Filme lassen tief blicken

Von Gerrit Stratmann |
Flache TV-Bildschirme sind überall präsent. Doch während in der Öffentlichkeit das Rennen um bessere Bildqualität in vollem Gange ist, wird hinter den Kulissen bereits an der nächsten großen Revolution gearbeitet. In ein paar Jahren soll die Mattscheibe endlich an Tiefe gewinnen.
Seit zehn Jahren erforscht Klaus Hopf die Möglichkeit, auf platten Bildschirmen dreidimensionale Bilder darzustellen. In seinem Labor am Heinrich-Hertz-Institut der Fraunhofer-Gesellschaft für Nachrichtentechnik hat der Ingenieur einen Informationskiosk aufgebaut, der auf Flughäfen oder in Museen eingesetzt werden könnte. Ein Blick auf den Monitor und dem Betrachter erschließen sich eindrucksvoll ganz neue Dimensionen.

"Sie sollten jetzt also einen dreidimensionalen, räumlichen Elefanten sehen. Das ist so, dass wir hier Single-User Displays haben, das heißt, ein Nutzer kann diese gut aufgelösten 3D-Bilder sehen, und das eben ohne Hilfsmittel wie Shutter- oder Polfilterbrillen, die man früher verwendet hat."

Das Gerät erzeugt die Tiefenwirkung mit dem so genannten Eye-Tracking-Verfahren. Eine Kamera oberhalb des Bildschirms erkennt automatisch die Augenpositionen eines Betrachters. Wie beim natürlichen Sehen auch, wirft der Monitor über eine spezielle Optik zwei leicht versetzte Bilder an das rechte und linke Auge. Dadurch sieht der Betrachter die Szene in drei Dimensionen, und das ganz ohne störende Brille.

Also wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Nutzer 3D-Brillen nicht tragen möchten.

In den Anfangstagen waren Brillen mit unterschiedlich gefärbten Gläsern notwendig, um ein Bild räumlich wirken zu lassen.

"Das sind aus heutiger Sicht sehr schlechte Verfahren, weil ein Auge muss nur rotes Licht sehen, das andere nur grünes Licht, das ist sehr störend, Sie kriegen sehr schnell Kopfschmerzen, und heutige Verfahren arbeiten eben Brillen los, und sie sind in der Lage, eine sehr hohe Bildqualität zu reproduzieren."
Immer wieder gab es in den letzten 30 Jahren Vorstöße in Richtung dreidimensionaler Bilder in Kino und Fernsehen. Auf breiter Front durchgesetzt hat sich nichts davon. Auch die bekannten IMAX-Kinos fielen in den letzen Jahren eher durch Insolvenzen, als durch steigende Zuschauerzahlen auf. 3D-Filme blieben ein Kuriosum, eine Nische, die immer experimentellen Charakter hatte. Das lag zum einen an den verwendeten Brillen-Verfahren, zum anderen aber auch an den fehlenden Inhalten. Und dieses Problem, so Klaus Hopf, wird Hollywood und die Fernsehanstalten noch einige Zeit begleiten.

"Man kann nicht so einfach einen ganz normalen zweidimensionalen Film, wie man ihn jetzt im Kino sehen kann, konvertieren in einen guten 3D-Film."

Dass es nicht einfach ist, heißt allerdings nicht, dass es nicht gemacht wird.
George Lucas hat 2005 angekündigt, alle Krieg der Sterne-Filme in 3D umzuwandeln. Mit großem Aufwand müssen Menschen in jedem Bild des Films markieren, welche Objekte im Vorder- oder Hintergrund zu sehen sind. Eine Sisyphusarbeit. Vereinfachen könnte diese Aufgabe eine Software, die den Vorgang automatisiert. Sebastian Knorr von der Technischen Universität Berlin schreibt im Rahmen seiner Diplomarbeit an genau so einem Computerprogramm. Sein Ziel: Durch eine Analyse von Bildfolgen die Tiefenstruktur einer Szene zu entschlüsseln und die dreidimensionale Welt automatisch berechnen zu lassen.

"Was wir jetzt machen müssen, ist, wir müssen eine zweite Ansicht generieren, die ungefähr unserem Augenabstand entspricht, das heißt, wir müssen eine virtuelle Kamera irgendwie in eine 3D-Szene mit reinbauen, damit wir unsere zweite, virtuelle Ansicht erhalten."
Zwölf Minuten einer BBC-Dokumentation über die Erde hat er mit seiner Software zu Demonstrationszwecken dreidimensional konvertiert. Zu den Klängen von "Conquest of Paradise" ziehen erhabene Gletscher und schroffe Felsformationen zum Greifen nah durch das Bild. Allerdings funktioniert das Verfahren bislang nur zuverlässig bei unbewegten Szenen, in denen sich allein die Kamera bewegt.
"Generell würde ich sagen, so ein bis zwei Prozent der Sequenzen oder der Filme können wir konvertieren."

Auch wenn das nur ein Bruchteil eines Filmes ist, wäre es ein brauchbarer Anfang. Bevor die Software allerdings in der Lage sein wird, auch die Urlaubsvideos privater Nutzer vollständig automatisch zu konvertieren, wird noch einige Zeit vergehen. Im Augenblick möchte Sebastian Knorr vor allem zeigen, was die Software prinzipiell leisten kann.
"Wir haben jetzt erstmal, das ist ja rein wissenschaftlich, was wir machen, wir wollen erstmal sehen, funktioniert das Verfahren, wie gut sieht das aus, und jetzt wissen wir, das ist robust, und dann wird das Ganze optimiert, so dass es sehr viel schneller geht, weil es soll ja nachher auch für den Heimanwender sein."
Der Bedarf an dreidimensionalen Inhalten scheint stetig zu wachsen. Vor allem in den USA werden neue 3D-Kinos gebaut und Kinofilme wie Harry Potter schon teilweise in 3D gedreht. Auch für zu Hause scheinen dem neuen Filmvergnügen technisch kaum noch ernsthafte Hindernisse im Weg zu stehen. Private Haushalte werden aber auf den Preis achten, und der, sagt Klaus Hopf vom Heinrich-Hertz-Institut, ist im Moment noch unattraktiv.
"So ein 3D-Fernseher später darf nicht viel mehr kosten, als das Doppelte eines normalen Fernsehers. Jetzt ist es immer noch so, für so ein professionelles Display, müssen Sie an den Preis eines Fernsehers noch eine Null dranhängen, dann haben Sie einen realistischen Preis, und dann können Sie das auch bei uns kaufen."

Ob die Konsumenten kurz nach der Einführung von Flachbildfernsehern mit hochauflösenden Bildern schon bereit sind, für eine neue Revolution zu bezahlen, steht in den Sternen. Aber ein paar Jahre wird es zum Glück auch noch dauern, bis diese Entscheidung ansteht.
"Ich bin kein Prophet, aber ich denke mal, wir müssen noch fünf bis zehn Jahre warten, bis wir hier eine Schwelle erreicht haben, dass das einen wirklich großen Markt erreichen wird, die 3D-Displaytechnologie."