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Top-Five

Ellar Coltrane in einer Szene aus dem Film "Boyhood"
Ellar Coltrane in einer Szene aus dem Film "Boyhood" © picture alliance / dpa
Von Patrick Wellinski · 19.07.2014
Ein Meisterwerk, der falsche Regisseur für den richtigen Stoff, sympathische Hinterwäldler. Patrick Wellinski entdeckt viel Grund zur Freude und manchen zum Ärgern in den Top Five der Arthouse-Filme.
1. "Die Karte meiner Träume" von Jean-Pierre Jeunet, Frankreich/Kanada 2013
Das ist der vierte Film in der Top 5, der von einem Jugendlichen beziehungsweise einem Kind handelt. Ob das was bedeutet? Naja, egal. Zum Inhalt: T.S. Spivet ist ein Genie, der Erfinder des ersten Perpetuum mobile. Doch die Erwachsenen glauben nicht an ihn. Und jetzt die Diagnose: Es ist der richtige Stoff für den falschen Regisseur. Denn hinter dem knallbunten Roadmovie, inklusive verkitschter Western-Bilderbuch-Idylle, steckt eine Geschichte über die Trauer einer Familie, die erst im Schmerz über den Verlust eines Sohnes zu sich finden kann. Aber Jeunet interessiert sich mehr für sein nettes 3-D. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt: Reflektion, Kontemplation, der Blick aufs Wesentliche – das waren ja nie die großen Fähigkeiten des Amelie-Regisseurs.
2. "Boyhood" von Richard Linklater, USA 2014
Ein Meisterwerk. Punkt. Glauben Sie mir, dieser Film wird dieses Jahr überdauern. Und jetzt, da er gerade in den USA und in England herausgekommen ist, wird einem das nochmal bewusst: Denn auch die englischsprachigen Kollegen übertreffen sich mit Elogen und Lobeshymnen. Zurecht: Denn "Boyhood" ist der ultimative Bildungsroman des amerikanischen Kinos. Linklater hat den Beat des Lebens eingefangen und macht uns schmerzhaft bewusst: Das Leben ist kurz. Ja, eine banale Wahrheit. Aber es bleibt eine Wahrheit.
3. "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" von Josh Boone, USA 2014
Läuft alles wie am Schnürchen. Produzent müsste man sein! Bestseller erkannt, Rechte gesichert, Handwerker engagiert, makellose Darsteller gecastet. Und jetzt klingelt's ordentlich im Geldbeutel, während die ganzen jungen Leseraten mit Freunden und Eltern ins Kino rennen, um das zu sehen, was sie gelesen haben. Willkommen im Kapitalismus. Willkommen in Hollywood 2014.
4. "Beste Chance" von Marcus H. Rosenmüller, Deutschland 2014
Der heilsame Blick der Provinz auf die großen Fragen des Lebens, das ist auch der Antriebspunkt von Marcus H. Rosenmüllers Heimatfilmen. Das kann er gut, der Rosenmüller. Was er nicht so gut kann, der Rosenmüller, das ist Welt. Das ist Indien. Für ihn ist das nämlich: Beatlesmusik, Hippies und Jogis. Alles durch die staunenden Augen eines Touristen beobachtet, der freudig merkt: Mensch, das ist ja alles wie im Katalog. Von wegen.
5. "Die große Versuchung – Lügen, bis der Arzt kommt" von Don McKellar, Kanada 2013
Die kauzigen Bewohner des neufundländischen Fischerdorfes St. Maurice-La-Mauderne können ihre finanziellen Probleme auf einen Schlag lösen, wenn sie es schaffen einen praktizierenden Arzt zu gewinnen. Darum geht es in "Die große Verführung" von 2003. Ein Arthouse-Hit, Gewinner in Sundance. Einer der größten kanadischen Filmhits der letzten Jahre. "Die große Versuchung" nun ist ein Remake. Spielt auch in Neufundland aber in Cove Grove, damit das englische Publikum nicht vom Französisch abgeschreckt wird. Und auch die Darsteller sind jetzt britisch, der Authentizität wegen, versteht sich. Wobei: Die Hauptfigur heißt wenigsten "French" mit Nachnamen. Egal: Ansonsten ist diese Fortsetzung wie schon das Original eine sympathische Hinterwäldler-Geschichte, manchmal amüsant und charmant, aber alles andere als relevant.
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