Feuerwehr in Brandenburg

Waldbrandgefahr trifft auf Personalmangel

06:06 Minuten
Das Zeichen eines Telefonhörers und die Nummern 112 stehen in knallgelf auf einem roten Untergrund.
"Feuerwehr wird oft missbraucht für Sachen, die eigentlich die Gemeinde machen müsste", das hält der stellvertretende Kreisjugendwart, Martin Münch, für wenig motivierend. © Deutschlandradio / Amelie Ernst
Von Amelie Ernst · 02.07.2019
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Die Waldbrandgefahr wächst, aber in Brandenburg kämpft die Feuerwehr mit Personalmangel. Dabei gibt es viele Kinder und Jugendliche als Mitglieder. Doch die ziehen zur Ausbildung oder zum Studium weg. Hoffnung setzen einige nun auf die Zugezogenen.
Jetzt erstmal ausruhen… Heute stand im Kreisjugendlager der Feuerwehr Teltow-Fläming die Rallye auf dem Programm: Tom und Yannik haben alle Stationen absolviert und warten nun, angelehnt an die rote Hüpfburg, auf das Ergebnis. Aber warum verbringen die beiden 13- und 16-Jährigen ihrer Freizeit eigentlich bei der Jugendfeuerwehr?
"Weil’s Spaß macht, weil wir später auch mal Leute retten wollen. Und am coolsten ist halt auch das Teamwork. Immer am Freitag alle 14 Tage haben wir so einen Dienst, da treffen wir uns dann um drei viertel fünf bei uns an der Feuerwache. Und dann nehmen wir da den Übungsdienst durch - bis um sieben."
"Ist so eine ArtVorbereitung auf die Erwachsenen-Feuerwehr."
Banner der Kreisjugendfeuerwehr Teltow-Fläming, im Hintergrund das Feuerwehrgebäude.
Die Kreisjugendfeuerwehr Teltow-Fläming kann sich eigentlich nicht über zu wenig Nachwuchs beklagen.© Deutschlandradio / Amelie Ernst
An sich kann sich Kreisjugendwartin Meike Roschner nicht über zu wenig Feuerwehrnachwuchs beklagen: Rund 1000 jugendliche Mitglieder hat ihr Kreisverband. Doch mit 16 oder 17, also kurz vorm Aktivendienst, ruft dann die Ausbildung oder etwas später das Studium.
"Das klappt nicht immer ganz gut, weil die Jugendlichen aufgrund der Ausbildungssituation dann ihre Heimat verlassen müssen und dann natürlich auch nicht mehr in die Einsatzabteilung kommen, weil sie ja dann woanders wohnen."

Hochmotivierte Kinder - die später wegziehen

Jedes Jahr sind um die 200 Kinder im Jugendlager, wie hier in Sperenberg, mit dabei – die meisten davon hochmotiviert: Spiele, Löschübungen, Einsatzfahrten Umso ärgerlicher, dass das Engagement der Ehrenamtlichen letztlich immer öfter ins Leere läuft, findet auch Martin Münch, der stellvertretende Kreisjugendwart.
"Klar, wenn sie wegziehen müssen wegen Ausbildung, das können wir nicht verhindern. Wir als Feuerwehr können keine Ausbildungsplätze schaffen. Aber wenn sie hierbleiben, dass man sie soweit motivieren kann, dass sie halt ‘ne vernünftige Ausrüstung kriegen, dass sie auch mal ‘ne Aufwandsentschädigung kriegen, dass sie halt nach zehn Jahren ‘ne Anerkennung kriegen etc… Auch die Ausstattung mit Fahrzeugen – damit kriegt man die noch am besten motiviert."
Wenig motivierend sei es allerdings, wenn er und seine Kameraden dann gerufen würden, wenn eigentlich andere zuständig seien, sagt Münch. Für manch einen seien die freiwilligen Helfer auch schlicht billige Helfer.
"Feuerwehr wird oft missbraucht für Sachen, die eigentlich die Gemeinde machen müsste: Dann kommt halt nicht der Bauhof und streut ‘ne Straße, dann soll’s auf einmal die Feuerwehr machen. Fragt man sich: Muss das sein, oder ist das nicht besser, wenn noch einer angestellt wird, der das im Bereitschaftsdienst machen könnte – und solche Sachen."

