Fillory-Saga

Was nach dem Happy-End passiert

Von Irene Binal · 27.12.2013
Im zweiten Band der Fillory-Saga schickt Lev Grossman seinen Helden auf eine weite Reise und spielt gekonnt mit Motiven aus Märchen und Sagen.
Was macht ein König, der sich langweilt? Er sucht das Abenteuer. Eben das tut Quentin Coldwater, einer der vier Könige des Zauberlandes Fillory. Das Leben als Monarch ist bequem, aber eintönig: "Tagsüber fläzten sie sich auf Kissen, und nachts aßen und tranken sie bis zur Besinnungslosigkeit.“ Aber Quentin will etwas erleben, und da kommt es ihm sehr zupass, dass die Bewohner der Außeninsel an der Grenze des Königreichs ihre Steuern nicht bezahlt haben. Quentin erklärt sich bereit, nach dem Rechten zu sehen und sticht gemeinsam mit Königin Julia in See.
Lev Grossman setzt dort an, wo der erste Band aufhörte - dort, wo Quentin, Janet, Eliot und Julia als Könige und Königinnen glücklich bis an ihr Ende leben sollten. Aber Grossman geht es um die Schattenseiten dieses vermeintlichen Glücks: In seinem magischen Land Fillory lauert stets die Ahnung von etwas Bösem, der Tod scheint nur einen Schwerthieb entfernt und Quentin möchte zwar ein strahlender Held sein, wird aber von Ängsten gepeinigt, von der Furcht, nie dort zu sein, wo sich das Abenteuer abspielt, und von der Erkenntnis, dass ein Wagnis nur dann glanzvoll erscheint, wenn man es heil überstanden hat.
Drache, Schwertkämpfer und sprechende Tiere
So ist "Fillory - Der König der Zauberer“ - wenngleich im Fischer-Jugendbuchverlag FJB erschienen - eigentlich gar kein Jugendbuch. Wohl wartet es mit Drachen, Schwertkämpfern und sprechenden Tieren auf, aber tatsächlich geht es um etwas anderes: um Handlungen und die Konsequenzen daraus und um Quentins Suche nach einer tieferen Bedeutung im Leben: "Welchen Sinn hatte das alles, wenn man jederzeit mir nichts dir nichts tot umfallen konnte? Das wollte er herausfinden. Worin lag der verdammte Sinn?“
Seine Suche führt Quentin weit über die Außeninsel hinaus. Versehentlich landen er und Julia auf der Erde und müssen den Weg zurück nach Fillory finden, sie treffen alte Freunde und Gegner und erfahren, dass die magische Welt in Gefahr ist und nur durch sieben goldene Schlüssel gerettet werden kann. Grossman spielt mit Motiven von Harry Potter bis zur Orpheus-Sage und stellt ihnen seinen Helden gegenüber: Quentin, der auch als König im Grunde ein normaler Jugendlicher bleibt und immer wieder erkennen muss, dass ein Märchen zu lesen etwas ganz anderes ist, als es zu erleben.
Phantastisches hinterfragen
Freilich leistet sich Grossman ein paar Schwächen, vor allem wenn es um Julia geht, die - im ersten Band noch eine Nebenfigur - nun die zweite Hauptrolle spielen darf. In Rückblenden wird ihr Schicksal behandelt: ihre Enttäuschung, nicht auf der Zauberschule Brakebills aufgenommen worden zu sein und ihr folgenreicher Entschluss, sich die Magie auf unorthodoxe Weise anzueignen. Gerade diese Passagen sind mitunter allzu lang geraten, aber dem Charme des Romans kann dies letztlich nichts anhaben: Grossmans einfache und dennoch bestrickende Prosa und sein Talent,
Phantastisches zu hinterfragen ohne es zu entzaubern, tragen den Text sicher bis an sein Ende - ein Ende, das durchaus noch Fragen offen lässt und damit den Weg für den dritten Band bereitet. Und auf den kann man sich ohne Zweifel freuen!

Lev Grossman: Fillory - Der König der Zauberer
Aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer
Erschienen im Verlag FJB, Frankfurt am Main 2013
574 Seiten, 17,99 Euro

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