Filme der Woche

Seltsame Unwirtlichkeit

Der chinesische Schauspieler Fan Liao ("Bai Ri Yan Huo"/ "Feuerwerk am helllichten Tage") posiert am während der 64. Internationalen Filmfestspiele in Berlin mit dem Goldenenen und Silbernen Bären. Liao wurde mit dem Silbernen Bären als bester Darsteller ausgezeichnet, der Film gewann den Goldenen Bären.
Der chinesische Schauspieler Fan Liao wurde für seine Rolle in "Feuerwerk am helllichten Tage" auf der Berlinale als bester Darsteller geehrt. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Anke Leweke |
Die Spuren einer rätselhaften Mordserie führen zu einer Femme fatale. Geschickt spielt Diao Yinan mit den Elementen des Film noir. Die Handlung führt in die harte chinesische Wirklichkeit. Eine banale Reinigung wird zum Dreh- und Angelpunkt einer schrecklichen Gewaltspirale.
Eine versoffener Exbulle, eine rästelhafte Mordserie, alle Spuren führen zu einer Frau, die ein Geheimnis zu verbergen hat, zu einer Femme fatale. Der ehemalige Polizist, der auf eigene Faust die Ermittlung aufnimmt, ahnt, dass wenn er sich der schönen Dame nähert, er sein eigenes Leben in Gefahr bringt. Denn alle Männer, die grausam ermordet wurden, hatten mit ihr einst Kontakt.
Geschickt spielt der Regisseur Diao Yinan mit den Elementen des Film noir, der Schwarzen Serie, die das amerikanische Kino in den vierziger Jahre prägte. Und wie in diesen Thrillern ist auch hier die Stadt mehr als nur Kulisse. Man findet sich in einer Provinzstadt im Nordosten wieder, von der eine seltsame Unwirtlichkeit ausgeht. Die bunten Neonlichter an den Straßen verströmen kein Leben, vielmehr gibt ihr extrem kaltes Licht der Szenerie fast schon einen surrealistischen Touch. Weil die Bewohner von ihrer Umgebung seltsam entfremdet wirken, weil die Vergnügungsparks immer leer sind, weil jeder einsam und allein seine Runden auf der Eisbahn dreht. Von dem metallenen Geräusch der Schlittschuhe geht eine Bedrohung aus, die Polizeifotos verstümmelter Leichen deuten an, dass sie sich auch als Mordwaffe eignen.
Meister doppelbödiger Bilder
Größtenteils spielt die Handlung im Winter, die klirrende Kälte kann auch als Metapher für eine allgemeine Erstarrung gelesen werden. So fühlen sich der Exbulle und die Frau voneinander angezogen, doch können sie sich kaum in die Auge schauen oder normal miteinander sprechen. Es ist eine Anspannung, die in fast jeder der präzisen Einstellungen zu finden ist, eine Anspannung, die implodieren aber auch explodieren kann.
Ohnehin scheinen Gewalt, Rücksichtslosigkeit und eine Verrohung der Sitten den Alltag in der Stadt zu bestimmen. Wie ein Echo hallt die Wirklichkeit des harten chinesischen Lebens in den Bildern nach. Wenn man Leichenteile auf einem Kohlewaggon sieht, muss man an die Grubenunglücke denken, an schlampige und ungenügende Sicherheitsvorkehrungen. Dian Yinan ist ein Meister solcher doppelbödigen Bilder, mit der Kriminalhandlung gleitet man in die chinesische Wirklichkeit und eine banale Reinigung wird zum Dreh- und Angelpunkt einer schrecklichen Gewaltspirale, während ein Fleck auf einem Ledermantel zu einem Kampf um Leben und Tod führt.

"Feuerwerk am helllichten Tag"
Regie: Diao Yinan; u.a. mit: Fan Liao, Lun-mei Gwei, Xue-bing Wang
China, Hongkong 2014, 109 Minuten

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