Filme der Woche: Wintergast

Reise durch die winterliche Schweiz

Die Schweizer Flagge weht nahe dem Jungfraujoch in den Berner Alpen
"Wintergast" ist junges Schweizer Kino © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Von Patrick Wellinski |
Ein Regisseur steckt in einer Kreativkrise - jahrelang. Schließlich hängt er seinen Job an den Nagel und begibt sich auf eine Reise durch die Schweiz. Der Trip wird zu einer Reise zu sich selbst. "Wintergast" ist ein gelungenes Roadmovie.
Alles beginnt mit einer Rückblende. Stefan Keller ist Mitte 30, als sein Kurzfilm den Schweizer Filmpreis erhält. Das sollte der Durchbruch sein. Dann sitzt er einer Produzentin gegenüber und bespricht sein Spielfilmdebüt. Noch hat Keller nur eine fixe Idee: Ein Mann soll in Tokio nach seinem Koffer greifen. Erst im Hotel merkt er, dass dies nicht sein Koffer ist.
Und dann gibt es in "Wintergast", diesem lakonischen schwarz-weiß Roadmovie, einen Schnitt. Fünf Jahre sind vergangen. Mehr als diesen ersten Satz hat Keller nicht zustande gebracht. Er steckt in einer Kreativkrise. Weiß nicht, wie er weiter machen soll. Seine Freundin will eine "Auszeit". Die Produzentin macht ihm ein Ultimatum. Und dann erklären ihm seine Eltern, dass sie ihn nicht mehr finanzieren werden. Und so sucht sich der 39 Jahre alte Regisseur einen Nebenjob. Er soll Jugendherbergen in der Schweiz testen.
Ein Film voller Gelassenheit
Und so beginnt seine Reise durch die winterliche Schweiz. Die beiden jungen Regisseure Andy Herzog (der auch die Hauptrolle spielt) und Matthias Günther nutzen diese Bewegung ihrer autobiographisch angelegten Hauptfigur, um eine Bestandsaufnahme der heutigen Alpenrepublik einzufangen. So trifft Keller auf Flüchtlinge, Arbeitslose, deutsche Migranten und andere Künstler. In tristen Mehrbettzimmern kommt aber auch unser Held langsam zu sich und begreift allmählich, dass am Ende er sich selbst im Wege steht und dass es vielleicht ab und zu angebracht ist, seine großen Projekte einfach auch mal aufzugeben.
In dieser Gelassenheit gefällt einem "Wintergast". Der Film ist auch ein Zeugnis des jungen Schweizer Kinos, das nach einer längeren Durststrecke nun langsam auch auf unseren Leinwänden wieder präsenter wird.

Wintergast
Schweiz 2015, 82 Minuten
Regie: Andy Herzog und Matthias Günther
Darsteller: Andy Herzog, Katarina Schroeter, Sophie Hutter, Susan Rüdlinger

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