Filme der Woche

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 01.03.2006
"Capote" ist die Verfilmung des Buches von Gerald Clarke über den legendären US-Schriftsteller Truman Capote. Das Drama "Requiem" von Hans-Christian Schmid zeigt den Leidensweg einer Studentin auf, die glaubt, von Dämonen besessen zu sein.
Capote
USA 2005
Regie: Bennett Miller
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Clifton Collins Jr., Mark Pellegrino, Bruce Greenwood, Chris Cooper, Amy Ryan u. a.

"Capote" ist von Bennett Miller, einem versierten amerikanischen Dokumentar- und Werbefilmer, der hier sein Spielfilmdebüt vorstellt (B: Dan Futterman/ein Schauspieler - z. B. "Birdcage - Ein Paradies für schräge Vögel"/1996 -, der hier sein Drehbuchautor-Debüt abliefert). Basierend auf der gleichnamigen Buch-Vorlage von Gerald Clarke aus dem Jahr 1988 (= die 13 Wochen lang in der Bestsellerliste der "New York Times" war - ein Rekord für eine literarische Biographie) entstand ein Porträt des legendären US-Schrifstellers Truman Capote (30.9.24 - 25.8.84), das deshalb so grandios "funktioniert" und für fünf "Oscars" nominiert wurde, weil der Capote-Darsteller Philip Seymour Hoffmann ("Owning Mahony") unglaublich-genau und prickelnd-amüsant die Tonart und Körpersprache des kleinen, exzentrischen, schwulen, mit einem piepsenden Vokal ausgestatteten New Yorker Schrifstellers ("Frühstück bei Tiffany") trifft.

Der hier auf seinem mühseligen, einsamen Recherche-Weg zu seinem Literatur-Meisterwerk "Kaltblütig" von 1966, seinem letzten vollendeten Roman, beobachtet/beschrieben/geschildert wird. Ein filmisches Meisterwerk, das wunderbar-eindringlich und faszinierend-spannend davon erzählt, wie kraftraubend kreative Arbeit sein kann.


Requiem
Deutschland 2006
Regie: Hans-Christian Schmid
Darsteller: Sandra Hüller, Walter Schmidinger, Burghart Klaußner, Jens Harzer, Imogen Kogge u. a.

"Requiem" ist von Hans-Christian Schmid, Jahrgang 65, der inzwischen zu den interessantesten deutschen Filmemachern zählt ("Nach Fünf im Urwald" / "23"/Crazy"/"Lichter"). "Frei nach einer wahren Begebenheit" heißt es hier bei diesem sensiblen, einfühlsamen, überzeugenden Gesellschaftspanorama um eine junge Frau aus Süddeutschland, die aus einem streng-katholischen Elternhaus stammt und sich Mitte der 70er Jahre in Richtung Uni-Tübingen aufmacht, um der Provinz-Enge und "ihrer Sache" zu entkommen: Sie leidet an Epilepsie, glaubt aber, von Dämonen besessen zu sein. Da sich schließlich ihr Zustand nicht verbessert und sie ärztliche Hilfe ablehnt, rät ihr katholischer "Beistand" zum Exorzismus, der Teufelsaustreibung. Die Folgen sind tödlich.

Nachdem sich neulich schon der Hollywood-Film dieses Themas (allerdings ziemlich oberflächlich-fade-spekulativ) angenommen hatte ("Der Exorzismus der Emily Rose"), überzeugt das behutsame deutsche Pendant in Milieu-Beschreibung, besonnener Emotionalität und darstellerischer Präsenz. "Requiem" ist ein großartiger Ensemblefilm, in dem Imogen Kogge (die Brandenburger "Polizeiruf 110"-Kommissarin Johanna Herz), Burghart Klaußner ("Die fetten Jahre sind vorbei") als überforderte Eltern und "Pfarrer" Walter Schmidinger wunderbare Stichwortgeber für die sensationelle Hauptakteurin Sandra Hüller sind. Die aus Suhl in Thüringen stammende 27-jährige Schauspielerin ist mit jeder Faser ihres Körpers/ihrer Seele diese Michaela Klingler, die so gerne einfach und glücklich leben möchte und nicht kann/darf.

Ihre Interpretation ist so etwas von dicht, berührend, fesselnd, dabei ohne jedweden Manierismus auskommend, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt und nur noch begeistert ist. Ihre darstellerische Leistung ist durchaus mit der von Julia Jentzsch aus dem Vorjahr als "Sophie Scholl" ebenbürtig. Der "Silberne Berlinale-Bär" kürzlich war für Sandra Hüller jedenfalls vollauf berechtigt/verdient. Ein in jeder Beziehung wunderbarer deutscher Film!
Die Schauspieler Burghart Klaußner, Sandra Hüller und der Regisseur Hans-Christian Schmid, von links, stellten den Film "Requiem" vor.
Die Schauspieler Burghart Klaußner, Sandra Hüller und der Regisseur Hans-Christian Schmid (von links) aus dem Film "Requiem"© AP