingelt und eine Ausgangssperre über sie verhängt: Niemand durfte die Stadt betreten – keine Journalisten, keine Politiker, nicht einmal Krankenwagen", so beschreibt Hoffmann die Ereignisse in einem Text. "Die Bewohner von Cizre waren gefangen in ihrer eigenen Stadt. Kurz darauf begann das türkische Militär Cizre zu bombardieren."

Verbindung zur Außenwelt gekappt

Was an diesem Fall besonders war: "Die Militäroperation ging mit einer Medienstrategie einher", erläutert der Filmemacher. "Die Stromverbindung der Stadt wurde gekappt, das Internet abgestellt und Störsender errichtet, die den Handyempfang der Bewohner verhinderten. Das türkische Militär wollte sichergehen, dass kein Bild dieser Geheimoperation die Stadt verlässt.“
Der Regisseur Florian Hoffmann, aufgenommen in Berlin-Kreuzberg. Er steht vor dem Plakat seines Films "Stille Post". Die Haare trägt er zurückgekämmt und einen Drei-Tage-Bart.
Persönliche Erlebnisse inspirierten seinen Film: In "Stille Post" thematisiert Regisseur Florian Hoffmann die Situation der Kurden in der Türkei - und wie die Medien damit umgehen. © picture alliance / dpa / XAMAX
Im Film stößt Journalistin Leyla bei den Medien zunächst auf Desinteresse, als sie ihre Geschichte anbietet. Erst als sie und Khalil die Videos manipulieren, um drastischeres Material in Ton und Bild zur Verfügung stellen zu können, bekommen sie mediale Aufmerksamkeit: Der Krieg kommt in die Schlagzeilen und damit auch eine hitzige politische Debatte zwischen türkischer und kurdischer Community in Deutschland.

Warum werden bestimmte Konflikte ignoriert?

Florian Hoffmann beleuchtet zum einen, warum bestimmte Kriege in Deutschland sehr viel Beachtung finden – Syrien, Ukraine –, andere dagegen nicht. Mitentscheidend sei offenbar eine gewisse geografische Nähe (Ukraine) – oder ob ein Konflikt zu komplex sei, um in den Medien eingängig darüber zu berichten, so der Regisseur.

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Zum anderen zeigt Hoffmann, wie Medien mit Manipulationen arbeiten, um Themen mehr Aufmerksamkeit und Relevanz zu geben. Diesen Zwiespalt habe er selbst empfunden, als er Cizre besuchte, sagt Hoffmann, denn: „Die Leute setzen Hoffnungen in uns.“ Die Hoffnung, dass der Rest der Welt sie nicht vergisst.

Vorführung vor Schulklassen

Große Freude empfindet er darüber, dass sein Film bereits Schulklassen gezeigt und von den Schülerinnen und Schülern offenbar interessiert aufgenommen und lebhaft diskutiert wurde: „Während der ersten zehn Minuten der Vorführung wurde noch viel gegrölt. Danach war es still.“
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