Neue Retterprämie von 200 Euro im Jahr

Unterstützung verspricht den Feuerwehren auch die CDU-Opposition im Potsdamer Landtag: Ihr Fraktionschef Ingo Senftleben wirft der rot-roten Landesregierung zu wenig Engagement und leere Versprechungen vor.
"Wir müssen da mehr machen, Land und Kommunen zusammen. Und deswegen: Nicht darüber reden, was die einen machen müssen oder die anderen. Es geht doch bei ihnen um Zusammenhalt, um Gemeinsinn. Dann machen sie es doch auch mal! Wir dürfen das Ehrenamt in Brandenburg nicht weiter überlasten – das müssen wir auch zum Schutz der Kameraden in Brandenburg klar und deutlich ausdrücken."
SPD und Linke weisen die Kritik zurück: Mit mehreren Sonderprogrammen habe man neue Ausrüstungen beschafft und in Gerätehäuser und Technik investiert, betont SPD-Innenpolitikerin Inka Gossmann-Reetz.
"Unsere Feuerwehren sind sehr gut ausgebildet und ausgerüstet. Und von 2014 bis 2018 haben wir Fördermittel für Einsatzfahrzeuge der Stützpunktfeuerwehren in Höhe von rund 26 Millionen Euro und Fördermittel für Einsatzfahrzeuge für den Katastrophenschutz in Höhe von rund 14 Millionen Euro investiert!"
Drei Feuerwehr LKW fahren eine Straße entlang.
Die Feuerwehr rückt aus - auch zu Einsätzen, die nicht unbedingt in ihr Aufgabengebiet fallen.© Deutschlandradio / Amelie Ernst
Doch speziell im Berlin-fernen Brandenburger Süden sei noch nicht allzu viel davon angekommen, sagt Teltow-Flämings Vize-Kreisjugendwart Martin Münch. Auch in seiner Heimatgemeinde Oehna sei noch längst nicht alles auf dem neuesten Stand. Dafür sei die neue Retterprämie von 200 Euro im Jahr ein Schritt in die richtige Richtung.
"Dass ‘ne Prämie kam vom Land, ist auch erstmal schön und gut. Jetzt meine persönliche Meinung ist halt: Das sind ja 40 Stunden insgesamt, die man Dienst schieben soll, dann kriegt man die Prämie. Aber was mache ich mit den Kameraden, die aus Arbeitsgründen nur 20 Stunden kommen? Die kriegen halt nüscht. Und der, der 200 Stunden kommt, der kriegt genau so viel wie der, der gerade seine 40 vollkriegt… Also das kann auch innerhalb einer Wehr wieder zu Verwerfungen führen, dass ich wieder sage: Dann kriegen doch alle dasselbe, obwohl andere dann doch wieder mehr machen."

Werbung für die Feuerwehr unter den Zugezogenen

Trotz der Prämie bleibe der Feuerwehrdienst nun mal ein Ehrenamt – und dafür ließen sich viele Kameraden eben nur begeistern, wenn Arbeitgeber und Ausrüstung den Einsatz auch gut möglich machten. Doch die Ehrenamtler fehlten nicht nur in der Aktiven-Abteilung, sagt Jugendwartin Meike Roschner.
"In der Jugendfeuerwehr brauchen wir vor allem auch Leute, die sich dann um die Jugendlichen kümmern. Die Betreuer, die machen das auch alle ehrenamtlich. Und das ist erstmal der große Knackpunkt, dass wir eigentlich immer mehr Kinder aufnehmen könnten, weil einige Gemeinden bei uns haben definitiv kein Nachwuchsproblem, sondern müssen sogar ein Aufnahmestopp ansagen - weil sie einfach keine Leute haben, die sich dann um die Kinder kümmern könnten."
Also am Ende ein Plädoyer für mehr Berufsfeuerwehren? Das halten die meisten Brandenburger Städte und Gemeinden für unrealistisch – weil dafür schlicht das Geld fehlt. Stattdessen wollen viele Bürgermeister und Feuerwehren künftig noch mehr unter Erwachsenen und speziell Zugezogenen für den Feuerwehrdienst werben.
"Die Familienväter mit 35, ob ich nicht nochmal versuche, die in die Feuerwehren zu bekommen. Denn ich denke, alle, die wir jetzt ausbilden, die sind dann mal für fünf bis zehn Jahre weg: Studium, Ausbildung. Wenn die aber tatsächlich zurückziehen, treten die auch ganz normal wieder in den Aktiven-Dienst ein."
Jungs wie Tom und Yannick geben den Jugendwarten jedenfalls Hoffnung: Sie wollen später in der Gegend bleiben, hier auch ihre Ausbildung machen – und wenn nötig natürlich auch…
"Na, Feuer löschen, wa!"
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