Neu im Kino: "Petite Maman - Als wir Kinder waren"

Zeitreise mit der eigenen Mutter

05:53 Minuten
Zwei achtjährige Schwestern mit braunen Locken sitzen nebeneinander und blicken in die Kamera.
Darstellerinnen mit unwiderstehlicher Energie: Joséphine und Gabrielle Sanz in "Petite Maman". © Alamode Film
Von Patrick Wellinski · 16.03.2022
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Wie war die eigene Mutter als Kind? Dieser Frage wird in "Petite Maman" spielerisch nachgegangen. Regisseurin Celine Sciamma lässt sich dabei nicht von physikalischen Details aufhalten, lieber gibt sie Einblick in Kinderseelen - ein empfehlenswerter Film.
Worum geht es?
Acht Jahre ist Nelly, als ihre Großmutter stirbt. Zusammen mit ihrer Mutter fahren sie in das Haus der Oma, um es auszuräumen. Neugierig erkundet die kleine Nelly die Umgebung. Vor allem der herbstliche große Wald in der Umgebung hat es ihr angetan.
Dort lernt sie die gleichaltrige Marion kennen. Beide Mädchen freunden sich an, doch schon bald mehren sich die Irritationsmomente, und Nelly beginnt langsam zu begreifen, dass sie wie durch eine Zeitreise in Marion das achtjährige Ich ihrer eigenen Mutter getroffen hat.
Beide Mädchen beginnen einen abenteuerlichen Streifzug durch den Wald und kommen sich auf ihre ganz eigene Art und Weise näher.
Was ist das Besondere?
Céline Sciamma hat einen wunderbar intimen Kinderfilm gedreht, der verspielt und verträumt unterschiedliche Arten der kindlichen Trauerarbeit in Bilder fasst. Wie schon in ihren Filmen „Tomboy“ und „Water Lilies“ beweist sich Sciamma als einfühlsame Soziologin von Kinderseelen.

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Dabei entwickelt sie mit einfachsten Mitteln in „Petite Maman“ auch eine zeitlose Zeitreisegeschichte, die sich aber anders als US-amerikanische Vorbilder nicht für die Einzelheiten der Physik von Zeitreiselogik interessiert. Sciammas Zeitschleife hat eine Freiheit und emotionale Tiefe von japanischen Animationsfilmen, die auch die komplexe Seelenlage von Kindern und Jugendlichen ausloten.
Bewertung
„Petite Maman“ ist ein kleiner Kinoglücksfall voller überraschender Einsichten und Wendungen. Dabei zeigt die französische Regisseurin, wie Kindern trauern, welche Räume sie sich durch ihre Fantasie erschließen; und fordert uns Erwachsene auf, unser inneres Kind nicht zu vergessen.
Gepaart mit der unwiderstehlichen Energie der beiden kleinen Darstellerinnen, beweist Sciamma einmal mehr, dass sie zu den interessantesten europäischen Filmemacherinnen zählt.

"Petite Maman - Als wir Kinder waren"
Frankreich 2021,
Regie: Celine Sciamma
mit Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse u.a.
Länge: 72 Minuten

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